106. Etappe: 05. August 2013

Krackow – Mescherin  19,3 km

Nach einem ausgiebigen Frühstück bei meiner Zimmerwirtin starte ich bei bewölktem Himmel, aber noch bei angenehmer Temperatur. Ich habe mich heute entschlossen, den kürzeren Weg, entlang der Bundesstraße B113 zu laufen. Gestern führte mich das letzte Wegstück an der B113 auf einem Radweg zum Zielort entlang. Doch heute Morgen am Ortsausgang endet der Radweg und ich bin wieder am Straßenrand unterwegs. Wie schon gestern begegnen mir auch heute nur wenige Fahrzeuge.

Ich bin mal wieder auf einer lang gezogenen geraden Straße unterwegs. Diese verläuft jedoch wellenförmig. Immer wenn ich nach dem Anstieg den Horizont erreiche, kommt nach einer Senke die nächste Gerade. Nur diesmal bin ich durch die reizvolle und wellige Landschaft beiderseits des Weges abgelenkt. Nun herrschen ein heller Braunton und einige Gelbtöne hauptsächlich vor. Riesige Getreidefelder, teilweise abgeerntet, reichen bis zum Horizont. Unterbrochen werden die Flächen vom Grün der Bäume und Büsche, jedoch inzwischen dunkler und matter. In der Ferne sind riesige Mähdrescher im Einsatz und ziehen eine deutlich sichtbare Staubwolke mit sich hinterher.

Dann das erste Hinweisschild auf die zu kreuzende Autobahn. Je näher ich komme, um so mehr Verkehr kommt auf. Meistens sind es Lkws, aus Richtung Berlin kommend. Alle Lkws weichen mir mit deutlichem Abstand aus. Oft fahren sie auf der Gegenspur an mir vorbei. Unmittelbar nach der kreuzenden Autobahn erreiche ich Storkow. Hier lässt der Verkehr wieder nach und ich mache die erste Pause. Eine schon mal vorhandene Blase muss verarztet werden.

Nachdem ich fast den Ortsausgang erreicht habe, plötzlich ein Rufen. Zunächst sehe ich niemanden, dann tritt ein älter Mann zwischen Bäumen hervor. Er freut sich sehr, einen Wanderer zu sehen und wir unterhalten uns am gerade angekommenen Bäckerwagen eine Weile.

In seiner Jugend war er Zimmermann und auch auf der Walz. Inzwischen ist er 76 Jahre alt und lässt es jetzt etwas ruhiger angehen. Er ist aber stolz, weder Bluthochdruck noch Blutzucker zu haben. Auch für ihn ist Bewegung wichtig.

Nach Storkow hat mich die lange gerade B113 wieder und wieder ohne viel Verkehr. Ab Damitzow gibt es wieder einen Radweg und auf diesem Stück verläuft auch wieder der Oder-Neiße-Radweg. Am Ortseingang von Tantow sehe ich auf einer Wiese zwei Störche. Sie lassen sich durch mich nicht aus der Ruhe bringen und suchen weiter nach Nahrung. Ganz anders gestern die Kraniche, die, kaum haben sich mich gesehen, davon flogen.

Meine Blase schmerzt und so lege ich am Ortsrand im Schatten eines großen Baumes eine Verarztungspause ein. Kaum sitze ich im Gras und habe meine Schuhe und Strümpfe aus, fällt eine Invasion von Ameisen über mich her. In Hektik ziehe ich wieder Strümpfe und Schuhe an, schultere meinen Rucksack und flüchte vor den Plagegeistern. Doch einige haben sich unter meinem Hosenbein eingenistet und beißen kräftig zu. Ich eile auf die andere Straßenseite und suche einen geeigneten Platz. Bei einem Mehrfamilienhaus steht im abgezäunten Gelände eine Bank. Ein Mann kommt gerade aus dem Gelände und ich frage ihn, er lässt mich ins Gelände. Kaum sind Schuhe und Strümpfe aus und Hosenbein hoch, sehe ich zwei Ameisen am Bein krabbeln. Sie überleben ihre Attacke auf mein Bein nicht.

Nach der Zwangspause geht es bei drückender Hitze weiter an der wenig befahrenen B113 und schließlich erreiche ich die Kreuzung mit der B2. Nachdem ich die Bundesstraße B2 überquert habe, nimmt der Verkehr drastisch zu. In etwa 3 Kilometer gibt es bei Mescherin, meinem heutigen Ziel, einen Grenzübergang. Nun sehe ich fast nur noch Fahrzeuge mit polnischem Kennzeichen. Fahrzeugkolonne für Fahrzeugkolonne rollt in Schüben an mir vorbei. Häufig wird viel zu schnell gefahren und oft werde ich als Fußgänger nicht sonderlich beachtet. Die Abstände zu mir könnten größer sein. Meine Anspannung nimmt deutlich zu. Dann eine scharfe Kurve mit Leitplanken. Hier habe ich keine Ausweichmöglichkeit. Ich habe jedoch Glück, in dieser Kurve kommt mir nur ein vernünftiger Fahrer entgegen. Dann sehe ich das Ortseingangsschild, und als ich endlich rechts in die Untere Dorfstraße, meine Zielstraße einbiege, fällt der ganze Stress von mir ab. Nach weiteren 300 Metern erreiche ich erstmals die Oder. Nur noch wenige Meter und ich stehe vor meiner heutigen Unterkunft. Sie liegt direkt an der Oder.

Nach dem Duschen gehe ich auf die Terrasse des zugehörigen Restaurants und sitze nun mit Blick auf die ruhig dahin fließende Oder. Eine herrlich ruhige Atmosphäre wirkt auf mich ein und ich lasse den Abend entspannt ausklingen.  

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