168. Etappe: 13. Oktober 2013

Laufen – Freilassing  18,5 km

Meine heutige Etappe nach Freilassing ist nur 14 Kilometer lang und so lasse ich es heute Morgen entspannt angehen. Mit so viel Zeit im Rücken besuche ich die Altstadt von Laufen. Diese betrete ich durch das ehemalige Salzburger Tor, erbaut um 1400. Schnell erreiche ich den Marienplatz mit dem Marienbrunnen. Von dort habe ich sofort einen Blick auf die prächtige Salzachbrücke aus dem Jahre 1903. Diese schwungvolle Jugendstil-Eisenkonstruktion mit ihren kunstvollen Verzierungen ist eine österreichisch-bayerische Gemeinschaftsarbeit. Auf bayerischer Seite überspannt ein Bogen mit dem königlich-bayerischen Wappen und auf österreichischer Seite ein Bogen mit dem kaiserlich-österreichischen Wappen die Brücke.

Ich laufe weiter und erreiche das alte Rathaus und frage zwei Männer, die gerade Fahnen ausladen, was ich unbedingt in Laufen sehen muss. Sofort erhalte ich die Antwort: „Die gotische Stiftskirche.“ Sie ist die älteste gotische Hallenkirche in Süddeutschland. Als ich sie erreiche, ist noch Gottesdienst und so besichtige ich den kreuzgangähnlichen Bogengang um die Kirche herum mit seinen Grabdenkmälern. Dieser Bogengang wurde erst vor kurzer Zeit, wie ich später erfuhr, komplett restauriert. Etwa 20 Minuten verbringe ich vor der Kirche und betrete diese schließlich nach Beendigung des Gottesdienstes.

Schon in der Kirche komme ich mit einem Mann ins Gespräch. Er ist auch Wanderer, und wie ich erfahre, kennt er einen Weitwanderer. Es gibt wohl ein Treffen verschiedener Weitwanderer im Dezember in München. An so einem Treffen bin ich interessiert, doch dieses Jahr wird wohl nichts mehr daraus. Erst einmal muss ich wieder zu Hause ankommen. Weiterhin gibt er mir die Empfehlung auf der österreichischen Salzachseite in Oberndorf die Stille Nacht Kapelle zu besuchen. In der Vorgängerkirche (Pfarrkirche St. Nikolai) von Oberndorf wurde 1818 erstmals das Weihnachtslied „Stille Nacht, Heilige Nacht“ vom Hilfspfarrer Joseph Mohr (Liedtext) und vom Lehrer Franz Xaver Gruber (Melodie) öffentlich aufgeführt.

Gleich in der Nähe der Stiftskirche gibt es eine Fußgängerbrücke und diese nutze ich. Nun folge ich dem Salzachbogen und erreiche schnell den Zugang zur Kapelle. Vor der kleinen Kapelle steht ein Denkmal der beiden Urheber des Liedes. Der Platz vor der Kapelle hat sinnigerweise den Namen „Sille Nacht-Platz“ und dort steht selbstverständlich auch ein Stille Nacht- und Heimatmuseum. Von einem Einheimischen erfahre ich, dass zur Weihnachtszeit bis zu 30 Busladungen Touristen kommen.

Von der Kapelle aus laufe ich weiter am Ufer des Salzachbogens entlang bis zur prächtigen Salzachbrücke und überquere diese wieder zur Laufener Seite. Auf dem Marienplatz mache ich meine Mittagspause. Es ist inzwischen so warm geworden, dass ich bereits bei der Kapelle die Jacke ausgezogen habe. Hier auf einer Bank genieße ich die noch kräftig scheinende Herbstsonne.

Vom Marienplatz aus suche ich den Abstieg zur Salzach und finde diesen nach einigen Wirren, überquere einen kleinen Nebenarm und bin wieder am Ufer der Salzach. Der Weg ist eher ein Pfad unmittelbar neben dem Fluss. Ein bisschen blendet mich die tief stehende Sonne. Ich genieße dieses herbstlich schöne Wetter mit fast bayerisch blauweißem Himmel. Dazu die atemberaubende Fernsicht auf die Berge der Alpen.

Mein Weg unmittelbar am Rande des Flussufers entspricht nicht mehr der Naviroute. Dann sehe ich vor mir weiter unten direkt am Flussrand viele Holzpflöcke aus dem Wasser ragen. Davor auch einige vom Hochwasser aufgeworfene Betonplatten. Bei den Betonplatten handelt es sich um den ehemaligen Fuß- und Radweg. Das Hochwasser hat sich inzwischen viel Ufer genommen, daher auch die Naviabweichung.

Mein Pfad entfernt sich im Bogen von der Salzach und ich laufe auf einem Damm neben einem Seitenarm entlang. In der Nähe höre ich wieder die B20 mit ihren Fahrgeräuschen. Schließlich bin ich wieder auf einem Radweg neben der Bundesstraße unterwegs. Zeitweise verdeckt und trennt eine Baum- und Buschreihe die Fahrbahn. Dann endet der Radweg und ich unterquere die B20 zur anderen Seite. Ein vorbeilaufender Jogger bestätigt mir, dass dieser Weg wieder zur Salzach führt. Im naheliegenden Wald stehe ich auf einem wenig begangenen Pfad nach einiger Zeit vor einem unüberwindlichen Tümpel. Wieder einmal zurück und einen anderen Weg suchen, den ich schließlich auch finde. Nun dauert es nicht mehr lange und ich stehe wieder an der Salzach.

Nach etwa 2 ½ Kilometer verlasse ich endgültig die Salzach und biege nach Freilassing ab. Schnell erreiche ich den Gasthof im Stadtteil Salzburghofen. Als ich den gut besuchten Gastraum betrete, wird es schlagartig still und alle Augen richten sich auf mich. Ich schiebe mich vollbepackt zwischen den Sitzreihen zum Tresen durch. Doch dort ist niemand. Die Wirtin taucht plötzlich von der Eingangstür her auf und so muss ich mich wieder durch die Reihe mühen. Von einer älteren Frau höre ich noch: „Nicht so schnell junger Mann.“ Jedenfalls verstehe ich das so :-P.

Nach dem Duschen gehe ich wieder in den Gastraum und setze mich an den einzigen freien Tisch. Nun habe ich sofort die ungeteilte Aufmerksamkeit und werde interessiert gleichzeitig von mehreren Anwesenden ausgefragt. Nicht immer verstehe ich, was man mich fragt. Die ältere Frau wiederholt langsam in ihrem vermeintlichen Hochdeutsch die Fragen zu übersetzten. Mir macht diese Unterhaltung Spaß und den Einheimischen wohl auch. Wir lachen viel. Als sie schließlich hören, dass ich bereits seit Ostern unterwegs bin und etwa 3600 Kilometer hinter mir habe, murmelt die ältere Frau: „Maria hilf, Maria hilf“, den Rest im undeutlichen Bayerisch verstehe ich nicht. Mit der Zeit ebbt unser Gespräch ab.