42. Etappe: 16. Mai 2013

Lathen – Heede  20,8 km

Meine heutige Etappe beginnt bei bewölktem Himmel. In der Nacht hat es wohl geregnet, nun ist es trocken und ein leichter kühler Wind bläst mir entgegen.

Ich laufe an der Kirche vorbei und durch den Ortskern. Von der Ems oder dem Kanal ist nichts zu sehen. Die verklinkerten Häuser mit ihren Vorgärten wirken so adrett. Die Klinkerfarben sind zwar meistens in einem rotbraunen Ton gehalten und doch gibt es viele Farbnuancen. Auch die Grundrisse der Häuser sind zum Teil verspielt und winkelig, nicht einfach nur ein Klotz. Ich betrachte gerne diese Häuser und lasse mich ablenken.

Am Ortsrand im Gewerbegebiet sehe ich dann die Ems in etwa 20 Meter Entfernung links neben mir wieder. Zunächst führt mich meine Route auf dem Radweg neben der Straße und in Sichtweite vom Kanal entlang. Erst bei einer Bücke verlasse ich die Straße und folge nun dem Emskanal auf einem Wirtschaftsweg. Mich trennt nun nur noch eine Hecke vom Ufer des Kanals, leider wird sie zunehmend höher und versperrt mir schließlich die Sicht.

Zur Emsseite hin stehen mächtige Kastanienbäume und auf der anderen Seite Eichen. Die Hecke endet endlich bei einer Brücke und danach laufe ich nun auf einem unbefestigten Weg an dem Kanal entlang. Nur ein einfacher Zaun trennt mich noch vom Ufer. Der Kanal und Ems sind auf diesem Abschnitt identisch. Der Fluss schlängelt sich nun deutlich und die Landschaft wird immer schöner. Irgendwie wirken diese Flussauen beruhigend mit der langsam fließenden Ems. Alles ist so beschaulich, ab und zu begegne ich Radfahrer, ansonsten bin ich alleine unterwegs.

Einen Kirchturm in Sichtweite holt mich ein Radfahrer ein und fragt interessiert nach meiner Wanderung. Mit ihm kommen noch drei weitere Personen und wir machen gemeinsam eine Pause. Nach einem längeren Gespräch starten wir wieder.

Bei der Kirche muss ich über eine Brücke zur anderen Seite wechseln und zunächst geht es etwas vom Ufer weg. Danach jedoch biege ich bei einem Campingplatz und einer Ferienhaussiedlung wieder an das Ufer der Ems. Dies jedoch nur kurz, denn nun versperrt mir ein Motorboothafen den Durchgang. Am Hafen kehre ich in ein Café ein.

Nach der Umrundung des Hafens bin ich wieder an der Ems. Lange laufe ich ohne jemanden zu treffen und mache öfters eine Pause auf einer Bank. Ich genieße die herrliche Landschaft und komme daher nur langsam voran. An einer Einmündung vom Küstenkanal in den Emskanal mache ich eine Pause und beobachte mehrere Lastkähne bei ihrem Wechsel vom Küstenkanal in den Emskanal Richtung Emden.

Mit einem gerade abbiegenden Kahn beginne ich einen kleinen Wettkampf. Natürlich habe ich keine Chance, doch zunächst muss er erst einmal wieder Fahrt aufnehmen und das dauert. Er braucht einige Zeit mich zu überholen und noch länger dauert es, bis er beim nächsten Bogen verschwunden ist.

Ich entschließe mich in Heede, einem kleinen Ort, zu übernachten. Auf einem Aushang am Ufer stand eine Adresse von einer Radler-Scheune. Noch gerade rechtzeitig entdecke ich einen kleinen Feldweg zur Straße und das war mein Glück. Danach hätte ich nicht mehr abbiegen können.

Weiter geht es an der Straße entlang und im Zickzack durch den Ort. Dann stehe ich vor der sogenannten Scheune. Ich bekomme mein Zimmer und die Scheune entpuppt sich als schöne Unterkunft mit einem fairen Preis. Kaum bin ich angekommen, fängt es auch schon an zu regnen und in der nächsten Stunde bleibt es so. Meine spontane Bauchentscheidung in Heede zu übernachten war goldrichtig.

41. Etappe: 15. Mai 2013

Meppen – Lathen  30,8 km

Vermutlich holt mich gegen 5 Uhr der Lichteinfall durch die große Glastürfront aus dem Schlaf. Einen tiefen Schlaf hatte ich im Heu nicht und trotzdem werde ich es, wenn möglich, wiederholen. Etwas unterkühlt war ich gestern Abend mit Unterkleidung und Strümpfen in meinen Seideninlett und dann in den Schlafsack gekrochen. Diesen dann auch noch komplett geschlossen. Ich hatte von meinem ersten Schlafsackeinsatz im Zelt gelernt und diesmal war es kuschelig warm. Doch auf der Wohlfühlskala reicht es trotzdem nur für den unteren Bereich, ein Mumienschlafsack ist nun mal ziemlich eng.

Das Frühstück entspricht ganz meinen Erwartungen an ein Bauernfrühstück mit reichlicher Auswahl. Dazu zwei gekochte Eier von glücklichen freilaufenden Hühnern. Bauer und Bäuerin leisteten mir Gesellschaft und schnell kamen wir ins Gespräch. Beide schon im fortgeschrittenen Alter, betreiben den Ferienhof mit Pferden noch alleine. Die Söhne kümmern sich um die Landwirtschaft.

Der heutige Tag beginnt vielversprechend mit blauem Himmel, ein paar Wolken und viel Sonne. Nach zwanzig Minuten durch den Randbezirk von Meppen bin ich wieder am Emskanal. Schon wenige Minuten später unterhalte ich mich mit einer Hundebesitzerin und wir laufen ein Stück gemeinsam am Kanal entlang. Mit ihr biege ich vom Kanal weg in den Wald und dann trennen sich wieder unsere Wege.

Nach einiger Zeit erreiche ich wieder die Ems oder den Emskanal, so genau weiß ich das nicht. Auf einer Bank mache ich eine Pause und ein Hundebesitzer mit zwei kleinen Hunden kommt mir entgegen. Er fragt mich nach dem Wohin und dem Woher und so kommen wir ins Gespräch. Von ihm erfahre ich dann, dass ich an einem alten Emsarm sitze. Nach einer längeren Unterhaltung begebe ich mich wieder auf den Weg. Doch schon bald bin ich unsicher, ob ich dem Kanal weiter folgen soll, denn mein Navi zeigt mir ein Abbiegen und Verlassen der Ems. Einen herankommenden Nordic Walker befrage ich nach dem Weg und so gehe ich mit ihm in Richtung meiner Navianzeige. Dabei kommen wir über das Nordic Walking ins Gespräch und es folgt ein kurzer Crashkurs durch mich während unseres gemeinsamen Weges.

Meine Route führt mich einige Zeit weg von der Ems. Dann erreiche ich eine Brücke, die über die Ems führt. Noch davor befindet sich ein schöner Rastplatz. Ich mache Pause und genieße um mich rum das Gezwitscher der Vögel und das Plätschern eines kleinen Bachs, der ein Stück weiter in die Ems mündet. Nach dem Überqueren der Ems befinde ich mich im Paradies, dem Borkener Paradies, einem Naturschutzgebiet. Ich wandere mittendurch und sehe nichts mehr von der Ems.

Aber auch das geht vorbei und ich erreiche wieder den Dortmund-Ems-Kanal. Zunächst auf der linken Seite, später dann auf der rechten Seite führt mein Weg mich am Kanal entlang. Langsam verspüre ich Hunger und das Bedürfnis nach einer Pause. Nicht weit nach einer Schleuse entdecke ich ein kleines geöffnetes Café und kehre dort ein.

Weiter geht es am Kanal entlang. Schon von Weitem erkenne ich Industrieanlagen und mir wird klar, es kommt ein Hindernis. Als ich näherkomme, entpuppen sich die Industrieanlagen als Umschlagplatz und Hafen. Ein nicht zu überbrückender Abzeig des Kanals zum Eurohafen Emsland versperrt mir den Weg. Ich muss am Zaun entlang in Richtung des Hafens laufen und zu allem Übel auch wieder zurück in Richtung Schleuse. Der Weg führt weiter zu einer Straße und ich überquere diese. Nach meinem Navi entferne mich immer mehr vom Kanal.

Es ist bereits 17 Uhr und ich erreiche Emmeln, ein Ortsteil von der Stadt Haren. Es wird Zeit eine Bleibe für heute Nacht zu finden. Viel Auswahl habe ich nicht und finde auch ein Hotel, das zwar außerhalb von Lathen liegt, aber dafür genau auf meiner geplanten Route. Diese hatte ich vor längerer Zeit bereits verlassen. Der Radweg hatte einen Schlenker weg vom Kanal gemacht und ich bin geblieben. Um 17:30 Uhr komme ich an einem Schild mit der Angabe 9 km bis Lathen vorbei. Ich entschließe mich für diese Straßenvariante, nicht bedacht, dass ich nun wieder auf einem schnurgeraden Radweg laufen muss.

Ich spüre immer mehr meine Füße und das geradeaus Laufen macht mich mürbe. Ich hasse diese Geraden und doch muss ich mich damit arrangieren, denn in Ostfriesland werde ich noch viele lange Geraden laufen müssen. Inzwischen drückt auch der Rucksack und ich habe das Gefühl Blei mit mir rum zu schleppen. Zusätzlich habe ich heftige Verspannungen am Nacken und das Dehnen nützt inzwischen nichts mehr. Mehrfach halte ich am Straßenrand an und lege mich für eine Pause ins Gras.

Nur zähe vergehen die Kilometer, und obwohl ich immer wieder reizvolle Landschaften sehe, steht mir der Sinn nicht mehr nach Fotografieren. Ich will nur noch das Hotel erreichen. Dann biege ich weg von der Straße auf einen Wirtschaftsweg und durchquere Felder. Endlich sehe ich in der Ferne einen Kirchturm. Dieser muss zu Lathen gehören. Als ich mich immer mehr dem Kirchturm nähere, höre ich ein Geräusch. Es ist anders als von Autos oder Trecker und zunächst nicht zu lokalisieren. Dann erkenne ich durch Büsche und Bäume einen großen blauen Lastkahn. Ich bin wieder am Kanal und habe es eine längere Zeit überhaupt nicht mitbekommen.

Nun ist es nicht mehr weit, ich kann das Hotel bereits sehen und daneben ein Wohnmobilstellplatz. Um 19:30 Uhr und nach über 10 Stunden unterwegs sein, komme ich im Hotel an. Nach einer heißen Dusche gönne ich mir ein Spargelgericht und bin inzwischen recht schaffend müde. Das Schreiben des Berichts fällt heute aus.