110. Etappe: 10. August 2013

Hohensaaten – Zollbrücke  17,9 km

Um 10 Uhr steht der Zimmerwirt vor meiner Tür, ich kann noch 20 Minuten rausschlagen. Dann aber muss ich endgültig das Zimmer verlassen. Mit hechelnder Zunge schaffe ich es dann mein Zimmer zu räumen. Der Weg geht zunächst zurück bis über die Brücke und dann ein Stück auf der Straße entlang. Schon kurz nach Ortsende führt wieder ein Weg hoch zum Deich. Doch jetzt muss ich mich mit dem Autolärm der Straße neben dem Deich arrangieren. Die Oder und der Überlaufbereich ist nicht so spektakuläre wie zuvor. Jetzt sind die Deichschrägen jedoch voller Wildpflanzen. Der nächste Ort Hohenwutzen ist schnell erreicht. Da inzwischen die Sonne schon wieder kräftig scheint, nutze ich direkt am Ufer einen großen schattigen Baum für meine erste Pause.

Bisher habe ich Oderbruch und Nationalpark Unteres Odertal für dasselbe gehalten. Ist es aber nicht. Der nun beginnende Oderbruch ist ein künstlich trocken gelegter Bereich des Odertals, während der Nationalpark ein Bereich des Odertals ist, der den natürlichen Veränderungen durch Überschwemmungen unterworfen ist. Der Slogan ist: „Natur Natur sein lassen“.

Der Oderbruch ist heute eine landwirtschaftlich genutzte Fläche, die bis vor 250 Jahre regelmäßig überschwemmt wurde. Auf Veranlassung von Preußens König Friedrich II wurde 1747 – 1753 dieser Teil des Odertals umfassend trockengelegt.

In Hohenwutzen verlasse ich vorübergehend die Oder, um dann nach letzten Häusern wieder zum Deich zu gelangen. Es ist viel los heute, man merkt, das es Wochenende ist. Scharen von Radfahrern radeln unten auf dem Radweg neben dem Deich. Je weiter ich laufe, um so schöner wird das Odertal. Schließlich bin ich wieder fast alleine unterwegs. Nur noch wenige Radler sind unterwegs, jetzt sind es, wie Tage zuvor, wieder die Randwanderer auf dem Oder-Neiße-Radweg. Irgendwo an einer schönen Stelle packe ich meine Zeltunterlage aus und lege mich am Deich hin. Es ist wieder die Zeit diese schöne Landschaft zu genießen und das mit einer Pause zu verbinden. Es ist wieder Traumwetter mit blauem Himmel, durchzogen mit weißen Quellwolken. Die Sonne scheint dazu recht kräftig.

Unterwegs komme ich mit einem Paar aus Berlin ins Gespräch. Beide sind Lehrer und jetzt nur am Wochenende hier unterwegs. Die Schulferien sind in Berlin und Brandenburg bereits zu Ende. Schon nach einigen Kilometern bin ich wieder mit einem Paar aus Berlin im Gespräch. Wir unterhalten uns länger auch über den Camino in Spanien. Die Oder ist wie die Ostsee das Vorzimmer von Berlin.

Bei einer alten Brücke über die Oder, heute nicht mehr nutzbar, mache ich nochmals eine Pause und schaue auf die Ergebnisse des ersten Bundesligatages. Der BVB hat überzeugend gewonnen! Der Versuch in dem etwa 3,5 Kilometer entfernten Gasthof unterzukommen, klappt leider nicht. Ich bekomme aber den Tipp auf einem Ziegenhof, nur 600 Meter weiter, mit dem Zelt übernachten zu können.

Kaum bin ich wieder unterwegs, verdunkelt sich der Himmel vor und seitlich von mir. Leichter Wind kommt auf. Ein entferntes Donnergrollen höre ich auch und so beeile ich mich mit dem Anziehen des Ponchos. Wiedermal schaffe ich es punktgenau, denn kaum ist der Poncho an, schon prasselt ein heftiger Regen auf mich nieder. Sicherheitshalber ziehe ich auch meine Gamaschen an. Der Gedanke, bei diesem Wetter zu zelten, behagt mir überhaupt nicht. Doch Regen und Wind sind schnell vorbei. Nur am Horizont in Richtung meines Zieles hält sich der dunkelgraue Himmel und mehrere Blitze sehe ich auch noch. Doch das Grollen kommt erst sehr viel später.

Dann erreiche ich das kleine Dorf Zollbrücke mit seinen Fachwerkhäusern am Oder-Neiße-Radweg. Im Gasthof nehme ich noch ein Abendessen und verstehe jetzt, warum hier ausgebucht ist. Hier gibt es ein Theater und die Leute reisen extra auch von Berlin hier an.

Auf dem Weg zum Ziegenhof, die dunklen Wolken haben sich verzogen, komme ich am Freilufttheater vorbei. Etwa 500 Meter weiter erreiche schließlich den Ziegenhof. Hier kann ich den im Hofladen angebotenen Ziegenkäse nicht widerstehen. Meine heutige Zeltübernachtung kostet 2,50 €. Das WC ist ein Baustellen-WC, jedoch sauber. Die Dusche, ein Stück weiter, ist im Freien, hat warmes Wasser aber keinen Vorhang.

Zwischen Tannen stelle ich mein Zelt auf. Etwas weiter, noch versteckter zwischen Tannen, steht ein weiteres Zelt. Im Aufenthaltsraum setzte ich mich noch einige Zeit hin um meine Akkus aufzuladen.