Kühlungsborn – Warnemünde – Rostock 32,7 km
Die Möwen mit ihrem Geschrei wecken mich bereits um 4:30 Uhr. Zur Verstärkung unterstützen die Krähen das Konzert. Da ich alles zum Frühstücken im Zelt habe, frühstücke ich bereits gegen 5 Uhr. Danach auf dem Weg zum Sanitärgebäude begegnen mir nur ein paar verschlafene Gestalten. Bei meiner Rückkehr ist der ältere Mann vom Einmann-Zelt vor mir auch auf und fängt das Gespräch mit mir an. Einige Zeit geht das gut, bis dann aus einem anderen Zelt der Ruf nach Ruhe erschallt. Für mich gut, denn so verquatsche ich mich nicht und kann mit dem Packen und Zeltabbau weitermachen.
Kurz nach 8 Uhr bin ich bei der Rezeption zum Zahlen und meinen Personalausweis abzuholen. Dann geht es los. Doch schon nach ein paar Hundert Metern fehlt mir etwas! Meine Stöcke habe ich in der Rezeption stehen lassen. Also schnell zurück, bevor die Stöcke Beine kriegen.
Schnell erreiche ich die Strandpromenade. Gleich am Anfang ein großes Fachwerkgebäude. Es wird gerade renoviert. Dann folgen weitere Prachtbauten, bevor ich Kühlungsborn verlasse. Vor mir eine Walkerin mit strammem Schritt. Sie einzuholen erwacht plötzlich in mir. Leider so leicht ist das nicht. Ich muss mich heftig ins Zeug legen und der Schweiß bei diesem warmen Morgen fließt bei mir in Strömen. Ich komme ihr immer näher, doch dann merke ich, wie sie schneller wird. Jetzt wird es spannend, kann ich sie noch einholen? Bis auf etwa 2 Meter bin ich schließlich dran, doch näherkomme ich nicht. Jetzt hilft nur noch Ablenkung und ich spreche sie an. Es funktioniert und so laufen wir schließlich nebeneinander. Für die spaziergehenden Badegäste sicher ein ungewöhnliches Paar, Frau in Sportkleidung und daneben Wanderer im sportlichen Tempo.
Meiner GPS-Auswertung ergab später für diese sportliche Einlage eine Geschwindigkeit von 7 km/h!
Während unseres gemeinsamen Laufens erzählt mir die junge Frau, dass sie morgens die Zeit nutzt, während ihre Familie noch schläft. Sie ist mit ihrer Familie hier in Urlaub und kommt aus Büdingen, in der Nähe von Frankfurt am Main. Nach etwa zwei Kilometern trennen sich unsere Wege. Ich bin total durchgeschwitzt und lege nun eine kleine Verschnaufpause ein. Trotzdem hat diese Anstrengung gut getan.
Einige Kilometer weiter, mein Weg führt oberhalb des Strandes entlang, mache ich bei einer Bank eine erste Pause. Aus dem Sanitärgebäude für Badegäste kommt ein junger Mann mit Zahnbürste und Zahnpasta und geht an mir vorbei in Richtung Strand. Wir begrüßen uns kurz und dann ist er auch schon vorbei. Doch dann kommt er zurück und spricht mich an. Wieder das Wohin und das Woher. Er ist ziemlich beeindruckt von meinem Projekt. Dann erzählt er von sich.
Er ist 21 Jahre alt und stammt aus einem kleinen Dorf. Jetzt lebt er in einer Wohngemeinschaft in Leipzig. Nach dem Abi hat er sich ein Jahr Auszeit genommen. Er ist der Erste, der von dem Dorf fortgegangen ist, und stieß dafür auf einiges Unverständnis. Seine Mutter hat sich inzwischen damit abgefunden, seinen Vater hat er schon lange nicht mehr gesehen.
Er arbeitet bei einer Firma auf 400 EURO-Basis. Der Job ist sehr flexibel, er muss nicht immer da sein. Sein Zimmer kostet 200 € und bald zieht noch jemand in sein Zimmer, dann teilen sie sich die Zimmermiete. Nur wenn das Geld knapp wird, arbeitet er. Sein Freund stammt aus Argentinien und ist Jongleur und er begleitet ihn mit Musik. Er will sich für das nächste Jahr um einen Studienplatz bemühen. Sein Interesse gilt dem Studienfach „Kreatives Schreiben“.
Die Reise nach Kühlungsborn war spontan. Eigentlich wollten sie nur an die Ostsee, dass sie jetzt hier sind, ergab sich durch Zufall. Eine Frau hat sie mitgenommen. Sie war auf dem Weg zu ihrer Mutter nach Kühlungsborn. Beide schlafen am Strand. Das Sanitärgebäude ist ideal für sie. Jetzt macht er sich Gedanken, wie sie wieder zurück nach Leipzig kommen. Sie müssen zu einer Autobahnauffahrt in der Nähe, um wieder nach Leipzig zu kommen. Irgendwie klappt das, er ist optimistisch.
Weiter geht es auf dem E9, inzwischen sehe ich auch das Markierungszeichen „Weißes Quadrat mit blauem waagerechten Balken“. Der Weg führt hinter dem Strand entlang. Immer wieder habe ich Blick auf das Meer. Inzwischen bewege ich mich auf einer Steilküste und dann taucht vor mir ein Buchenwald auf. Wieder genieße ich den Weg, das Rauschen der Ostsee im Ohr, der lichtdurchflutete Buchenwald vor mir und um mich herum und dann der herrlich Waldboden.
Kurz vor Heiligendamm steige ich ein Pfad runter zu Strand und laufe durch den Sand in Richtung Heiligendamm. Viele große rundgeschliffene Steine markieren hier den Weg. Dann habe ich den Blick auf das Seebad Heiligendamm, ich bin gespannt auf das Hotel. Am Ort angekommen steige ich wieder hoch zur Strandpromenade. Und sofort habe ich den pompösen weißen Hotelkomplex des 5-Sterne-Grandhotels vor mir.
Heiligendamm gehört zu Bad Doberan und liegt in der Mecklenburger Bucht. Es ist das älteste Seebad Deutschlands und Kontinentaleuropas. Die Gründung erfolgte bereits 1793 und der Ort wird wegen seiner weißen Häuserfront am Strand auch die „Weiße Stadt am Meer“ genannt. Im Juni 2007 fand hier der G8-Gipfel statt. Seither erlangte Heiligendamm internationale Bekanntheit. Auch ich hörte und sah erstmals etwas von diesem Seebad.
Nach dem Hotelkomplex noch ein renoviertes Gebäude mit Eigentumswohnungen. Doch danach hört die weiße Pracht auf. Jetzt stehen hier heruntergekommene Prachtbauten, die schon schönere Zeiten erlebt haben.
Am Ende des Ortes ein kleines Gebäude des DRLG und am Geländer gelehnt eine junge Frau mit Sonnenbrille. Sie ist eingehüllt in einer dicken roten Jacke und hat die Kapuze auf. Wieder ein wundervoller Farbklecks. Ich frage sie, ob ich ein Foto machen darf. Zunächst kommt ein „Nein“ und nach einem nochmaligen Bitten darf ich dann doch.
Jetzt habe ich auf meinem Weg oberhalb des Strandes freien Blick zum Meer. Es ist wie im Bilderbuch: Sonne, blauer Himmel, türkisblaues Meer, fast weißer Sand und ein bisschen Schilfgras. Wieder Zeit zum Genießen und nach einiger Zeit mache ich meine heutige erste Strandpause. Zeltunterlage ausgebreitet, Schuhe und Strümpfe aus und hingelegt. Das immerwährende Rauschen lässt mich einschlafen. Nach etwa 20 Minuten werde ich wieder wach und habe eigentlich keine Lust weiterzulaufen. Es ist viel zu schön hier, ich fange, an dieses Ostsee zu lieben.
Schon von Weitem sehe ich einen alten Wachturm, vermutlich aus DDR-Zeiten. Jetzt umgeben mich hauptsächlich Sanddornsträucher. Und dann vor mir der Gespensterwald von Nienhagen. Eine gespannte Freude stellt sich bei mir ein. Schon bei meinen Vorbereitungen bin ich auf herrliche Fotos von diesem Wald und der Steilküste gestoßen. Dann betrete ich den Wald und vor mir die vielen dünnen lichtdurchfluteten Buchen. Es macht Spaß in diesem Wald unterwegs zu sein. Ein Abstieg zum Strand nutze ich und nun habe ich die Steilküste mit dem Gespensterwald vor mir. Zunächst sind nur wenige Badegäste hier und je näher ich dem Ort Nienhagen komme, um so mehr begegnen mir. Dann überall Strandkörbe und ich steige wieder hoch zu Strandpromenade. Im Ortskern lade ich auf einer schattig gelegenen Bank meine nächste Route auf das GPS-Gerät. Ich hatte es vergessen und hier endete die bisherige Route. Danach esse ich zum ersten Mal Sanddorneis. Die Eisverkäuferin erzählt mir stolz, das sie den Sanddorn im Herbst hier in der Gegend von den vielen Büschen und Bäumen erntet. Das Eis stellt sie aus Sanddornmark her. Es schmeckt mir so gut, dass ich mich nochmals anstelle und Nachschlag hole. Kostenlos erhalte ich noch ein Bällchen mit Waldfruchteis dazu.
Auf dem weiteren Weg sehe ich teilweise die Ostsee nicht mehr, es geht an dichtem Buschwerk und Bäumen vorbei. Und auf der anderen Seite häufig jetzt an Maisfeldern. Kurz vor Warnemünde laufe ich dann auf einem asphaltierten Weg. Im Ort geht es dann zunächst an der Uferpromenade weiter. Rechts reihen sich Hotels und Pensionen aneinander. Ich verlasse die Promenade und laufen quer durch den Ort zum Hafen und zum Bahnhof. Schon wenige Minuten nach meiner Ankunft sitze ich in der S-Bahn nach Rostock.
Nach Ankunft im Hauptbahnhof von Rostock muss ich noch etwa 2 Kilometer bis zum Hotel laufen. Diese Hotel liegt in der Altstadt. Mein Zimmer erreiche ich über einen Hof mit Restaurants, Geschäften und Eisstand.
Fast jeden Tag lese ich in Japan gern IhrTagebuch,wie Frau Kimura mitgeteilt hat.
Ihr Deutsch ist wunderschön,einfach und dichterisch.
Damit kann ich vor meinen Augen sehen,wo ich nie besucht habe. Nur eine Ausname.”Seebüll”
Vor etwa 40Jaren besuchte ich das Nolde Museum.
Es war herrlich. Die Landschaft und die Gemälde vergesse ich nie und konnte durch Ihr Tagebuch sie wiedersehen.
Vom Herzen danke ich Ihnen dafür!
Und noch weitere gute Reise!
Hei Werner, es ist Sonntag, heiß…bei dir auch?
Bild im Zelt ist klasse, wäre noch Platz .. oder…
hast du von den gr.Steinen eines eingepackt?
Die wunderschönen Waldbilder machen Lust auf auch erleben.
Alles sehr trocken, hoffentlich nur die Natur, nicht bei dir !
Habe die Grüße ausgerichtet, unser Zeckenkönig liest auch gut mit. Immer Freitags berichtet er uns. Gut lauf…bis bald Christl