198. Etappe: 14. November 2013

Sasbach – Rheinhausen  16,9 km

Wieder ist nicht leicht ein Einzelzimmer zu buchen. Ich bin in der Nähe des Europaparks in Rust. Es werden fast nur Ferienwohnungen angeboten und bei den Pensionen und Gästehäusern nur Doppel- und Mehrbettzimmer, genau passend für die Besucher des Parks. Wanderer sind hier hoffnungslos in der Minderheit und das bringt wohl auch kein Geld. In einem Internetportal stoße ich auf ein Appartement. Hier ist der Preis für das Appartement fest und akzeptabel. Lediglich das Frühstück fehlt, dafür gibt es ein Thairestaurant.

Auf dem Weg über den Hof zum Frühstück nieselt es leicht. Doch beim Verlassen des Gasthofes ist es wieder trocken. Ich folge heute einem Radwanderweg mit dem Namen „Veloroute Rhein“. Glücklicherweise schlängelt er sich abseits des zur Zeit langweiligen Rheins. Ich laufe mehr durch Obstplantagen als durch Weinfelder. Der Nebel bedeckt die Landschaft mit einem leichten Schleier. Nur die nähere Umgebung ist gut erkennbar. In der Ferne sehe ich die Berge nur in schwachen Umrissen. Es ist kalt und wieder bin ich mit Mütze und Handschuhe unterwegs. Auf den kleinen Straßen und Wirtschaftswegen begegnet mir niemand. Der eigentlich für gestern geplante Zielort Wyhl liegt nun vor mir, doch von seiner schlechtesten Seite. Ich nähere mich Kränen, Silos und Lagerhallen. Es ist das Gewerbe- und Industriegebiet von Wyhl. Als ich es erreiche, sind mehrere neue Hallengebäude darunter, dann aber folgen wieder ältere Bauwerke und bei einer Einfahrt zu einer Mechanischen Werkstatt mache ich eine Pause. Nun ist die Stunde meines neuen, alten Isomattenzuschnitts gekommen. Es ist ein Betonsockel, auf dem ich mich setzte. Mein Hintern bleibt warm, nur sonst ist es mir nach kurzer Zeit zu kühl. Ich muss wieder weiter und mich bewegen. Den Ortskern erreiche ich nicht, es geht am Ortsrand, an einer Neubausiedlung vorbei. Danach biege ich wieder einmal auf eine Landstraße ohne Radweg ab. Dies nur für eine kurze Zeit und dann hat mich die Einsamkeit eines Wirtschaftswegs wieder eingeholt.

Kurz vor Weisweil finde ich die erste Bank. Jetzt lässt sich, wenn auch nur immer wieder für einen kurzen Moment, die Sonne blicken. Ich telefoniere mit einem ehemaligen Arbeitskollegen, als vor mir ein Auto einbiegt und zwei Schäferhunde davor laufen. Ich werde Zeuge des modernen „Gassifahrens“. Mein Telefonat hindert mich, diese neue Variante des Gassigehens fotografisch festzuhalten. Wenn das in Zukunft um sich greift, oh arme bewegungslose Gesellschaft. Dann später stöhnen und sich über die vielen Pillen, fürs Herz, gegen den Bluthochdruck und gegen den Blutzucker, beschweren.

In diesem Zusammenhang fällt mir sofort wieder ein dicker Wirt ein, der zurückgelehnt im Stuhl saß, jedoch mehr lag als saß. Seinen Schmerbauch vor sich herstreckte, dabei die breiten Hosenträger verrutscht seitlich neben dem Bauch lagen und zu seinem Sitznachbarn sprach: „Kann man die vielen Pillen nicht durch homöopathische Mittel ersetzten?“ Mir kam dabei sofort in den Sinn: „Trink und esse nicht soviel!“ Dazu noch etwas Bewegung, das hilft auch!“ Ich drücke es hier etwas vornehmer aus, als es mir tatsächlich zu diesem Zeitpunkt in den Sinn kam :-).

Nur noch in Weisweil begegnen mir ein paar Mütter mit ihren Kindern, dann bin ich wieder alleine unterwegs. Noch vor Rheinhausen ziehen dunkle Regenwolken auf. Ich riskiere es und verzichte den Poncho rauszuholen. Oberhausen, ein Ortsteil von Rheinhausen, durchlaufe ich am Rand, dann erreiche ich endlich den Zielort Niederhausen. Als ich vor dem Thairestaurant stehe, ist es verschlossen. „Es fängt gut an,“ denke ich! Doch der Anruf sorgt schnell für Abhilfe und ich betrete ein geräumiges und modernes Appartement. Es gibt zwei Schlafzimmer, ein Bad und der Flur ist gleichzeitig auch Küche. Hier steht ein Kaffeeautomat. Kaffeebohnen sind drin und kostenlos zu nutzen.

Der einzige Wermutstropfen, dies merke ich erst zur Nachrichtenzeit, der SAT-Receiver ist total verstellt und zu keiner Anzeige bereit. Für mich nicht so schlimm, es geht auch ohne.

Heute genieße ich ein leckeres Thaigericht, dann geht es zurück ins Appartement. Ich plane für die nächsten zwei Tage und buche bereits auch. Am Samstag werde ich Kehl am Rhein erreichen. Strasbourg auf der anderen Rheinseite werde ich jedoch nicht besuchen. Dort war ich erst vor einem Jahr. 

197. Etappe: 13. November 2013

Breisach – Sasbach am Kaiserstuhl  18,8 km

Eigentlich hatte ich meine heutige Etappe bis Wyhl geplant, doch dort finde ich keine Unterkunft. Auch im Ort danach sieht es nicht besser aus. Erst in Rheinhausen gibt es wieder etwas. Das ist aber deutlich über 30 Kilometer und so konzentriere ich mich rückwärts. In Sasbach werde ich schließlich fündig.

Als ich die Pension verlasse, ist es kalt und bewölkt. Mein erster Weg, wenn schon in der Straße Rheinufer, gilt, natürlich dem Rhein. Dort ist noch nichts los. Am gegenüberliegenden Ufer gibt es eine Zusammenkunft der Schwäne. Vom Rhein muss ich zurück auf die Hafenstraße. Diese führt mich zunächst durch das Gewerbe- und Industriegebiet von Breisach. Vorbei geht es an große Speichersilos, Lagerhallen, Betonfabrik mit dem Namenszusatz „Beton & Design“. Ich sehe aber nur Betonklötze in einfachen Formen. Es folgen Autohändler und Baumarkt. Dann neben einer Großen und inzwischen in die Tage gekommenen Lagerhalle entsteht eine Eventhalle. Auf der gegenüberliegenden Rheinseite wieder Silos irgendeiner Fabrik. Diese Eventhalle hat das ideale Umfeld zum Feiern :-). Wahrscheinlich kann man hier bis in die Nacht ohne Rücksichtnahme lärmen. Das ist aber auch das einige Schmankerl in dieser tristen Umgebung.

Danach biege ich Richtung Rhein ab, doch zunächst geht es noch an einem duftenden Klärwerk vorbei und durch den Wald, bis ich endlich den Rhein erreiche. Der Weg hinter dem Damm führt an einem kleinen Bachlauf mit Waldgebiet entlang. Wald habe ich schon genug gesehen und so steige ich hoch auf den Damm, um wenigstens den Rhein und die gegenüberliegende französische Uferseite zu sehen. Eine leichte Enttäuschung macht sich bei mir breit. Der Rhein ist hier noch recht schmal und noch wirkt alles auch hier oben ziemlich triste. Auf der französischen Seite nur Bäume und der Rheinverlauf wirken auf mich irgendwie begradigt. Dazu liegen noch in der Ferne leichte Nebelschwaden auf dem Rhein.

Vor mir in einiger Entfernung zwei Gassigeher mit drei Hunden. Ansonsten ist hier nichts los. Nach einiger Zeit verschwinden auch die Gassigeher. Nun bin ich alleine. Lange Zeit begegnen mir weder Radfahrer noch Fußgänger. Zu allem Übel gibt es auch keine Bänke. Hier kommen wohl nur Radfahrer im Sommer vorbei und für die sind keine Bänke vorgesehen.

In der Ferne sehe ich ein den Damm überspannendes Transparent. Was es bedeutet, erkenne ich zunächst nicht. Als ich es erreiche, verweigert es mir den Durchgang mit Bußgeldandrohung. Hier erfolgen Baumfällarbeiten. Die Arbeiter waren wohl zu faul das Transparent etwa einen Kilometer weiter bei einer kleinen Brücke über den Bach aufzustellen. Dann hätte ich es wohl akzeptiert, so aber laufe ich weiter. Jetzt bin ich zu faul nochmals einen Kilometer zurückzulaufen! Ich nähere mich zwei Attrappen. Beim Näherkommen sind es jedoch Personen, sie bewegen sich für mich nicht erkennbar. Auf der anderen Bachseite versucht gerade ein Waldarbeiter die Kettensäge anzuschmeißen. Doch die streikt zumindest, bis ich an den Personen vorbei bin. Man beachte mich überhaupt nicht. Gut, dass ich nicht zurückgegangen bin. Alles wäre nur unnötige Latscherei gewesen. Dann erreiche ich das zweite Transparent und hier gibt es auch eine Brücke. Vermutlich haben die Aufsteller hier in der Nähe ihr Fahrzeug geparkt. Laufen st heute nicht mehr angesagt!

Dann nähere ich mich einem Teich und einer Kies- und Sandfabrik. Hier ziehe ich mein Smartphone-Navi zusätzlich zurate und sehe, hier kann ich schräg über Burkheim und Jechtlingen meinen Zielort erreichen. Vielleicht finde ich hier etwas Abwechslung. Der Rheinverlauf ist momentan nur langweilig und ohne Abwechselung.

Unterwegs auf dem Weg nach Burkheim, vorbei an einem Badebereich des Baggersees, begegne ich einer Spaziergängerin und unterhalte mich einige Zeit mit ihr. Sie unternimmt öfters Touren bis zu 15 Kilometer in der Umgebung, erzählt sie mir. Weiter geht es nach Burkheim. Bei einem Antiquariatsmarkt für alte Gartenmöbel stehen verführerisch zwei massive Holzbänke. Den Mann davor, es ist der Inhaber des Antiquariatsmarktes, frage ich, ob ich hier eine Pause machen darf. Ja, ich darf und bekomme als Sitzunterlage ein Lammfell angeboten. Nun sitze ich warm und bequem und wir sind schnell im Gespräch. Auch er macht ab und zu längere Wanderungen. Dazu gehört auch eine Alpenüberquerung bis nach Venedig und in der letzten Zeit öfters auch Wanderungen in den vor der Haustür liegenden Vogesen. Dann bietet er mir an eine Sitzunterlage zuzuschneiden. Er hat noch eine alte Isomatte. Natürlich nehme ich an. Wir schneiden sie gerade so groß, dass mein Allerwertester darauf Platz hat. Es folgt eine Einladung zu einer Tasse Tee und einer Apfelschorle im warmen Inneren. Neben mir ein alter eiserner Kohle- und Holzofen. Immer wieder befeuert er ihn mit Holzscheite. Es ist gemütlich warm. Aus einem Tee werden zwei Tassen und wir plaudern weit über eine Stunde miteinander. Es war angenehm und unterhaltsam. Bei so einer Plauderei vergesse ich gerne die Lauferei. So etwas ist das Salz in der Suppe bei meiner Umrundung.

Er empfiehlt mir unterhalb der Burg links wieder zum Rhein und von dort nach Sasbach zu laufen. Doch vom momentan tristen Rhein habe ich genug gesehen und werde in den nächsten Tage an ihm noch viele Kilometer weiterlaufen. Ich entschließe mich, weiter an der Straße entlang zu laufen. Zunächst geht es durch den netten kleinen Ort unterhalb der Burg, dann bin ich auf der Landstraße. Je weiter ich laufe, um so tiefer bin ich im Weinanbaugebiet des Kaiserstuhls. Um mich herum Weinfelder und –hänge. Alles überwiegend in gelben Farbtönen getaucht. Dabei etwas Grün und Braun. Das Gelb der Obstbäume erstrahlt im herrlichen Gelb, obwohl sich die Sonne überhaupt nicht blicken lässt. Ich bin froh diesen Weg gewählt zu haben.

Die Straße ist an einigen Stellen unangenehm zu laufen, doch inzwischen habe ich mir ein dickes Fell angeeignet und genügend Gottvertrauen. Auch die Passagen überstehe ich und erreiche schließlich Sasbach und den Gasthof mit Pension. Als ich den Gastraum betrete, empfängt mich eine Ausstattung der 60er Jahre, doch irgendwie gemütlich. Die meisten Tische sind belegt. Das Gästehaus ist über den Hof erreichbar und modern eingerichtet. Ebenso auch das Zimmer.

Nach dem Duschen begebe ich mich wieder in den Gastraum. Bestelle ein Gericht mit Spätzle und dazu einen Rote aus Sasbach. Das Essen ist gut und reichlich und der Wein schmeckt vorzüglich. Hier arbeite ich noch, bis mein Notebook-Akku streikt.

195. Etappe: 11. November 2013

Titisee – Freiburg im Breisgau (Mit Bahn unterwegs)

Am gestrigen Abend versuche ich Alternativrouten durchzuplanen. Immer muss ich zunächst noch höher bis auf knapp unter 1000 Meter. Erst dann geht es wieder runter. Alle Routen führen durch den Wald auf Waldwegen und nicht auf Wirtschaftswegen Richtung Freiburg. Die einzige Möglichkeit dem Schnee zu entgehen, führt an der Straße entlang, davon größtenteils an der Bundesstraße B31. Nach meiner Karte gibt es teilweise einen Weg in der Nähe der Straße, sicher ist das aber nicht. Gibt es diese Wege nicht, bewege ich mich auf einer stark befahrenen Straße. Die Straßen verlaufen in Serpentinen abwärts. Noch bin ich nicht sicher, welche Alternative ich wählen werde.

Am heutigen Morgen entschließe ich mich keine der gestrigen Alternativen zu wählen, sondern mit der Bahn nach Freiburg zu fahren. Mit der Gästekarte geht das kostenlos.

Im Hotel in Freiburg lese ich, dass es mit Schneebeginn ein Chaos im Hochschwarzwald gab. Viele Autofahrer konnten am ersten Tag damit nicht umgehen. Es kam zu zahlreichen Unfällen. Und ich als Fußgänger an der Straße wäre dann mitten im Geschehen unterwegs. Kein wirklich schöner Gedanke. Meine Entscheidung war richtig gewesen.

Nun beginnt die Suche nach einer Unterkunft. Scheinbar einfach, doch ich komme bereits am Vormittag an. Das frühste Einchecken ist um 14 Uhr, oft auch erst um 15 Uhr. Übrig bleibt ein kleines Hotel in der Nähe des Rathauses. Über ein Suchportal im Internet ist ein Einchecken auch früh möglich. Sicher ist sicher und ich rufe direkt dort an. Dort wird mir das Zimmer zehn Euro teurer und mit einer frühsten Belegung ab 14 Uhr angeboten. Also buche ich über das Internet und rufe nach Mitteilung der Buchungsnummer nochmals dort an. Jetzt ist das Zimmer auch bereits ab 10 Uhr belegbar.

Noch vor dem Frühstück schneit es wieder. Inzwischen liegt eine etwa zehn Zentimeter dicke Schneedecke. Als ich kurz vor 10 Uhr die Pension verlasse, hat es aufgehört zu schneien. Die Fahrt nach Freiburg erfolgt mit der Höllentalbahn. Dass es fast 600 Meter abwärtsgeht, merkt man. Die Bahn fährt beständig bremsend talabwärts. In Himmelreich – auch da bin ich nun zu Lebzeiten gewesen 🙂 – ist der erste Stopp und der Schnee ist verschwunden, es folgen Kirchzarten und Vororte von Freiburg. Dann erreiche ich den Hauptbahnhof von Freiburg. Von hier ist der Rathausplatz und in unmittelbarer Nähe davon mein Hotel schnell erreicht.

Es ist einiges los auf dem Rathausplatz. Etliche Personen warten mit bunten Kappen auf irgendein Ereignis. Seitlich am Rathaus steht ein Pferdewagen, darauf positioniert eine TV-Kamera. Am Brunnen wartet ein Bierfass auf den Anstich. Ich frage irritiert nach dem Grund dieses bunten Treibens. Und erhalte als Antwort: „Es ist der 11.11 und um 11:11 Uhr wird der traditionelle Fastnachtsbeginn ausgerufen.” Wenige Augenblicke später, pünktlich um 11:11 Uhr, geht es los. Es erfolgt eine Ansprache, dann die Zweite vom Vertreter des Oberbürgermeisters und dann der Bieranstich. Zu trinken bekommen aber nur ein paar Auserwählte, ich gehöre nicht dazu.

Unmittelbar danach begebe ich mich ins Hotel und kann auch gleich mein Zimmer beziehen. Es ist ein geräumiges und modern eingerichtetes Zimmer. Nur kurz halte ich mich dort auf, dann geht es auf einen Streifzug durch die Altstadt. Natürlich gehört auch das Freiburger Münster dazu. Hier steige ich etliche Stufen zum Turm hoch. Kurz vor dem Ziel muss ich noch Eintritt bezahlen. Geschickt gelöst, jetzt erst die Kasse, jeder will nun weiter und zahlt. Oben angekommen ist hier eine Baustelle und Gitter versperren den sonst freien Blick über die Stadt.

An einem französischen Wurststand vor dem Münster kaufe ich mir aus purem Appetit eine Salami mit Roquefort. Salami gibt es in den verschiedensten Variationen und Zutaten. Ich muss mich zurückhalten, nicht noch weitere Würste zu kaufen. Dann geht es zurück ins Hotel.

Dort beginnt nun die Neuplanung meiner weiteren Etappen. Ursprünglich wollte ich den Kandel Höhenweg ab Freiburg laufen. Doch der führt mich wieder in den Schwarzwald und es geht wieder auf über 800 Meter. Als Alternative kommt nur noch der Weg am oder in der Nähe des Rheins infrage. Dort bin ich dann in unmittelbarer Nähe zu Frankreich.

Abends gegen 20:30 Uhr bekomme ich Hunger und so begebe ich mich in die Altstadt. Doch hier scheint man um diese Zeit die Bürgersteige hochzuklappen. Ich finde nur geschlossene Gasthöfe und Restaurants. Bei einem Imbiss, auch dort wird bereits der Feierabend eingeläutet, erhalte ich noch eine der letzten Bratwürste.