Kiel – Preetz 18,8 km
Ich habe mich entschlossen, heute mit dem Bus vom Hotel zum Seefischmarkt zu fahren. Dort steige ich wieder in den Fernwanderweg E1 ein. Über die Auskunft der Kieler Verkehrsbetriebe hole ich mir die möglichen Busverbindungen und Haltestellen. Vom Hotel habe ich es nicht weit bis zur Bushaltestelle. Ich habe Glück und wenige Minuten später stehe ich bereits im Bus zum Hauptbahnhof. Der Fahrer teilt mir ungefragt sofort die Anschlussbusliniennummer und die Haltestellennummer mit. Von so viel Service bin ich überrascht und bedanke mich dafür. Sogar beim Aussteigen weist er mit der Hand zur Haltestelle für meine nächste Buslinie. Auch hier klappt der Anschuss wenige Minuten später. Leider ist in diesem Bus nicht die Anzeige aktiv und die Ansage verlangt höchste Konzentration von mir. Doch genau passend frage ich einen Mitfahrer und die nächste Haltestelle ist es dann auch.
Von der Haltestelle aus ist es zunächst sehr einfach mit Naviunterstützung in Richtung E1 zu laufen. Doch meine Abzweigung zu dem aufgeführten Weg finde ich nicht. Dann nach 50 Metern entdecke ich unterhalb der Straße den kleinen Weg und über die Böschung unterhalb einer überquerenden Brücke wechsel ich dorthin.
Der Weg führt mich zu einem gemächlich dahinfließenden Fluss. Nach ein paar Schritten umgibt mich die Natur, von einer Stadt nichts mehr zu sehen. Nur entfernt vernehme ich noch Fahrzeuggeräusche, hier überwiegt jetzt das Vogelgezwitscher. Am Ufer stehen Bäume und Büsche und auf der gegenüberliegenden Seite erkenne ich eine Anlegestelle und Liegeplatz für kleine Motorboote. Es geht zunächst immer unmittelbar am Ufer entlang. Dann führt mich mein Weg weg vom Fluss und mit einem großen Schlenker unter einer Eisenbahnbrücke hindurch. Nicht weit von dieser Brücke entfernt, erreiche ich wieder den Fluss und eine Fußgängerbrücke zur anderen Seite. Mitten auf der Brücke kann ich kein Ufer beiderseits des Flusses erkennen. Bäume, Büsche und Schilfgras versperren die Sicht. Auf der anderen Seite breitet sich ein Teppich von Seerosen aus mit einigen weißen Blüten. Mittendrin auf einem schwimmenden Ast ruhen einige Enten und lassen sich durch mich nicht dabei stören.
Kurz nach der Brücke begegne ich einen älteren Herrn und ihn frage ich nach dem Namen dieses Flusses. Bereitwillig antwortet er mir. Bei dem Fluss handelt es sich um die Schwentine, einer der längsten Flüsse von Schleswig-Holstein. Der Name „Schwentine“ kommt aus dem slawischen Sventana. Diesen Erläuterungen folgt eine längere Unterhaltung.
Er stammt nicht von hier. Als er damals zum Militär eingezogen wurde, kam er zunächst zur Marine in Wilhelmshaven. Später wurde er als Ausbilder nach Kiel versetzt und ist hier hängen geblieben. Er fühlt sich hier wohl und genießt den ländlichen Charakter des Bundeslandes.
Er selbst fuhr sehr gerne mit dem Kanu auf verschiedenen Flüssen im Bundesland. Mit einem VW-Bus bereisten er, seine Frau und seine beiden Söhne oft Skandinavien und bevorzug dabei Norwegen. Dort waren sie dann mit dem Kanu unterwegs. Als er den Namen meines Rucksackhersteller liest, erzählte er mir, dass er vom gleichen Hersteller einen Außengestellrucksack hatte und für die anderen der Packesel war. Jetzt spaziert er aber nur noch. Doch die Distanzen von bis zu dreißig Kilometern können sich für sein Alter sehen lassen.
Nach einiger Zeit des interessanten Gesprächs muss ich mich verabschieden. Nur wenige Augenblicke später laufe ich bei einer Anlegestelle an einer Jugendgruppe vorbei. Sie machen gerade Pause und sind beim Kochen. Mehrere Kanus liegen am Ufer.
Dann entferne ich mich von der Schwentine, laufe entlang an Getreidefeldern und erreiche eine Straße. Hier geht es für kurze Zeit auf dem Radweg weiter. Aber nach nur wenigen Minuten biege ich wieder auf einen Feldweg ab. Es geht aufwärts und schnell fasziniert mich die wellenförmige Form des Getreidefeldes mit seinen Spurrillen vor mir. Am Ende des Getreidefeldes ziehen sich dunkle Wolken über mir zusammen. Sollte es schon wieder Regen geben? An einer Bank ziehe ich vorsichtshalber den Poncho halb an, das vordere Teil liegt auf dem Rucksack. Unterwegs geht nur ein feiner Sprühregen nieder. Viel zu wenig, um unter dem Poncho zu schwitzen und bei der nächsten Pause verschwindet er wieder im Rucksack.
Nach einiger Zeit bin ich wieder an der Schwentine. Der Fluss wird immer naturbelassener. Umgestürzte Bäume liegen mit der Krone im Wasser, Treibholz hat sich am Ufer in den ins Wasser ragenden Ästen oder Büschen verhakt. Baumstümpfe und Äste schauen aus dem Wasser.
Unterwegs treffe ich eine junge Frau mit ihrem Hund. Wir haben den gleichen Weg und so unterhalten wir uns über Hunde und auch über ihre Wanderung mit einer Freundin auf dem Malerweg. Ich erzähle von der hier öfters schlechten Markierung des E1. Sie berichtet von der ebenfalls schlechten Markierung auf dem Malerweg. Bei einem Kraftwerk wechseln wir zur anderen Seite des Flusses. Dieser mündet wenig später in den Rosensee. Gemeinsam laufen wir am Rosensee entlang, und bevor sie umkehrt, erklärt sie mir noch den Weg wieder zur anderen Seite und zurück zum Fernwanderweg E1.
Über eine geschichtsträchtige Brücke, die „weiße Brücke“ wechsel ich später wieder zur anderen Seite. Der Bau der ersten Brücke über die Schwentine wurde auf Anweisung von König Christian VII an den Reichsgrafen Christian Emil zu Ranzau im Jahre 1773 erteilt. Dann um 1909 wurde die jetzige Brücke neu erstellt.
Der weitere Weg führt mich durch Waldgebiete, vorbei an landwirtschaftlichen Nutzflächen und schließlich wieder auf eine Straße. Häufig säumen meinen Weg gewaltige Eichen und Buchen. Im Ort Preetz angekommen, führt mich mein Weg durch die Anlagen eines Klosters. Das Adelige Kloster Preetz ist ein adliges Damenstift der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft. Im Gelände sehe ich das Schild einer Immobiliengesellschaft. Man kann hier wohl wohnen. Ob hier noch Nonnen leben, ist nicht erkennbar.
Nach dem Kloster erreiche ich nach wenigen Metern auf der B76 den Ortskern und auch in der Nähe des Marktplatzes meine heutige Unterkunft.
Hallo Werner,
wie ich sehe, bist Du in der Holsteinischen Schweiz auch durch Preetz/Schellhorn gekommen. Da habe ich in den neunziger Jahren auch einige Tage übernachtet. Dann Malente, Plön: Da macht das wandern Spaß! Das mussten wir auch mit unserer Schulklasse (ich glaube, es war 1975). Allerdings war wandern in diesem Alter eher eine Strafe! Unsere Jugendherberge lag damals in Niendorf/Ostsee.
Weiter eine angenehme und sonnige Wanderung!