68. Etappe: 19. Juni 2013

Husum – Riddorf/Breklum  16 km

Um 9 Uhr verlasse ich die Jugendherberge und nach wenigen Metern sehe ich eine Temperaturanzeige mit 21 Grad. Die Luft ist schwül und es dauert nicht lange und ich schwitze. Doch lieber Schwitzen als Kälte, davon habe ich reichlich gehabt.

Die Pause in Husum hat meinem Bein gut getan, momentan spüre ich keinen Schmerz. Doch zur Sicherheit habe ich die nächsten Etappen etwas kürzer ausgelegt.

Am Ortsausgang von Husum mache ich meine erste Pause und gratuliere Irmgard zum Geburtstag. Noch im Gespräch erzähle ich von dem guten und warmen Wetter. Doch schon kurz nach dem Telefonat vernehme ich aus der Ferne das erste Donnergrollen. Der Himmel verdunkelt sich Zusehens. Diesmal hole ich noch bei der Bank den Poncho und die Gamaschen aus dem Rucksack. Den Poncho ziehe ich zunächst nur halb an, d. h., der vordere Teil liegt zwischen Nacken und Rucksack. Damit kann ich im Bedarfsfall schnell in die Ärmel schlüpfen und die Öffnung über den Kopf ziehen. Auch die Gamaschen ziehe ich bereits an. Ein plötzlich auftretender Wind und Regen kann mir jetzt keine Schwierigkeiten mehr bereiten.

Ich laufe auf einem schmalen Wirtschaftsweg gesäumt von Bäumen und Büschen. Der Himmel verfärbt sich Zusehens und das Donnergrollen nimmt an Lautstärke zu. Eine Radfahrerin kommt mir heftig trampelnd entgegen und ruft mir zu: „Es kommt immer näher.“ Dann sehe ich auch schon die ersten Blitze und die ersten dicken Tropfen fallen. Ich schlupfe schnell in meinen Poncho.

Den Kirchturm von Hattstedt sehe ich schon, bevor ich die ersten Häuser des Ortes erkennen kann. Ab Hattstedt werde ich meinen verkehrsarmen Wirtschaftsweg verlassen und auf die Bundesstraße B5 wechseln. Aus den gelegentlichen Regentropfen ist ein ausgewachsener Regen geworden. Im Ort mache ich unter dem Dach einer stillgelegten Tankstelle eine Rast.

Nach der Rast hat es aufgehört zu regnen, nur das Grollen hat zugenommen. Nach ein paar Kilometer habe ich die Blitze um mich herum. Einige davon sind ziemlich heftig und das Grollen ertönt bereits nach 4 – 5 Sekunden. So langsam wird es mir mulmig. Zum Unterstellen habe ich nichts, also muss ich einfach weiter. Mal sehe ich die Blitze nur am Himmel, mal erreichen sie den Boden, mal dauert es lange, bis das Grollen hörbar ist und dann wieder ertönt es nach wenigen Sekunden. Der Regen ist inzwischen ziemlich heftig, doch mit Poncho und Gamaschen stört er mich nicht wirklich. Nur das Gewitter ist besorgniserregend.

Ich erreiche einen Rastplatz und biege bei ihm ein. Bei der ersten Bank-Tischgruppe steht frisch gestrichen und ich gehe zur nächsten. Daneben parkt ein Transporter. Im Regen draußen eine Pause zu machen, muss vermutlich merkwürdig aussehen. Der Fahrer öffnet das Seitenfenster und wir kommen ins Gespräch.

Er arbeitet für ein Umweltlabor und ist jetzt unterwegs, um Bodenproben von den an der Fahrbahn angrenzenden Grünstreifen zu nehmen. Dies in vorgeschriebenen Abständen. Die Randstreifen sollen später abgefräst werden, um das Abfließen des Regenwassers zu garantieren. Das anfallende Material muss den Analysen entsprechend entsorgt werden. Mir wäre nie in den Sinn gekommen, dass so viel Aufwand mit Erdreich gemacht wird und dieses Material mit z. T. erheblichen Schadstoffen belastet sein könnte. Meistens nimmt er jedoch in Arbeitsstätten oder technischen Anlagen Belastungsproben.

Er selbst unternimmt ab und zu längere Motorradtouren, zu Fuß war er noch nicht länger unterwegs. Er findet es aber sehr interessant. Während unseres Gesprächs hat es aufgehört zu regnen. Der Himmel ist aber weiterhin noch dunkel.

Bevor ich weiter laufe, ziehe ich wieder das vordere Teil des Ponchos aus. Eine schwülwarme Luft umgibt mich und gelegentlich spüre ich einen leichten kühlen Windzug. Einige Blitze sehe ich noch am Himmel, das Grollen vernehme ich jedoch nicht mehr.

Ab Ortseingang von Struckum sehe ich wieder viele Reetdachhäuser. Im Gegensatz zu den Reetdachhäusern in der Wesermarsch sind hier dicke Aufsätze auf dem First und bei einem Dach wächst dort auch Gras. Bei vielen Häusern sehe ich eine mehr oder weniger dicke Moosschicht. Bei einem Haus ist es keine durchgehende Moosschicht, sondern viele kleine kugelförmige Moosstücke. Irgendwie sehen sie für mich wie kleine grüne Pilze aus.

Im Zentrum von Struckum mache ich in einer Bäckerei eine Kaffeepause und sehe einen Mercedes mit Bad Homburger Kennzeichen einbiegen. Als ich die Bäckerei verlasse, kommt der Fahrer gerade mit einem Fischbrötchen vom Imbissstand zurück. Ich rufe ihm zu: „Viele Grüße an Rhein-Main.“ Es stellt sich jedoch heraus, dass er von hier stammt und für Fresenius Medical Care in Bad Homburg arbeitet. Das Fahrzeug ist ein Firmenwagen. Er berichtet mir, dass er mit dem Zug von Westerland kommt und ein Blitz unterwegs die Anlage eines Bahnübergangs lahmgelegt hatte. Zwei reetgedeckte Häuser standen durch Blitzeinschlag in Flammen und bei einer Wohnung soll es auch eingeschlagen haben.

Nach dieser kurzen Trockenphase in Struckum bin ich wieder im Regen unterwegs. Glücklicherweise ist es nicht mehr weit bis zur Pension in Riddorf.

In der Pension erfahre ich vom Vermieter, dass es hier für einige Zeit durch Blitzeinschlag einen Stromausfall gab. Von ihm erfahre ich auch, dass es sich bei dem Aufsatz auf dem First der Reethäuser um Heidekraut mit Wurzelwerk handelt. Dieses wird heute mit einem Drahtgeflecht auf dem Dach befestigt. Das Moos sollte natürlich nicht sein und ist für das Schilf schädlich. 

Ein Gedanke zu „68. Etappe: 19. Juni 2013

  1. Hallo Werner! Viele frische Grüße vom sicheren und weitestgehend untersuchten Festland! Du GlücksWanderPilz hast das perfekte Wetter für einen HalligAufenthalt erwischt! Da freu ich mich doch gleich mit! Ehrlich! Kernig! Mein Untersuchungsauftrag an den nordfriesischen Straßen ist so gut wie erledigt und ich darf mich ab nächsten Mittwoch verstärkt um die Kieler Woche kümmern! Rein privat, versteht sich! Aber Proben werde ich ganz sicher auch da (zu mir) nehmen! ;-)) Ich wünsche noch weitere sehr schöne und amüsante Begegnungen auf ebensolchen Kilometern nicht nur im schönsten Bundesland der Welt! Du weißt ja jetzt auch, wovon ich rede! ;-)) Viele Grüße mit aufm Weg! Von Klaus

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