6. Etappe: 04. April 2013

Westerburg – Bad Marienberg

Das Frühstück in der Privatpension bekomme ich in die Ferienwohnung gebracht. Da meine heutige Etappe nur kurz ist, lasse ich mir Zeit.

Schon kurz nach dem Verlassen der Pension, beginnt der Weg stetig anzusteigen. Ich laufe quer durch Westerburg. Bevor ich Westerburg verlasse, komme ich an der ehemaligen Jugendherberge vorbei. Nun tauche ich wieder in Waldgebiet ein. Es geht weiter bergauf von 320 auf 520 Höhenmeter. Im Wald muss ich an mehreren Stellen über schneeglatte Flächen laufen. Glücklicherweise nur wenige Meter lang. Zwischendrin durchquere ich Hergenroth. Das letzte Stück vor Höhn, meinem heutigen Zwischenziel, muss ich wieder auf einer Landstraße ohne Randstreifen laufen. Dann erreiche ich Höhn und sofort sind wieder die Erinnerungen an meine Zeit in diesem Ort wach. Meine Eltern hatten Ende 60er Jahre hier ein Haus gekauft und sind hierin gezogen.

Je näher ich mich meinem ehemaligen Elternhaus komme, erkenne ich alte Gebäude und auch die Straßen wieder. Mit unseren alten Nachbarn Gerlinde und Bernd habe ich mich verabredet. Ich komme leider verspätet bei ihnen an. Wir haben uns viel zu erzählen und sie laden mich zum Mittagessen ein. Hinzu kommt auch Andreas, ihr Sohn. Mit ihm zusammen hatte ich damals unser Garagendach ausgebessert. Bernd führt mich rüber in den Garten unseres ehemaligen Hauses. Jetzt wohnt ein altes Ehepaar dort. Der Garten ist nicht mehr wieder zu erkennen. Ich verbringe über zwei Stunden bei Gerlinde und Bernd.

Ich folge der Empfehlung von Bernd und laufe beim ehemaligen Bahnhof entlang. Doch irgendwie habe ich das Gefühl nicht richtig zu sein. Erst als ich am Haus mit den beweglichen Skulpturen vorbei laufe, glaube ich wieder, dass ich noch richtig bin.

Kurz vor Bad Marienberg geht es steil bergab. An einer Bank mache ich Pause und komme mit einem Wanderer ins Gespräch. Der Wanderer demotiviert mich ein kleines bisschen. Er zeigt mir, dass ich nach dem Abstieg mindestens genau so viel wieder hoch zur Jugendherberge laufen muss. Und richtig, zunächst geht es noch weiter runter und dann wieder in Bad Marienberg deutlich hoch.

In der Jugendherberge habe ich mich mit Jürgen, Klaus-Dieter und Werner verabredet. Die Freude ist groß, als wir uns nach 41 Jahren zum ersten Mal wiedersehen. Sie bringen mir überraschenderweise ein Geschenkpaket mit. Lauter nützliche Dinge – der Schnaps allerdings zu schwer zum Tragen, obwohl bei der Kälte sicher gut zum Aufwärmen – haben sie zusammengestellt. Wir haben uns viel zu erzählen.

Damals sind wir täglich zur Schule nach Limburg mit meinem Opel B-Kadett gefahren. Wir fuhren ein altes Auto, hatten lange Haare und es war die Zeit von Bader Meinhof. Bei einer Autobahnabfahrt wurden wir von der Polizei mit Maschinenpistole im Anschlag angehalten. Wir mussten aussteigen, uns ausweisen und der Kofferraum wurde durchsucht.

Bei einer feucht-fröhlichen Feier ohne mich heckten die Drei mit einer Klassenkameradin aus der Parallelklasse (mir unbekannt) einen Streich aus. Die Klassenkameradin steuerte ein Passbild bei und schrieb mir auf violettem Papier einen Liebesbrief. Da ich aber nach mehreren Tagen nicht so reagierte, wie die Drei es sich ausgerechnet hatten, fragten sie nach. Dadurch erfuhr ich von Ihrem Streich.

Einige Zeit später kam Klaus-Dieters Frau und Tochter hinzu. Die Tochter ist Journalistin bei der Westerwälder Zeitung und ich hatte überraschenderweise auch noch ein Interview mit ihr.

Ich bin froh, meine ehemaligen Nachbarn und meine ehemaligen Klassenkameraden getroffen zu haben. Es waren gelungene Treffen.

5. Etappe: 03. April 2013

Ausgeruht wache ich schon vor der Weckzeit auf. Von Toska erfahre ich, dass es eisig kalt draußen ist und total trübe. Meine Lust zum Laufen ist im Keller.

Das Verwöhnfrühstück ist üppig und ich genieße wieder. Danach aber komme ich nicht richtig voran. Wieder wird es für die heutige Etappe spät. Eigentlich habe ich überhaupt keine Lust zum Laufen.

Ich werde in der schönen Altstadt von Limburg um 9:30 Uhr abgesetzt. Nun laufe ich noch etwas herum und betrachte mir die schönen alten Fachwerkhäuser. Eine Frau spricht mich an und erzählt mir, dass Sie bereits mehrere Jakobswege, auch die Via de la Plata, gelaufen ist.

Dann führt mich mein Navi raus aus Limburg. Vorbei geht es an den Glashütten von Limburg und weiter nach Staffel. Dann folgen Elz und Niederhadamar.

Als ich Hadamar erreiche, thront links auf einem Berg das wuchtige Schloss. Etwas weiter komme ich an der evangelischen Schlosskirche vorbei. Wie eine Kirche sieht das große Gebäude nicht aus, eher wie ein Stadtschloss. Die Stadt ist schön, nur ist mir kalt und das trübe Wetter schlägt aufs Gemüt. Ich bin nicht empfänglich für das Genießen der alten Gebäude. Zum Fotografieren habe ich auch keine Lust.

Weiter geht es nach Niederzeuzheim und jetzt wird das Laufen immer beschwerlicher. Es geht beständig bergauf in den Oberwesterwald. Nach Niederzeuzheim laufe ich wieder auf der Landstraße. Wieder gibt’s keinen gescheiten Randstreifen! Der nächste Ort Frickhofen kommt mir wie ausgestorben vor. Zunächst mehrere leere Geschäfte, alle zum Verkaufen. Dann zwei leere Cafés und denen folgen zwei geschlossene Restaurant’s. Ich brauch endlich wieder eine Sitzgelegenheit und die möglichst im Warmen. Ich weiche von meiner Route ab und laufe weiter in den Ort hinein. Endlich ein offener Dönerladen. Hier frage ich nach einer kleinen Portion, kein Problem, ich bekomme eine kleine Portion. Auch einen Kaffee, der nicht auf der Karte steht, wird mir gemacht. Zusammen mit dem jungen Türken trinke ich meinen Kaffee. Er ist 22 Jahre alt und erst vor vier Jahren nach Deutschland gekommen. Spricht aber für diese kurze Zeit – meistens ist er in seinem Laden – sehr gut Deutsch.

Es fällt mir einfach schwer, mich wieder aufzuraffen und loszulaufen. Weiter auf der Landstraße erreiche ich Wilsenroth und dann Berzhahn. Am Ortsausgang wechsel ich auf eine schmale Kreisstraße und dann endlich sehe ich am Hang in noch weiter Entfernung Westerburg. Ein bisschen mulmig ist es mir, denn zwei Fahrzeuge dürfen nun nicht entgegen kommen und gleichzeitig ich am Straßenrand. Ich habe Glück, diese Situation tritt nicht ein und im nächsten Ort Wengenroth gibt s wieder einen Fußgänger- und Radweg. Dann ist plötzlich nach nur einem Kilometer Westerburg erreicht. Es dauert jedoch noch eine Weile,  bis ich meine heutige Unterkunft erreiche. Im Keller habe ich eine komplette Ferienwohnung für mich alleine.

Mit Schrecken muss ich aber feststellen, ich habe kein Mobilfunk-Netz. Hoffentlich kann ich morgen in der Jugendherberge in Bad Marienberg die letzten drei Berichte auf meinem Blog bereitstellen.

Draußen in der Kälte kann ich für morgen zumindest meine Treffen organisieren.