21. Etappe: 20. April 2013

Gustorf – Neuss  22,3 km

Vom Hotel aus bin ich schnell aus Gustorf und wieder im Wald. Eine kleine Brücke führt mich über die Erft, an der ich gestern länger entlang gelaufen bin. Einige Zeit später unterquere ich die Autobahn und erreiche auch wenig später Grevenbroich. Wie so oft dauert es lange, bis ich wieder den Ort verlasse. Es folgen lange gerade Wirtschaftswege am Wald entlang und durch Felder. Mehrfach streife ich kleine Dörfer. Dann erreiche ich wieder die Erft mit der Eppinghover Mühle. Ab hier folge ich der Erft bis nach Weckhoven und bleibe auch danach in ihrer Nähe oder laufe neben ihr entlang.

Noch kurz vor der Unterführung der Autobahn ist auf der Erft eine Kanustrecke angelegt. Die ersten Kanuten lassen gerade ihre Boote ins Wasser. Noch nicht so interessant, um anzuhalten und zu fotografieren. Doch schon kurz nach der Unterführung erreiche ich eine kleine Stromschnelle der Erft. Hier üben bereits zwei Kanuten und ich beobachte einige Zeit ihr Treiben. Zu mir gesellen sich auch ein paar Spaziergänger.

Bei der Stromschnelle verlasse ich die Erft und laufe in Richtung Neuss und dann etwa einen Kilometer am Stadtrand von Neuss entlang. Nachdem ich dann nach Neuss einbiege, ist recht schnell das Commundo Tagungshotel erreicht.

Um 19:00 Uhr habe ich mich mit meinen ehemaligen Kollegen Hans-Jürgen verabredet. Als er mir entgegen kommt, erkenne ich ihn nicht sofort. Ich hatte ihn deutlich kräftiger in Erinnerung. Sein Gewichtsverlust kommt durch seine überwunden schwere Krankheit. Wir haben uns viel zu erzählen und er berichtet mir auch ausführlich über seinen schweren Schicksalsschlag. Was ihm widerfahren ist, tritt nur bei 1 von mehreren Millionen Menschen auf.

Hans-Jürgen hatte sich eine Grippeschutzimpfung geben lassen. Zu Hause später ging es ihm nicht gut. Er war erschöpft und verschlief einen ganzen Tag, bevor er wieder wach wurde. Danach fühlte er sich schlapp und dachte zunächst, dass es vom Hunger kommt. Seine Schwester besucht ihn und ihr fällt das rote Auge auf. Sie bringt ihn zum Augenarzt. Dieser diagnostizierte ein Gerstenkorn und verschreibt ihm Tropfen. Diese Tropfen nahm er dann auch brav. Sein Zustand verschlechterte Zusehens, er ist so schwach, dass er nicht mehr laufen kann. Seine Schwester ruft den Notarzt und er wird ins Krankenhaus gebracht. Hier muss er mehrfach reanimiert werden. Zunächst denkt man an einen Schlaganfall. Glücklicherweise wird bei den Untersuchungen auch ein Augenarzt hinzugezogen. Dieser veranlasst einen Hubschraubertransport zur Aachener Uniklinik. Seine Schwester wird angerufen und ihr wird empfohlen noch vor dem Abflug zu kommen. Hans-Jürgen könnte den Transport nicht überleben.

In der Uniklinik wird die richtige Diagnose gestellt: Nekrotisierende Fasziitis (= Infektionskrankheit der Haut und Unterhaut durch Streptokokken-Bakterien). Nach eigenen Worten von Hans-Jürgen waren sein Auge und der Bereich darum „verwest“. Man entfernte das Auge und alles bis auf den Knochen. Er verbrachte über ein halbes Jahr mit etlichen Operationen, da zunächst die Krankheit nicht zu stoppen war. Er war infolge des langen Aufenthaltes so geschwächt, dass er nicht mehr allein stehen und gehen konnte. Es folgte eine lange Rehazeit. Zu Hause war er dann den Blicken und dem Tuscheln der Menschen ausgesetzt. Später erhielt er mehrere plastische Operationen. Inzwischen hat er seine Krankheit und Krise gut gemeistert. Jetzt kann er darüber sprechen und sich frei in der Öffentlichkeit bewegen. „Er könnte darüber ein Buch schreiben“, erklärt er mir.

20. Etappe: 19. April 2013

Jülich – Gustorf  36,9 km

Kaum bin ich aus Jülich raus und wieder auf Wirtschaftswegen unterwegs, sehe ich, egal, in welche Richtung ich schaue, Windräder. Es weht ein kräftiger kalter Wind und alle Räder sind in Bewegung.

Nach dem kleinen Ort Stetternich stehen an einer Kreisstraße mehrere historische Meilensteine. Es ist nicht der Originalplatz, die Steine mussten wegen des Tagebaus versetzt werden. Sie standen an einer der ältesten europäischen Fernstraßen, der Via Agrippinesis. Es sind ein römischer Meilenstein und drei preußische Steine.

Danach laufe ich sehr lange Zeit in einem großen Bogen um einen Hügel. Erst später erkenne ich, dass dahinter eine Tagebaustelle liegt. Nach Umlaufen der Tagebaustelle erreiche ich den Höllen und danach geht es auf einer kleinen Kreisstraße nach Kalrath. Schon etwa 3 Kilometer vorher ist der Ort am Horizont erkennbar, nur es dauert noch ewig, bis ich ihn erreiche. Schnell durchschreite ich diesen Ort. Er scheint nur aus Häusern an dieser einen Straße zu bestehen. Als ich das Ende von Kalrath erreicht habe, sehe ich in der Ferne eine alte Windmühle. Je nach dem, wie ich mich nähere, sehe ich dahinter ein Kraftwerk oder später daneben moderne Windräder.

Immer wieder laufe ich auf asphaltierten Wirtschaftswegen und mich begleiten die Kraftwerke und die Windräder. Ohne mein Navi hätte ich längst die Orientierung verloren. In Kirchherten entdecke ich endlich eine Bäckerei mit Café. Als ich eintrete, erklärt mir die Verkäuferin, dass sie schließt und Mittagspause habe. Ich schaffe es noch, einen Kaffee und ein Kuchenstück zu bekommen. Draußen auf einer Bank in der Kälte mache ich meine Pause. Mir wäre nach einem warmen Platz, das bleibt leider nur in Wunschtraum.

Bei Kaster begegnen mir zwei ältere Männer. Sie sind neugierig und wollen das woher und wohin wissen. Als ich sagen, dass ich nach Grevenbroich will, schicken sie mich ein Stück zurück auf einen anderen Weg. Dieser von ihnen beschriebene Weg erspart mir mindestens 2 Kilometer. So langsam spüre ich meine Füße, das dauernde Laufen auf Asphalt fordert seinen Tribut.

Nach Frimmersdorf muss ich ewig hinter einem Kraftwerk entlang laufen. Jede Sitzgelegenheit nutze ich aus, ich spüren, dass ich heute eine sehr lange Etappe hinter mir habe. Eine Zeit lang laufe ich neben der Erft, bis ich endlich den größeren Ort Gustorf erreiche. Am Ortseingang frage ich einen Radfahrer nach einer Unterkunft und habe Glück, er kann mir den Namen eines Hotels nennen. Auf einer Treppenstufe bei einem Supermarkt suche ich die Telefonnummer und rufe im Hotel an. Ich habe Glück, es ist noch ein Zimmer frei. Der Weg dorthin ist leicht gefunden. Ich betrete das Hotel um 18:55 Uhr, und als ich meinen Rucksack absetzte, merke ich, noch weitere 3,5 Kilometer bis nach Grevenbroich wären mörderisch geworden. Ich bin mit Pausen 10 Stunden unterwegs gewesen und jetzt einfach nur geschafft. Meine Füße brennen und nach einem Abendessen liege ich auch schnell im Bett.

Morgen werde ich nach Neuss laufen und abends einen ehemaligen Kollegen treffen. Ich freue mich darauf.

19. Etappe: 18. April 2013

Alsdorf – Jülich

Der gestrige frühe Start war wohl eine Eintagsfliege. Zu meiner Entlastung kann ich sagen, dass der überaus nette Hotelier mir, obwohl ich kein Frühstück gebucht hatte, einen Kaffee angeboten hat. Aus einem Kaffee wurden zwei und wir kamen ins Gespräch.

Von ihm erfuhr ich, dass Alsdorf eine alte Bergbaustadt ist. Es gab mehrere Zechen und man förderte hier die hochwertige Anthrazitkohle. Heute wird keine Steinkohle mehr gefördert. Heute gibt es nur noch den Braunkohleabbau. Segen und Fluch zugleich. Segen, dass es dafür Arbeitsplätze gibt und Fluch, das hier viel alte Orte und Landgüter zerstört wurden. Familien, die seit Generationen hier lebten, mussten dem Tagebau weichen.

Einen Apfel darf ich mir als Wegzehrung auch noch mitnehmen, dann geht es los. Zunächst laufe ich an einer Ausfallstraße mit viel Verkehr entlang. Es ist warm und ich überlege mir bereits, sobald ich die Stadt verlassen habe, meine Jacke auszuziehen. Doch kaum, dass ich von der Landstraße in einen Feldweg einbiege, bläst mir ein kalter und starker Wind entgegen.

Der Feldweg endet bald in einem kleinen Ort, der Wind jedoch bleibt. Aus dem Ort raus geht es wieder auf schnurgeraden Wirtschaftswegen. Teilweise habe ich etwas Schutz vor dem Wind hinter einer Busch- und Baumreihe. Begleiten tun mich, wie schon seit Tagen, immer wieder Windräder. Einem Kraftwerk, vermutlich ein Braunkohlekraftwerk, nähere ich mich langsam. Der Wind ist so stark, dass ich meine Stöcke nicht benutzen kann. Dann erreiche ich Aldenhoven, hier finde ich eine windgeschützte Bank für eine längere Pause.

Nach Aldenhoven sehe ich in der Ferne die riesigen Bagger des Braunkohletagebaus und nun auch das Kraftwerk deutlich näher. Gerne hätte ich von den riesigen Baggern ein Foto gemacht, nur trennen mich vom Weg noch über 1,7 Kilometer zum Abbaugebiet. Sehr lange laufe ich am sogenannten Rand des Abbaugebietes entlang, bevor ich zum kleinen Ort Bourheim abbiege und mich dann weiter in Richtung Jülich entferne.

Am Stadteingang von Jülich beginnt meine heutige Suche nach einer Unterkunft. Zunächst rufe ich ohne Erfolg bei mehren Pensionen an. Auch mehrere Hotels haben kein freies Einzelzimmer mehr. Dann aber klappt es mit einem sehr kleinen Zimmer in einem im Zentrum liegenden Hotel.

Einige Leser werden bemerkt haben, dass ich nicht mehr von Blasen und Schmerzen berichte. Die Blasenzeit ist inzwischen Geschichte. Der Rucksack drückt aber immer noch etwas und beim Auf- oder Absetzen muss ich vorsichtig zu Werke gehen. Passe ich nicht auf, meldet sich mit einem starken Schmerz meine rechte Schulter und mein rechter Arm. Das Schulterproblem ist weiterhin vorhanden, wenn ich aufpasse und das gelingt mir meistens merke ich nichts von meiner Schulter. Weiterhin plagen mich ab und zu Nackenschmerzen oder durch Nervenreizung im Lendenwirbelbereich auch Schmerzen im linken Oberschenkel. Diese Probleme sind alte Bekannte und waren auch schon bei meinen beiden Pilgerreisen präsent. Insgesamt jedoch bin ich inzwischen einigermaßen eingelaufen.  

18. Etappe: 17. April 2013

Aachen – Alsdorf

Heute geht es bereits um 8:00 Uhr ohne Frühstück los. Vom Hotel aus laufe ich noch einige Zeit durch Aachen, dann aber verlasse ich endlich die Stadt. Auf einem Radweg geht es vorbei an Weiden und Äcker. Rechts etwa einen Kilometer entfernt sehe ich das riesige Gebäude der Uniklinik von Aachen.

Im nächsten Ort bin ich schon wieder in Aachen. Aachen hat mich fest im Griff, denn auch die nächsten Orte sind immer wieder Vororte von Aachen. In Kohlscheid fragt mich plötzlich eine Frau, ob ich beim Probewandern bin. Ich verneine und wir kommen ins Gespräch. Dabei erfahre ich, dass sie nächste Woche auf dem Camino France unterwegs sein wird. Sie startet von St. Jean Pied de Port.

Mein heutiger Weg führt mich durch weitere kleine Orte und am Rande eines Ortes mache ich erstmals bei strahlendem Himmel auf einer saftig grünen Wiese eine längere Pause. Als ich wieder aufwache, schaut mir auf der anderen Wegseite aus einem kleinen offenen Fenster ein Pferd entgegen. Wie ich später im Hotel feststelle, habe ich mir bei dieser wunderbaren Pause einen leichten Sonnenbrand im Gesicht zugezogen.

Dann ist es nicht mehr weit und ich erreiche Alsdorf. Für diesen Ort hatte ich mir eine Rufnummer eines kleinen Hotels notiert. Ein Anruf und meine heutige Übernachtung ist gebucht. Das Zimmer ist groß und gut. Wiedermal gibt es ein Wannenbad, das ich natürlich genieße.

17. Etappe: 16. April 2013

Aachen – Belgien – Holland – Aachen

Ich starte von der Jugendherberge in Aachen und werde einen Abstecher nach Belgien und Holland vornehmen. Zunächst geht es wieder hoch in Richtung Stadtteil Preuswald. Der Name Preus kommt von Grenze. Es handelt sich hier um die Grenze zu Belgien.

Ich tauche schnell ein in den Aachener Wald. Vorbei geht es am Aachener Fernsehturm. Mir begegnen ab und zu ein paar Jogger. Es ist windig und kühl. Ab und zu, wenn es windstill ist, spüre ich die Sonnenstrahlen. Dann ganz unspektakulär die Grenze nach Belgien. Erkennbar nur durch ein Holzschild mit der Aufschrift „Königreich Belgien“. Hier taucht zu meiner Überraschung auch die Jakobsmuschel auf und kurz hintereinander stehen drei Kreuze am Weg. Der Weg führt bis auf 348 Meter.

Dann geht es wieder abwärts und ich kann den belgischen Ort Gemmenich mit seiner Hubertuskirche im Tal erkennen. Ich durchlaufe den schmucken Ort und mache in der Ortsmitte eine Kaffeepause.

Eigentlich wollte ich weiter zum holländischen Ort Vaals, doch ich entschließe mich in das raue Klima der holländischen Alpen 🙂 zu begeben. Ich muss wieder klettern und in einer hochalpinen Aktion besteige ich den höchsten Berg Hollands. Es ist gleichzeitig das Dreiländereck. Oben angekommen stehe ich vor einem Aussichtsturm. Etwas irritiert frage ich einen älteren Herrn aus Belgien nach dem Dreiländereck und nach dem Vaalserberg. Er erklärt mir, dass ich dieses hinter dem Turm finde. Es früher sogar ein Vierländerpunkt war.

Heute spricht man vom Dreiländereck. Jedoch in der Zeit von 1839 bis 1919 gab es einen Vierländerpunkt. Es waren beteiligt das Königreich Belgien, das Kaiserreich Deutschland, das Königreich der Niederlande und Neutral-Moresnet.

Ich gehe am Turm vorbei und befinde mich in Holland. Rechts von mir ist ist das Dreiländereck mit den drei Nationalflaggen. Von dem Vaalserberg sehe ich nichts. Eine Gruppe junger Holländer steht hier und ich frage einen der jungen Leute nach dem höchsten Berg Hollands. Nach einer kurzen Irritation, ich hätte nicht nach „dem höchsten holländischen Berg“, sondern nach „dem höchsten niederländischen Berg“ fragen sollen, zeigt man mir die in etwa 30 Meter Entfernung stehende kleine Betonsäule. Hier gibt es einen Stein mit Inschrift, das der Berg 322,7 Meter hoch ist.

Von hier aus laufe ich weiter zum holländischen Ort Vaals. Eine nächste Pause ist fällig und meine Lust weiterzulaufen sinkt deutlich. Noch in Vaals frage ich nach einer Unterkunft, doch leider belegt. Die Grenze nach Deutschland ist nur 500 Meter entfernt. Weiter geht es also nach Deutschland. Es ist wieder Aachen und ich muss noch eine Weile weiterlaufen, bis ich ein Hotelschild entdecke. Es soll etwa 500 Meter abseits der Hauptstraße liegen. Ich biege also ein und komme an eine Gabelung, nur wohin nun steht jetzt nicht mehr. Glücklicherweise kommt mir ein Mann entgegen. Ich frage ihn und erfahre, dass es das Hotel nicht mehr gibt. Also zurück und weiter nach Aachen. Nach einem Kilometer stehe ich vor einem kleinen Hotel und es gibt dort auch noch ein freies Zimmer. Im nahe gelegenen Supermarkt hole ich mir etwas zu essen und trinken.

Nach dem Essen und Duschen ist wieder das Schreiben angesagt. Es muss der gespeicherte Track des heutigen Tages ausgewertet und auf mein Notebook übertragen werden. Die Datei des Etappenverlaufs aktualisiert werden, Bilder von der Kamera übertragen und bearbeitet werden. All das dauert seine Zeit und ich bin zum Teil für über eine Stunde damit beschäftigt.

16. Etappe: 15. April 2013

Schevenhütte – Aachen

Endlich schaffe ich es, früher zu starten. Zur Sicherheit eine kurze Orientierung mit dem Navi und mein Weg ist gefunden. Es geht auf einer kleinen Kreisstraße wieder hoch. Ich steige bis auf 287 Meter und komme dabei ins Schwitzen. Es ist endlich warm und ich blicke über mir in einen blauen Himmel.

Mein Weg verläuft durch Buchen- und Fichtenwälder, aber auch auf kleinen Kreisstraßen. Glücklicherweise gib es nur wenig Verkehr. Gegen Mittag durchlaufe ich wieder einen kleinen Ort und biege ab in eine Kreisstraße. Noch im Ort komme ich an einer breiten Mauer vorbei. Ideal um darauf eine Pause und ein Nickerchen zu machen.

Der Weg auf der Kreisstraße ist nur kurz, dann biege ich ab in einen schmalen, ansteigenden Wirtschaftsweg. Wiedermal muss ich hoch hinaus. Jetzt führt mich mein Weg meistens zwischen Äcker und Weiden hindurch. Beiderseits häufig abgezäunt und nirgends eine Bank. Am frühen Nachmittag finde ich endlich eine Bank. Bei dieser Pause bin ich wieder eingeschlafen. Als ich erwache, sehe ich über mir dicke Regenwolken. Nun habe ich es eilig, der Rucksack wird mit einem Regenüberzug geschützt und ich gebe Gas.

Mit Erstaunen bin ich bereits eine Stunde später in Kornelimünster, im südöstlichen Stadtteil von Aachen. Kaum habe ich den historischen Stadtkern erreicht, fängt es auch schon an zu regnen. Ich flüchte in ein Café.

Eigentlich wollte ich noch bis zur Jugendherberge laufen, doch durch den Regen habe ich dazu keine Lust. Weiter geht es mit dem Bus bis ins Zentrum. Dort besichtige ich den Aachen Dom und fahre danach weiter zur Jugendherberge.

Wieder mal habe ich ein sehr schlechtes Mobilfunk-Netz. Eine Übertragung ist nicht möglich. Für eine WLAN-Verbindung will man Geld und ich bin ich bereit zu zahlen.

15. Etappe: 14. April 2013

Golzheim – Schevenhütte

Nach einem guten Frühstück starte ich leider wieder spät. Draußen ist es noch bewölkt und kühl. Der Weg beginnt, wie er gestern endete. Ein endlos geradeaus verlaufender Rad- und Fußweg! Man könnte sagen: Ich kann schon Sonntag sehen, wer am Montag zu Besuch kommt. Am Horizont gibt es eine Bergkette, vermutlich muss ich dort auch noch rüber, bevor ich Aachen erreichen werde. 

Vorbei geht es an Merzenich und nach etwa 6 Kilometer erreiche ich Düren. Doch auch der Weg durch Düren dauert. Ich mache in einer Bäckerei eine Kaffeepause. Noch bevor ich Düren verlasse, ziehe ich erstmalig meine Softshelljacke aus, es ist inzwischen wärmer geworden. Sollte endlich der Frühling angekommen sein?

Weiter geht es an Wiesen und Äcker vorbei. Öfters nehme ich, wenn denn eine Bank auftaucht, eine kurze Pause. Einmal bin ich dabei kurz eingenickt. Dann beginnt wieder die Phase der Fahrbahntreterei. Glücklicherweise nur für etwa einen Kilometer. Nach meiner Route biege ich auf einen Feldweg ab. Vorbei geht es an Äcker und der Waldweg naht. Doch dann versperrt mir ein verschlossenes Tor den Weg in den Wald. Dieser Wald ist wohl in Privatbesitz und auf meiner topografische Karte nicht erkennbar gewesen. Zurück geht es und dann weiter auf der Kreisstraße ohne befestigten Randstreifen. Dieser Weg zieht sich nun. Es geht über die Bergkette und einige S-Kurven muss ich durchlaufen. Immer wieder Kolonnen von Motorradfahrern kommen mir entgegen oder fahren an mir vorbei. Bis auf einen verrückten Motorradfahrer und einen idiotischen Porschefahrer fahren alle einigermaßen vernünftig. Hoch geht es bis über 300 Meter und auf dem höchsten Punkt gehe ich ein Stück in den Wald und kann zum ersten Mal eine Pause auf dem Waldboden machen. Freue mich schon darauf, wieder auf einer Wiese zu liegen und ein Nickerchen zu machen.

Im Tal erreiche ich den Ort Schevenhütte. Hier weiche ich von meiner Route ab und schaue nach einer geeigneten Unterkunft. Sollte ich damit Pech haben, ist die erste Nacht im Zelt fällig. Doch ich finde ein kleines Hotel und übernachte nun hier.

14. Etappe: 13. April 2013

Frechen – Golzheim

Um 8:15 Uhr verlasse ich die Wohnung und fahre mit der Straßenbahn nach Frechen Bahnhof. Hier bin ich hinter den Autobahnen A4 und A1, die mir das ungehinderte Gehen zu meinem heutigen Ziel sonst versperren würden.

Angekommen in Frechen beginnt für mich zunächst die Orientierungsphase. Wo muss ich hin, um auf meine heutige Etappe zu kommen. Mein Navi zeigt mir den Weg zur B264 und ich folge gehorsam. An der Bundesstraße angekommen, stelle ich fest, der Mittelstreifen ist durch eine hohe Absperrung unüberwindbar für mich. Ich muss aber rüber, um auf der anderen Seite in Richtung meiner heutigen Route zu laufen. Geht nicht, also zurück. Nun geht es erst mal lange durch Frechen. Von der angekündigten Sonne sehe ich nichts, ein kühler Wind bläst mir noch entgegen und über mir sind wieder dicke Regenwolken. Ich entschließe mich, vorsorglich den Poncho über den Rücksack zu ziehen. Wenn es anfangen sollte zu regnen, bin ich schnell kompletthinein geschlüpft.

Nach Frechen laufe ich zunächst auf einem, von der Fahrbahn geschützten Radweg. Dann zeigt mir das Navi einen Waldweg. Froh der Straße entronnen zu sein, folge ich diesem Waldweg. Der jedoch wird zunehmend schwieriger zum Laufen. Riesige Wasserpfützen und aufgewühlter Boden muss ich umgehen. Nach einiger Zeit müsste der Weg jetzt links abbiegen, doch dort gibt es keinen Weg! Die topografische Karte ist an dieser Stelle falsch. Ich folge dem bisherigen Weg, stelle aber fest, dass ich zu weit vom Kurs abkomme. Und auch eine tiefer gelegene Bahntrasse würde mir das Weitergehen versperren. Also wieder zurück zur Straße.

An der Bundesstraße gibt es glücklicherweise einen Radweg. Über längere Zeit folge ich der B264 und komme schließlich an einem Kreisel an. Hier endet der Radweg und ich folge meinem Navi auf einer kleinen Straße und weiter auf einem Feldweg. Dieser führt mich entlang an einem Bach und unterquert schließlich die Bundesstraße. Danach ist es nur noch ein schmaler Trampelpfad, auf der anderen Bachseite verläuft ein asphaltierter Radweg. Nach einem Kilometer geht es links ab in den Wald und später überquere ich die A61 und bin in Kerpen. Im übernächsten Ort Bergerhausen laufe ich an einem Wasserschloss vorbei und nach Blatzheim wird es unangenehm. Nun geht es fast vier Kilometer schnurgerade bis nach Golzheim. Hier finde ich meine heutige, nicht vorher reservierte Unterkunft.

13. Etappe: 11. April 2013

Bonn – Köln

Im Bett des “Luxuszimmers“ verbringe ich auf einer schlechten Matratze eine entsprechende Nacht. Wenigstens das Frühstücksbuffet ist reichhaltig. Ein leicht versöhnlicher Abschluss.

Draußen erwartet mich wieder ein bedeckter Himmel mit dicken Regenwolken. Heute geht es wieder direkt am Rhein entlang.

Nach einiger Zeit bemerke ich eine Änderung im Landschaftsbild. Ich blicke auf keine Berge oder Erhebungen mehr, nur flaches Land zu beiden Seiten des Rheins.

Es zieht sich, bis ich endlich Bonn verlassen habe. Die dunklen Wolken über mir nehmen zu und ich entschließe mich, zur Sicherheit meinen Poncho anzuziehen. Kaum habe ich den Poncho an und schon regnet es dicke Regentropfen. Der Regen hält glücklicherweise nicht lange an, die Wolken jedoch bleiben und damit auch zunächst der Poncho. Zwischendrin dringen kurze helle Strahlen durch die Wolkendecke und erleuchten die Weiden mit ihren hellen gelben Blättern. Leider viel zu kurz, denn bis ich meine Kamera schussbereit habe, ist der Moment vorbei. Die Farbenvielfalt der massigen Wolken und das immer wieder aufkommende Lichtspiel ist das einzig abwechslungsreiche und interessante auf meinem Weg. Bei einer Pause bekomme ich die ersten warmen Sonnenstrahlen meiner Wanderung ab. Ich genieße diesen kurzen Moment.

Schon eine Rheinbiegung vor Wesseling sehe ich auf der anderen Rheinseite Industrieanlagen und dann ein Vorort vor Wesseling durchlaufe ich die ersten Anlagen der Petrochemie. Direkt am Rhein und auf der anderen Seite des Weges liegen die Anlagen und teilweise verlaufen über mir die Verbindungsrohrleitungen. Als ich diese Anlagen hinter mir lasse, bin ich froh und doch war das nur ein Vorgeschmack, was mich noch erwartet. Schon bald wieder laufe ich für lange Zeit an riesigen chemischen Anlagen vorbei, dann endlich erreiche ich Wesseling. Hier mache ich meine erste längere Pause. Schon am Ortsausgang erzwingen wieder Industrieanlagen einen immer größeren Abstand zum Rhein. Ich laufe, wenn auch abgetrennt zur Fahrbahn, einige Zeit an einer größeren und viel befahrenen Straße entlang, bis ich endlich wieder den Rhein erreiche. Die Industrieanlagen bleiben mir aber erhalten.

Am Ende der nächsten Rheinbiegung erreiche ich endlich den Kölner Vorort Godorf und glücklicherweise liegt auch gleich vor mir ein Bahnhof. Da ich mich schon vor meiner Wanderschaft entschlossen habe Großstädte nicht zu durchwandern, sondern öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, endet heute hier meine Etappe.

Über den Kölner Hauptbahnhof fahre ich zu Irena und Mario, Freunde von Michiko und Alex. Hier werde ich einen Ruhetag einlegen und kann morgen Mittag meinen Jugendfreund Hermann hier in Köln treffen. Ich werde von der Familie sehr gastfreundlich aufgenommen und fühle mich bei Ihnen wohl.

12. Etappe: 10. April 2013

Bad Honnef – Bonn

Nach einer guten Nacht kommt ein üppiges Frühstücksbuffet. Ich genieße die vielfältige Auswahl. Lange habe ich nicht so gut gefrühstückt. Wieder dauert es zu lange, bis ich bei leichtem Nieselregen zu meiner heutige Etappe starte. Am Rhein angekommen, kommt irgendwie keine Freude auf. Der Himmel ist verhangen und teilweise mit dicken dunklen Regenwolken bedeckt. Es ist nicht mehr so kalt wie im Westerwald und trotzdem muss ich immer noch meine Fleecemütze und meine Handschuhe tragen.

Mein heutiger Weg führt entlang des Rheins bis nach Beul. Ich werde zunächst begleitet vom Geschnatter der Enten und Gänse am Ufer. Im nächsten Ort, Königswinter, suche ich ein Restaurant oder ein Café und laufe nur an geschlossenen Betrieben vorbei. Dann endlich ein geöffnetes Weinlokal. Ich bin lange Zeit der einzige Gast. Hier lade ich eine vergessene Route in mein Navi. Wieder loszulaufen fällt es mir schwer. Der Himmel bleibt über die gesamte Zeit grau und bedeckt.

Dann erreiche ich Bad Godesberg und blicke plötzlich neben mir auf Sand, Sonnenschirme und Strandkörbe. Nur die Sonne fehlt jetzt noch.

Einige Zeit später bin ich auf der Höhe des Posttowers (Bonns höchstes Gebäude) und dem Langen Eugen (ehemaliges Abgeordnetenhaus, heute UN-Gebäude). In Beul angekommen, befinde ich mich für kurze Zeit auf dem Rheinsteig und überquere dann die Kennedybrücke nach Bonn. In der Altstadt befindet sich meine heutige Unterkunft. Der Weg dorthin ist gut ausgeschildert und das Hotel schnell erreicht. Ich stehe vor einem kleinen unscheinbaren Hotel. Der verlangte Übernachtungspreis passt so gar nicht zum Äußeren des Hotels. Jetzt wird es spannend, vielleicht ist das Zimmer ja angemessen zum Preis. Leider werde ich auch hier wieder enttäuscht. Ich habe das Gefühl, in Bonn hat man noch nicht mitbekommen, das die Bundeshauptstadt jetzt Berlin ist.