216. Etappe: 02. Dezember 2013

Nittel – Trier  26,5 km

Bereits gestern Abend habe ich mich entschieden, morgen einen Pausentag in Trier einzulegen. Meine Ersatzwanderschuhe hat Noriko direkt zur Postfiliale nach Schweich, mein nächstes Etappenziel nach Trier, geschickt. Trier mit einer zusätzlichen Pause zu genießen ist interessanter als das kleine Moselstädtchen Schweich. Der Riss seitlich im Leder meines Schuhs wird beständig größer. Ich hoffe, dass ich in den Besitz meiner Ersatzschuhe komme, bevor vorne die Lederkappe hochsteht. Das würde mich an Filme mit Charlie Chaplin erinnern, nur wäre das nicht so lustig für mich.

Der Morgen an der Mosel ist noch etwas kühl und beginnt mit leichtem Nebelschleier. Am Himmel sehe ich jedoch schon einige kleine blaue Lücken in der sonst dichten Wolkendecke. Es verspricht, wieder schönes Wanderwetter zu werden.

Schon nach wenigen Kilometern biegt mein Weg ab von der Mosel und ich muss am Straßenrand auf einem separaten Radweg entlang laufen. Es geht vorbei an einer Baustelle mit einer neuen Auffahrt zur Moselbrücke und nach Luxemburg. Dann erreiche ich den „billigsten“ Ort Deutschlands :-), den Ort Oberbillig. Austesten, ob es denn tatsächlich oberbillig hier ist, kann ich nicht. Ich finde kein geöffnetes Café. Nach Oberbillig kann ich meinen Weg direkt an der Mosel fortsetzen.

Heute zeigt sich das Luxemburger Ufer nur selten von seiner schönen Seite. Immer wieder sehe ich Baustellen und Firmengelände. Dann nähere ich mich der Saarmündung vor Konz. Diese erlebe ich auf der überquerenden Brücke auch nur unspektakulär. Doch danach wird die Landschaft beiderseits der Mosel wieder schöner.

Als ich mich Trier nähere, begegnen mir die ersten Spaziergänger. In Trier und weiter am Ufer der Mosel entlang, bekomme ich zunächst nichts von der Stadt zu sehen. Nur der Verkehr oberhalb des Weges ist unüberhörbar. Als ich eine junge Kinderwagen schiebende Mutter frage, ob ich besser oben an der Straße laufen sollte, um nichts von der schönen Stadt zu versäumen, ernte ich nur Unwissen. Also nutze ich den nächsten Aufgang, um auf Straßenniveau zu gelangen. Doch noch bietet sich hier nichts Interessantes. Ich durchquere ein Stadtteil, der überall sein könnte. Dann jedoch erreiche ich die Neustraße und damit eine Fußgängerzone. Hier empfangen mich zum Teil schon beleuchteter, die Straße überspannender, Weihnachtsschmuck und viel Passanten. Vermutlich unterwegs beim Weihnachtseinkauf. Die Straße mündet direkt in den Hauptmarkt und damit in den historischen Stadtkern und ins Herz des Trierer Weihnachtsmarktes. Es ist ein bisschen dämmrig geworden und die vielen Buden erstrahlen bereits im Lichterglanz. Erstmals kommt auch bei mir etwas Weihnachtsstimmung auf. Der einsetzende Weihnachtsrummel allerdings stört mich ein bisschen. Zu viel Gewusel um mich herum. Doch die wunderschönen Gebäude, die diesen Weihnachtsmarkt umschließen, lassen mich das Treiben ertragen.

Ich durchquere den Hauptmarkt, laufe in der Nähe des Doms vorbei und stoße auf das bekannteste Wahrzeichen der Stadt Trier. Die Porta Nigra, ein ehemaliges römisches Stadttor. Direkt am Stadttor vorbei führt mein Weg weiter zu meiner heutigen Bleibe, ein nettes kleines Hotel. 

215. Etappe: 01. Dezember 2013

Perl – Nittel  25,6 km

Vom Hotel bin ich in wenigen Minuten auf dem Fuß- und Radweg an der Mosel. Auf Günters Empfehlung hin, bleibe ich auf deutscher Seite, denn hier kann ich ohne Autoverkehr unterwegs sein. Nebel liegt über der Landschaft und verwehrt mir den Blick zur Mosel. Es ist nichts los an diesem nebligen Morgen. Nur eine Gassigeherin in unmittelbarer Nähe zu Perl und wenig später ein Joggingpaar sind bereits unterwegs.

In Besch bei einem Rastplatz an der Mosel mache ich meine erste Pause. Schon während dieser Pause lichtet sich langsam der Nebelschleier. Und schon einige Kilometer weiter habe ich freien Blick auf die Mosel und ihrer näheren Umgebung. In Höhe von Remich beginnt dann ein Bilderbuchwetter mit blauem Himmel und Sonne. Nur die Wärme fehlt, dazu hat die Sonne nicht mehr genug Kraft.

Ich kann mich nur an der Landschaft auf Luxemburger Seite erfreuen. Von deutscher Seite sehe ich kaum etwas. Der Weg liegt oft unterhalb eines Hangs, vermutlich Weinberge. Bei einer Moselschleife entferne ich mich vom Fluss und durchlaufe eine herrlich hügelige Weinanbaulandschaft. Ein intensiver Farbenmix, dank Sonne, aus Grün, Braun und leuchtend Rotbraun empfängt und umgibt mich. Bei so einem Wanderwetter macht es wieder richtig Spaß unterwegs zu sein.

Zunächst erkenne ich die Situation nicht. Ein langsam fahrendes Auto kommt auf mich zu. Wenig später trottet ein Hund hinterher. Wieder einmal nähert sich mir ein „moderner Gassifahrer“ :-). Es scheint in Mode zu kommen. Leider stehe ich zu ungünstig um ein Foto zu machen, denn als das Fahrzeug an mir vorbei ist, biegt der Weg ab und der Hund ist vor das Fahrzeug gelaufen.

Die Zeit verstreicht und so langsam wird es dunkel. Bis zum Ziel habe ich noch einige Kilometer. Inzwischen bin ich alleine an der Mosel unterwegs. Plötzlich habe ich die in den Bäumen sich niedergelassenen Krähen aufgeschreckt. Hunderte Krähen erheben sich laut schreiend aus den Bäumen und kreisen über mir. Sofort fällt mir der Spielfilm von Alfred Hitchcock „Die Vögel“ ein. Nur bei mir greifen sie nicht an, sie überfliegen mich kreisend und in Wellen mit lautem Gequarre und Gekrächze.

Dann endlich sehe ich die Lichter von Nittel vor mir. Als ich den Weinort erreiche, ist es bereits dunkel. Die Unterführung der Bahngleise macht sich durch helles Neonlicht schon ein Stück vorher bemerkbar. Ein Paar, gerade vom Bahngleis die Treppe runter kommend, erschrecke ich. Mit meinem plötzlichen Auftreten haben sie nicht gerechnet. Unmittelbar nach der Unterführung sehe ich hell erleuchtet meine heutige Unterkunft. Dankbar betrete ich wieder einmal ein beheiztes Zimmer! Das gab es in der letzten Zeit nicht mehr. 

214. Etappe: 30. November 2013

Orscholz – Schengen/Luxemburg – Perl/Mosel  22,1 km

Schon gestern habe ich mich mit einem meiner Vorgänger, dem RundumDeutschlandwanderer Günter Schmitt für heute einen Termin ausgemacht. Er wird mir mit Emma, seiner Beaglehündin, etwas von seiner Heimat Saarland und auch Schengen in Luxemburg zeigen. Wir haben uns um 9 Uhr an der Cloef, oberhalb der Saarschleife verabredet.

Meine Zimmerwirtin hat extra etwas früher das Frühstück hergerichtet. Mein Rucksack ist bereits gepackt und ich starte unmittelbar nach dem Frühstück. Mein Zimmerwirt beschreibt mir ausführlich den Weg zur Cloef. Doch im Ort werde ich unsicher und frage nach. Hier kennt jeder die Cloef und so erreiche ich schon 20 Minuten vor der Zeit diesen Aussichtspunkt.

Der Blick auf die Saarschleife ist atemberaubend schön. Über der Saarschleife liegt noch stellenweise Nebel und Reste des Sonnenaufgangs kann ich noch miterleben. Dieser Blick auf die Saarschleife ist der bisherige Höhepunkt meiner Wanderschaft. Immer und immer wieder fotografiere ich.

Zwei junge Frauen kommen ebenfalls zum Aussichtspunkt und sind wie ich begeistert. Sie wohnen nicht weit von hier und doch waren sie seit ihrer Jugend nicht mehr an diesem Platz. Wir kommen ins Gespräch und wir machen mit einem ihrer Smartphones ein gemeinsames Foto. Ein Foto mit meiner Kamera darf natürlich auch nicht fehlen.

Dann kommt auch Günter mit Emma. Sie ist sofort auf Entdeckungsreise. Hier gibt es so viel zu erschnüffeln. Wenig später kommt auch ein Pressefotograf und nun beginnt eine Fotosession. Wir stellen uns im Gegenlicht auf das kleine Begrenzungsmäuerchen. Ein Bein zu heben lasse ich jedoch sein. Mit meinem schweren Rucksack komme ich ins Wanken. Es folgt eine weitere Serie mit Emma. Günter wird im Januar dazu einen Artikel in einer Wochenzeitschrift verfassen.

Dann starten zwei RundumDeutschlandwanderer auf dem Saar-Rundwanderweg in Richtung Perl an der Mosel und dem gegenüberliegenden Schengen auf Luxemburger Seite. Heute lasse ich mich führen und konzentriere mich mehr auf das Gespräch. Denn zunächst habe ich viele Fragen zu seiner Wanderschaft. Schnell stellt sich heraus, wir haben einige Gemeinsamkeiten. Über viele Kilometer sind wir auf gleichen Pfaden unterwegs gewesen. Hatten auch eine gleiche Unterkunft in Nordfriesland. Unser Gesprächsfluss reißt nicht ab. Es gibt so viel von unseren Erfahrungen auszutauschen. So wie ich, ist auch Günter von der Oder-Flusslandschaft fasziniert. Viel erfahre ich auch von seiner Biografie und die ist sehr beeindruckend. Wer mehr von Günter Schmitt erfahren möchte, hier ein Link zu seiner Webseite:  http://www.guenterschmitt.eu

Ein Versuch, in einem Restaurant einen Kaffee zu trinken, scheitert an der Anwesenheit von Emma. Hunde sind unerwünscht und wo Emma nicht bleiben darf, bleiben auch wir nicht. Bei einem Kinderverkaufsstand müssen wir für den Erwerb zweier Mandarinen hart J mit den beiden Jungen hinter der Theke handeln. Einige Zeit später wird unser gekaufte Wegzehrung auf einer Bank gegessen. Hier schreckt mich Günter mit der Information auf: „Dein rechter Schuh ist seitlich gerissen.“

Wir erreichen Elft und dort die Quelle des Leukbachs, ein Nebenfluss der Saar. Durchlaufen einen Saarländer Urwald, jetzt etwas gestutzt und Blattarm. An einem Aussichtspunkt zeigt mir Günter einen Kegelberg und der liegt in Belgien. An einem alten Grenzstein gibt ein paar Fotos. Schließlich erreichen wir das Länderdreieck „Deutschland, Frankreich, Luxemburg“. Ein alter Grenzstein aus 1880 mit den Buchstaben F für Frankreich und P für Preußen steht hier.

Nun lerne ich, dass es im Saarland nur ein einziges Weinanbaugebiet gibt und das liegt nicht an der Saar, sondern hier an den Hängen des Moseltals, im Dreiländereck. Wenn von einem Saarwein die Rede ist, stammt er aus Rheinland Pfalz und dort aus der Gegend von Saarburg an der Saar.

Wir durchlaufen den Moselort Perl und gelangen zur Brücke nach Schengen. Für mich ist dieser Teil der Mosel völlig fremd. Ich kannte nur die Mosel von Trier bis Koblenz. Die Obermosel ist gleichzeitig Grenzfluss zwischen Deutschland und Luxemburg.

Schengen, ein inzwischen historischer Ort. Direkt in der Nähe der Brücke liegt die Anlegestelle, an der auch das Schiff „Princesse Marie-Astrid“ vor Anker lag. An Bord wurde am 14. Juni 1985 und am 19. Juni 1990 von den Vertretern der Staaten Niederlande, Belgien, Luxemburg, Deutschland und Frankreich das „Schengener Abkommen“ unterzeichnet. Nur dadurch kann ich jetzt ohne Passkontrolle ungehindert Luxemburg betreten.

Von der Anlegestelle laufen wir an der Friedenssäule und an einem Segment der Berliner Mauer vorbei zum Europäischen Dokumentationszentrum. Im daneben liegendem Café trinken wir nun mit Emma unterm Tisch, in Ruhe unseren Kaffee. Nun befragt mich Günter für seinen Artikel.

Der Abschluss unseres heutigen Tages bildet der Gang zu meiner Unterkunft. Zunächst stehen wir vor einem geschlossenen Hotel- und Restauranteingang. Einmal rund ums Haus und Günter findet den Hotelier.

Ein toller Wandertag mit gutem Wetter und nicht enden wollenden Gesprächen geht nun zu Ende. Wir bleiben in Verbindung und haben schon eine gemeinsame 8 -9 tägige Wandertour fürs nächste Jahr ausgemacht. Ich freue mich drauf.

Vielen Dank Günter für diesen entspannten Wandertag mit unglaublich vielen Informationen.  

213. Etappe: 29. November 2013

Dillingen – Orscholz  24,4 km

Beim Frühstück um 7 Uhr halte ich mich durch Gespräche mit dem Hotelier viel zu lange auf. Da ich wieder einmal ein schlechtes Mobilfunknetz habe und das sich in den nächsten Tagen kaum ändern wird, muss ich noch verschiedenes erledigen. Bilder für die Lauftreffseite müssen überarbeitet und hochgeladen werden. Mein Bericht vom Vortag ist noch zu beenden und die heutige Route, um den Weg vom Hotel zum Saar-Radweg zu ergänzen. Das alles kostet Zeit und so komme ich viel zu spät los.

Vom Hotel geht es nur ein paar Meter weiter durch den Weihnachtsmarkt von Dillingen und einer Einkaufsstraße, es folgt eine Ausfallstraße Richtung Saarbrücke. Vor einer Unterführung bin ich auf eine falsche Nebenstraße gelandet. Diese führt über eine Schleife über Bahngleise. Daher auch die Unterführung. Ich gehe zurück und komme nun direkt zur Unterführung. Doch nun versperrt mir ein Fußgängerverbotsschild den Durchgang. Ein zu schmaler Randstreifen und zu viel Verkehr kommen hinzu und so laufe ich zurück zur Schleife und überquere dort die Bahngleise. Schließlich bin ich wieder auf der Ausfallstraße und nähere mich der Brücke. Die Autobahnhinweisschilder machen mich ein bisschen nervös, doch noch habe ich Hoffnung am anderen Ende der Brücke eine Treppe runter zum Saar-Radweg zu finden. Auf der anderen Seite angekommen gibt es aber keinen Abstieg, nur Zubringerstraßen zu beiden Seiten der Autobahn. Alternativ noch hinter der Autobahn eine Bundesstraße. Selbst wenn ich diese nutze, wie komme ich über oder unter der Autobahn wieder hindurch. Frustriert laufe ich zurück und suche einen Zugang zur rechten Saar-Uferseite. Es ist ein langer Umweg, bis ich schließlich am rechten Ufer angelangt bin. Ich habe zusätzlich viel Zeit verloren und noch eine ausgesprochen lange Etappe vor mir. Der Morgen fängt ziemlich bescheiden an.

Auf meinem Weg rechts der Saar habe ich beständig Blickkontakt mit der parallel verlaufenden Autobahn. Auch der laute Geräuschpegel begleitet mich. Diesen Krach kann ich inzwischen gut verdrängen, er dringt nur unterschwellig zu mir.

Die schmalen Uferbereiche wirken wie das momentane Wetter ziemlich triste auf mich. Doch immer wieder finde ich trotz des braunen Farbschleiers noch schöne mich ablenkende Stellen. Es sind die noch vorhandenen Farbtupfer aus schmutzig weiß des Wollgrases, ein bisschen Gelb der Blätter noch etwas grünes Gras und die besonderen roten Tupfer der noch vorhandenen Früchte.

Nach einiger Zeit erreiche ich einen großen Farbtupfer, eine die Saar überspannende blau-weiße Brücke. Dahinter eine graue Eisenbahnbrücke. Hinter der Eisenbahnbrücke signalisiert ein Sackgassenschild das baldige Ende des Weges. Bei der Straßenbrücke gibt es einen Aufgang und gegenüber sehe ich ebenfalls eine Treppe. Ich überquere die Saar und bin schließlich wieder auf dem Saar-Radweg angekommen.

Beim Rehlinger Wehr mache ich eine Pause. Ich habe Hunger, aber nichts dabei. Da fällt mir das Geschenk, eine Dose Leberpastete, ein und sofort durchsuche ich meinen Rucksack. Gefunden möchte ich diese Dose öffnen, doch der Rollbügel, bei dem man die Lasche durchzieht und dann die Dose durch Aufrollen öffnen kann, fehlt. Mit ziemlichem Aufwand kann ich schließlich die Dose nach über 10 Minuten öffnen. Die Leberpastete ist eine Delikatesse, doch für meinen Hunger viel zu wenig.

Unterwegs begegne ich endlich mal einem Kormoran in unmittelbarer Nähe und wenig später komme ich auch noch an einer kleinen Kormoranen-Kolonie vorbei. Vor Merzig sehe ich dann auf der anderen Saarseite ein Werk von Villeroy & Boch.

Schon vor Merzig beginnt die Dämmerung und bis unterhalb von Orscholz sind es noch mehrere Kilometer. Zusätzlich habe ich dann einen etwa drei Kilometer langen Aufstieg über Serpentinen am Hang bei der Saarschleife vor mir. Das alles nur in Dunkelheit mit Stirnlampe. Mein Entschluss ist gefasst, ich lasse mich abholen. Das hatte ich bereits am Nachmittag als Option mit der Zimmerwirtin besprochen. Ich erreiche sie beim Großeinkauf noch in Saarbrücken und bis zum Eintreffen kann es noch sehr lange dauern. Doch die gute Nachricht, sie hat die Schlüssel versteckt am Haus deponiert.

Es beginnt zu regnen und mein Entschluss mit dem Taxi zu fahren ist gefasst. Jetzt muss ich nur noch einen geeigneten Treffpunkt finden. Dieses erscheint vor mir in Form eines großen Bürogebäudes mit Sitz von Pharmaunternehmen. Diesen Treffpunkt kennen die Taxifahrer bestimmt. Zielstrebig steuere ich das Bürogebäude an. Der Pförtner lässt mich auch eintreten. Von ihm erhalte ich die Nummer der örtlichen Taxizentrale und kann auch mit einem Festnetztelefon dorthin anrufen.

Wenig später sitze ich im Taxi und jetzt ist es bereits dunkel. Die Fahrt ist nicht sehr lange und ich stehe wenig später vor meinem Ziel. Das Zimmer ist geheizt und sehr gemütlich. Als einige Zeit später die Zimmerwirtin zurückkommt, erhalte ich auch noch ein Abendessen. 

212. Etappe: 28. November 2013

Völklingen – Dillingen  21,8 km

Vom Vorort Heidstock laufe ich Richtung Völklingen Zentrum. Schon bald sehe ich zwischen den Büschen weiter unten liegend das Steinkohlekraftwerk Fenne und auch die ersten rauchenden Industrieschornsteine. Die Saar liegt ebenfalls links unter mir. Es ist wie tagszuvor kalt. Je näher ich Völklingen komme, um so mehr erinnert mich die Stadt an das Ruhrgebiet der 60er und 70er Jahre. Der Putz der alten Mehrfamilienhäuser ist schmutzig grau. Es überdeckt die Ursprungsfarben Beige oder Weiß. Bei einem Ziegelsteingebäude sind nur noch wenige rotbraune Ziegel erkennbar. Die meisten Ziegel sind inzwischen in Schwarz getaucht.

Schon von Weitem sehe ich die Türme des alten Rathauses und einer Kirche. Meine Route führt mich nicht zum Zentrum, sondern mehr zu einem ehemaligen Arbeiterviertel. Vorbei laufe ich an Woolworth und vielen kleinen Läden. Es ist ein normaler Werktag und doch sehe ich nur wenige Berufstätige, es sind mehr älter Menschen unterwegs.

Ich erreiche das imposante alte Rathaus, durchlaufe eine Unterführung und stehe vor dem alten Bahnhof. Schon ab hier ist der Hintergrund geprägt von Industrieschornsteinen und Rohren. Dann wieder eine Unterführung und nun erreiche ich die Völklinger Hütte, heute stillgelegt und inzwischen Weltkulturerbe. Ein europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur. Eine Straße mitten durch Industrieanlagen mit viel Rohren, Schornsteinen und Hallen, das meiste belegt mit rotbraunem Rost und alten Gebäuden führt mich schließlich wieder zur Saar. Die Natur mit Bäumen und Büschen, hier noch mit gelbem Herbstlaub, beginnt sich wieder Stück für Stück Land zurückzuholen.

Dann die Brücke und sofort fällt mir die Moschee auf der linken Saarseite auf. Das ehemalige Arbeiterviertel wird heute wohl auch von ausländischen Mitbewohnern besiedelt. Ich steige an der Brücke runter zum Saar-Radweg und die Industrieanlagen auf der gegenüberliegenden Seite begleiten mich. Eine Holzbank mit Rückenlehne und geschwungenem Abschussholz fällt mir sofort ins Auge. Genau hinter der Bank ein kleines Holzlager mit Holzscheiten für den Kamin. Es ist wohl mehr das Schild: „Holzdieb ich kriege Dich!“ was mich aufmerksam machte. Der Platz ist ausgesprochen interessant und trotz Kälte muss ich hier eine Pause machen. An einem Holzpfosten eine Parkuhr, ich hoffe, ich muss nicht für das Sitzparken 🙂 bezahlen!? Darüber ein Schild mit „Shitverbot“ für Hunde und noch einige rote Rosen komplettieren diesen interessanten Platz. Doch erst jetzt bemerke ich das Ausgefallenste, hinter mir ein ausgewachsener Kiwibaum. In Griffhöhe kleiner Früchte, doch etwas höher noch viele normal große Kiwi. Ich bin versucht zu naschen, doch das Schild mit dem Holzdieb hält mich irgendwie davon ab. Schade, dass niemand zu sehen ist, um zu fragen, ich hätte gerne eine Frucht probiert.

Es geht linksseitig an alten Gebäuden, einem Biergarten, Schrebergärten und viel Natur und rechtsseitig mit viel Industrieanlagen vorbei. Auch den Kontrast alte halb verfallene Gebäude und dahinter moderne blockförmige Industriehallen, noch mit frischen Farben, nehme ich wahr. Dann nimmt die Natur Zusehens Raum ein. Man hat vor einiger Zeit mächtig ausgeholzt, ich kann mir noch gut das Dickicht aus Büschen und Pflanzen vorstellen. Es folgt eine Pipeline und große Strommasten, die mich an der Saar nun begleiten. Dann auf der anderen Seite ein Hallenkomplex fast einem Kilometer lang mit braunen Hallen und blauen Zwischenwänden. Von einer Frau mit Hund erfahre ich, dass hier früher das Walzwerk untergebracht war, heute nur zum Teil von verschiedenen Firmen sehr individuell genutzt wird.

Es folgt eine lange Strecke an der Saar, mal mit Tümpel, zum Teil mit dünnem Eis bedeckt, mal nur reines Feuchtgebiet. Leider erstrahlt die Landschaft nicht mehr mit leuchtenden Herbstfarben. Jetzt herrscht das Braun vor. Öfters sehe ich den Grau- und Silberreiher, zum Fotoschuss komme ich aber nicht. Die Kormorane sehe ich ebenfalls und hier kann ich ein „tête-à-tête“ zweier Kormorane im Baum fotografieren. Kurz vor Saarlouis komme ich an einem weiteren Steinkohlekraftwerk auf der anderen Saarseite vorbei.

Genau zum richtigen Zeitpunkt mache ich eine Pause und gebe die Adresse in mein Smartphone-Navi ein. Es spuckt mir nur ein paar Hundert Meter weiter eine Abkürzung, ohne die weitläufige Saarscheife laufen zu müssen, über Saarlouis aus. Dieser neuen Route folge ich. Mein Bedarf nach Wärme und Kaffee ist groß und so nutze ich ein Wettbüro, nur Kaffee nicht mehr(!), für eine Aufwärmung von innen und außen. Kurz danach erreiche ich den ersten und bereits geöffneten Weihnachtsmarkt auf meiner Wanderung im Herzen von Saarlouis. Doch ich lasse ihn links liegen, komme an einem schönen Park vorbei, überquere die Saar und laufe ziemlich geradlinig in Richtung meiner heutigen Bleibe. Doch bevor ich diese erreiche, komme ich an der Dillinger Hütte vorbei und es folgt ein Krankenhaus und erst dann habe ich die kleine Pension erreicht. Der Sohn des Hoteliers gibt mir zum Aufwärmen einen Kaffee aus. Als ich schließlich mein Zimmer betrete, erstarre ich vor Kälte. Das Fenster ist auf, wohl schon länger, und die Heizung fast aus.

Schnell geduscht, umgezogen und sofort runter in das noch von außen geschlossene Restaurant. Auch da bläst erst gerade ein Heizlüfter. Doch es ist wärmer als in meinem Zimmer.

Die Kälte ist auch am Abend trotz voller Pulle Heizung nicht vertrieben. Ich hole zusätzlich meinen Schlafsack raus und nutze ihn für die Nacht. 

211. Etappe: 27. November 2013

Saarbrücken – Völklingen  12,0 km

Nach Völklingen steht heute nur eine Kurzetappe an und so nutze ich zunächst die in der Nähe befindliche Brücke und laufe Richtung Zentrum. Ein Haar- und Bartschnitt ist wieder einmal fällig. Schon kurz nach Überquerung der Brücke finde ich einen türkischen Friseur ohne Terminabsprache. Ich habe sogar das Glück und komme sofort dran. Zum Verständnis zeige ich ihm ein Foto von mir. Die Aufnahme stammt aus Passau und wurde am Tag des Friseurbesuchs aufgenommen. Als er die Maschine seitlich durch meine Haare fährt, wird mir ganz mulmig. Hoffentlich bleiben noch ein paar Haare übrig. Doch es sieht zunächst schlimmer aus, als es tatsächlich ist. Nach Haar- und Bartschnitt zündet er einen Stab mit Watte, vorher in eine Flüssigkeit getaucht, an. Was geht jetzt ab, mir wird wieder mulmig. Mit dem brennenden Stab fährt er an meinen Ohren entlang. Die Kopf- und Barthaare fangen kein Feuer, das beruhigt mich wieder. Als er fertig ist, bin ich rundum zufrieden.

Jetzt beginnt die Suche nach einem Abstieg zur linken Flussseite, denn dort verläuft der Saar-Radweg. Erst die dritte Brücke zurück, bietet mir diesen Abstieg. Auf dem Radweg angekommen, geht es nun für längere Zeit ohne Begegnung mit Spaziergänger und Radfahrer weiter. Links über mir donnert der Autobahnverkehr vorbei und rechts habe ich die Saar. Dann eine besondere Attraktion, ich reibe mir die Augen. Hier in Saarbrücken gibt es tatsächlich ein „Schwimmschiff“ :-). Momentan liegt es jedoch vor Anker.

Wuchtige und knorrige Ahornbäume säumen eine Zeit lang meinen Weg. Das Laub ist auch noch am Vormittag mit Raureif bedeckt. Als ich mich Burbach nähere, beginnt der Industriebereich mit Hallen der Saarstahl.

Gegen Mittag erreicht mich der Anruf des Hotels und damit die Absage. Ich bitte darum, wie abends vereinbart, mir bei der Suche eines anderen Hotels behilflich zu sein. Das klappt auch sehr schnell. Das Hotel liegt rechtsseitig und noch vor dem Zentrum von Völklingen. Jetzt muss ich nur noch die richtige Brücke finden. Ich habe Glück und bereits wenig später überquere ich die Saar und nun geht es rechtsseitig an der Saar weiter. Bei einer Sportanlage verlasse ich die Saar und laufe an der Bundesstraße B51 mit Gehweg weiter.

Das Hotel entpuppt sich als Kneippe mit Pension. Im Zimmer muss ich erst einmal den Heizkörper aufdrehen. Da es noch zu kühl ist, wechsel ich in die gut besuchte Gaststube. Der Tresen ist fast komplett belegt. Zwei größere Tische gibt es. Ich setze mich an einem der beiden Tische mit Eckbank. Der andere Tisch ist wenig später mit Skatspielern belegt. Ein ordentlicher Lärmpegel erfüllt den Gastraum.

Draußen hängt ein Schild mit „Gut bürgerlicher Küche“. Als ich nach einer Speisekarte frage, habe ich die Auswahl zwischen Bratkartoffel mit Frikadelle oder Nudelgericht. Ich entscheide mich für das Nudelgericht. Gebracht wird mir von der Chefin in einer Auflaufschüssel ein mit Käse überbackenes Nudelgericht. Groß genug für einen großen Hunger! 

210. Etappe: 26. November 2013

Herbitzheim – Saarbrücken
Distanz: 26,1 km; Aufstiege: 668 m; Abstiege: 547 m

Als ich das Hotel kurz vor 9 Uhr verlasse, liegt noch überall der Raureif. Es ist empfindlich kalt geworden. Der Himmel ist nur leicht bewölkt. Es verspricht, ein guter Wandertag zu werden. Auf meinem Weg zum Nachbarort Rubenheim umrunde ich einige gefrorene Pfützen und glatte Flächen.

Nach Rubenheim geht es recht ordentlich aufwärts. Meistens ist mir der Blick in die Landschaft durch Büsche versperrt. Dann zwischen den Büschen ein bisschen versteckt, eine Betonplatte, schon vom Zahn der Zeit angeknabbert und mit einem Vers versehen. Ich halte inne und der Vers stimmt mich für einen Moment nachdenklich.

Ein bisschen mehr Friede und weniger Streit.
Ein bisschen Wahrheit immerdar
und vielmehr Hilfe in Gefahr.
Ein bisschen mehr Wir und weniger Ich!
Ein bisschen mehr Kraft nicht so zimperlich.
Und vielmehr Blumen während des Lebens
denn auf den Gräbern blühen sie vergebens.

Weiter geht es aufwärts und auch hier gibt es immer wieder vereiste Stellen auf dem Asphalt. Ich erreiche den höchsten Punkt dieser Anhöhe und stoße dabei auf die „Kleine Tiroler Hütte“. Die Holzläden sind geschlossen. Hütte und der seitlich gelegene Spielplatz warten bereits auf den nächsten Sommer.

Wenig später öffnen sich die Buschreihen und geben mir den Blick auf einen Golfplatz frei. Die kurz geschnittene Rasenfläche schimmert weiß und ist mit Raureif bedeckt. Nach einem kurzem Intermezzo Wald erreiche ich eine vor mir liegende Streuobstwiese. Im Tal ein Ort und unmittelbar dahinter wieder ein Berg, zum Teil bewaldet. Ein Passagierflugzeug fliegt seitlich am Berg vorbei und verschwindet dahinter. Jetzt weiß ich, diesen Berg muss ich auch noch überwinden. Meine Route führt mich unterhalb des Saarbrücker Flughafens entlang.

Ich steige hinab in den Ort. Als ich den unscheinbaren Dorfbäckerladen sehe, steuere ich zielstrebig darauf zu. Ich brauche einen Aufwärmer und so betrete ich den Laden. Zunächst sehe ich zwei wunderschöne und sehr alte mit Schnitzereien versehene Schränke. Im Raum steht ein großer alter Tisch. Nur die modernen Stühle passen nicht dazu. Doch ich bin froh, nicht auf vielleicht einem unbequemen alten Stuhlen Platz nehmen zu müssen.

Hinter der Theke eine junge Frau mit einem Kleinkind im Laufwagen. Nachdem sie mir den Kaffee gebracht hat, kommen wir schnell ins Gespräch und sie blättert mir ein Teil ihres Lebens auf.

Das kleine Mädchen im Laufwagen ist 9 Monate alt und es ist bereits ihr viertes Kind. Mit 17 Jahren bekam sie ihr erstes Kind. Ihr erster Mann war 17 Jahre älter und übernahm die Vaterrolle für dieses erste Kind, obwohl es nicht von ihm war. Es folgten zwei Kinder von ihrem Mann. Mit der Heirat erhoffte sie, dem Kind eine geborgene Familie bieten zu können. Doch es kam ganz anders. Mehr und mehr arbeitete er nur noch sporadisch und fing auch noch zu Trinken an. Er war zudem extrem eifersüchtig und schließlich erfolgte die Trennung durch sie. Nun ist sie in einer neuen Beziehung und das kleine Mädchen ist von ihrem jetzigen Lebensgefährten. Sie hat keinen Berufsabschluss, dazu fehlte einfach die Zeit. Viel zu sehr musste sie sich um den Lebensunterhalt kümmern. Was sie mir erzählt, klingt alles sehr vernünftig und verantwortungsbewusst ihren Kindern gegenüber. Auch macht sie einen zufriedenen und ausgeglichenen Eindruck auf mich.

Immer wieder erlebe ich es, dass mir fremde Menschen Einblick in ihre Vergangenheit oder ihrer Schicksale geben. Ich wirke wohl vertrauenswürdig auf sie und es ist wohl leichter einem Fremden etwas zu offenbaren, als Personen im eigenen Umfeld. Aus einem Kaffee werden zwei, doch dann muss ich weiter.

Am Ende des Ortes führt meine Route bergauf. Die schmale Straße wird durch ein Heizölfahrzeug blockiert. Die Beifahrertür ist auf und dahinter stehen Fahrer und Kunde. Man lässt mich vorbei, doch es folgt interessiert die Frage nach dem Woher und Wohin. Aus der Beantwortung der Frage wird ein Gespräch und der Hausbesitzer, ein junger Mann, bietet mir einen Kaffee bei sich an. Normalerweise würde ich zusagen. Doch ich bin bereits mit zwei Kaffee abgefüllt und habe noch einige Kilometer vor mir. Daher lehne ich dankend ab.

Die kurze Gesprächspause war gut, denn nun folgt ein extrem steiler Anstieg. Nur mit langsamen Schritten komme ich vorwärts und muss unterwegs zweimal zum Verschnaufen anhalten. Der asphaltierte Wirtschaftsweg geht über in einen Wald- bzw. Feldweg. Es folgt der Vorstadtbereich von Saarbrücken und schließlich laufe ich an einer Landstraße mit Radweg weiter in Richtung Innenstadt.

Es folgt eine Unterquerung der Autobahn und schließlich eine kleine Seitenstraße. Hier wechsel ich gedankenlos plötzlich die Fahrbahn und werde dabei fast von einem Radfahrer angefahren. Aus dieser Situation entwickelt sich ein Gespräch und die Frage, ob ich auf dem Jakobsweg unterwegs bin. Vom Radfahrer erfahre ich, dass ich mich momentan auf einem Jakobsweg nach Metz befinde. Auch fragt er mich, ob ich für heute Nacht eine Bleibe habe. Er betreibt eine Pilgerherberge hier in der Nähe. Ich erkläre ihm, dass ich ein Hotelzimmer gebucht habe und mit einer Absage Stornogebühren anfallen. Dann trennen wir uns. Ich überquere mit Wartezeit Bahngleise, laufe auf einem schmalen Pfad Richtung Saar. Mein Radfahrer kommt mir wieder entgegen. Er bietet mir einen Kaffee an und die Möglichkeit Adressen von Pilgerherbergen, auch vom Moselcamino, aufzuschreiben. Ich willige ein und so folge ich ihm zu seiner Herberge. Dort führt er mich in den Aufenthaltsraum und beginnt mit dem Kaffeekochen. Das, was ich von der Herberge sehe, ist schlicht und mit vielen Details versehen. Die Übernachtung wird für einen sehr fairen Preis angeboten. Zum Kaffee bekomme ich noch Kuchen und wir unterhalten uns eine Weile. Dann muss ich wieder los. Die in unmittelbarer Nähe befindliche Kirche muss ich unbedingt besichtigen, rät er mir. Der Seiteneingang ist offen und ich schau auch rein. Leider ist es dort viel zu dunkel, um noch etwas richtig zu erkennen, geschweige denn zu fotografieren.

Es geht unter der Autobahn hindurch und dann bin ich wieder auf dem Saar-Radweg. Jetzt heißt es, einen Zahn zuzulegen. Im Zentrumsbereich angekommen, der Höllenlärm der Autobahn begleitete mich die ganze Zeit, nehme ich aus einem Bauchgefühl heraus früher als geplant die richtige Brücke, um über den tosenden Verkehr zu gelangen. Es ist inzwischen dunkel geworden, die Straßenbeleuchtung weist mir den Weg. Das kleine Hotel neben der Saarbrücker Zeitung erreiche ich danach recht bald. 

Mich gibt es noch unterwegs.

Werde heute in Völklingen einlaufen. Bin noch immer mit Freude unterwegs. War nur etwas schreibmüde. Berichte folgen, jetzt muss ich schnellstens auschecken und das Hotel verlassen.

Bis in Kürze, vermutlich heute Abend, wieder mit Berichten vom Weg. Treffe auch einen ehemaligen Deutschlandumrunder. Wir laufen zusammen ein Stück. Freu mich darauf.

205. Etappe: 21. November 2013

Wissembourg – Bad Bergzabern  12,3 km

Heute habe ich wieder eine kurze Etappe vor mir. Bevor ich in Richtung Bad Bergzabern aufbreche, möchte ich noch das Städtchen Wissembourg besichtigen. Mein heutiges Zimmer kann ich erst ab 14 Uhr beziehen, daher habe ich viel Zeit für die Besichtigung. Völlig entspannt verlasse ich gegen 11 Uhr das Hotel.

Schnell erreiche ich die Altstadt von Wissembourg und durchstreife über eine Stunde die kleinen Gassen und Straßen. Viele restaurierte Fachwerkhäuser und auch die vielen kleinen Geschäfte beleben das nette Städtchen. Doch in den abseits gelegenen Gassen befinden sich noch etliche Gebäude in schlechtem Zustand. Der Ort gefällt mir, nur das passende Wetter mit Wärme und Sonne fehlt jetzt noch.

Auf dem Weg Richtung Bad Bergzabern heißt es nun wieder aufwärts streben. Zunächst erreiche ich den südpfälzischen Weinort Schweigen-Rechtenbach. Im Restaurant am Deutschen Weintor mache ich eine Kaffeepause. Von dort geht es abwärts in den Ortsteil Rechtenbach und anschließend hoch durch die Weinberge des Weinanbaugebietes Südliche Weinstraße.

Ab dem Weinort Oberottenbach folge ich der Bundesstraße B38. Auch diese Bundesstraße führt mitten durch das Weinanbaugebiet. Nach etwa drei Kilometern erreiche ich Bad Bergzabern und wenig später meine heutige Bleibe.

Für den heutigen Abend haben sich Bettina und Thomas zu einem Treffen angekündigt. Es freut mich sehr, das sich beide noch nach der Arbeit die Zeit nehmen und mich besuchen. Wir kehren in der Nähe meiner Pension in ein Restaurant mit pfälzischer Küche ein. Hier lerne ich den gebratenen Saumagen kennen. Wir haben uns viel zu erzählen. Erfahrungen werden ausgetauscht und dabei stellt sich heraus, dass auch sie die plötzlichen Bekanntschaften auf der Reise mögen. Der gemeinsame Abend wird lang. Danke ihr beiden für den netten Abend.

Bettina und Thomas sind begeisterte Motorrad-Tourenfahrer und haben in diesem Jahr mit der Umrundung Deutschlands begonnen. Ihr diesjähriger Start war ganz in der Nähe von hier. Es war das Deutschen Weintor, durch das ich heute Mittag ebenfalls gekommen bin. Bei ihren Vorbereitungen sind sie beim Stöbern im Internet auf mein Internettagebuch gestoßen und verfolgen meine Wanderung seit einiger Zeit. Seit ihrem Kontaktmail sind wir in Verbindung. Da sie in diesem Jahr nur noch eine Woche Zeit hatten, begann ihre erste Etappe im Juli am Deutschen Weintor und endete nach Furth im Wald. Für das nächste Jahr sind zwei weitere Wochen geplant. 

202. Etappe: 18. November 2013

Scherzheim – Hügelsheim  15,5 km

Noch abends hatte mich die Zimmerwirtin des heutigen Tages angerufen und mit mir eine Schlüsselübergabe unterwegs auf Bundesstraße B36 vereinbart. Sie muss einiges erledigen und ich kann unabhängig von ihr beliebig früh ins Zimmer.

Die Nacht habe ich schlecht geschlafen, Kopfschmerzen plagten mich bis spät in die Nacht und auch noch am Morgen. Von der Wirtin lasse ich mir eine Schmerztablette geben. Ungewöhnlich früh schaffe ich es, meine heutige Etappe zu beginnen. Im Ort durchlaufe ich eine Straße mit vielen Fachwerkhäusern. Die meisten davon sind bereits schön restauriert, nur bei einigen nagt noch der Zahn der Zeit.

Es ist kühl und nebelig. Die Sonnenstrahlen durchbrechen aber bereits die Wolkendecke. Bei einem Senftpflanzenfeld schafft die tief liegende Sonne es, die gelben Blüten zum Leuchten zu bringen. Trotzdem nimmt der Nebel deutlich zu. In einiger Entfernung sehe ich undeutlich große Tiere, ich vermute zunächst Kühe, über die Straße laufen. Doch beim Näherkommen erkenne ich sehr große Hunde. Es sind russische Windhunde, wie mir die Besitzer erzählen.

Von der kleinen Kreisstraße biege ich schließlich auf die Bundesstraße ab. Der Radweg verläuft etwas abgesetzt von der Straße. Diese in Nebel gehüllte Landschaft mit den immer wieder auftauchenden Fahrzeuglichtern gefällt mir. Ohne Nebel wäre es langweilig, doch so bin ich immer wieder abgelenkt.

So langsam sehne ich mich nach einer Sitzgelegenheit, doch die finde ich erst vor Stollhofen, unmittelbar nach der Bahnüberführung. Ich telefoniere kurz mit meiner Zimmerwirtin. Sie ist noch nicht unterwegs. Nach Stollhofen höre ich deutlich ein startendes Flugzeug, doch durch den dichten Nebel ist es nicht sichtbar. Auch den Badener Flughafen sehe ich nicht, nur eine davor liegende Golfanlage.

Im deutlicher verschwinden die Nebelschwaden und bei einem großen Bogen hinter dem Flughafen erreicht mich der Anruf der Zimmerwirtin. Sie ist jetzt gestartet und hat zuvor noch etwas im Ort zu erledigen. Als ich bereits das Ortsschild von Hügelsheim im Blick habe, sehe ich ein Fahrzeug kommen und anhalten. Es ist meine Zimmerwirtin und ich bekomme meinen Schlüssel. Sie erklärt mir den schnellsten Weg zur Pension und dann trennen wir uns. Meine Unterkunft erreiche ich wenig später und heute werde ich faulenzen. Keinen Bericht schreiben, nur abends in das empfohlene Restaurant gehen. Das Telefonieren und der Internetzugang sind wieder einmal miserabel. Nur mit Mühe schaffe ich es für Morgen eine Unterkunft im Elsass zu finden und zu buchen.

Nach 17 Uhr kommt meine Zimmerwirtin zurück und ich gebe ich meine Kleidung zum Waschen. Das hatte ich bereits mit ihr vereinbart. Danach geht es ins nahe gelegene Restaurant und heute genieße ich ein Wildgericht und einen Roten aus Sasbach. Den Wein kenne ich bereits und er schmeckt mir.