91. Etappe: 19. Juli 2013

Rostock – Warnemünde – Graal-Müritz  14,3 km

Um 6 Uhr holt mich der Wecker einigermaßen ausgeruht aus dem Schlaf. Kurz danach setzte ich mich an den Bericht vom Pausentag in Rostock und der Bearbeitung der Bilder. Danach geht es an das Packen des Rucksacks und zum Bezahlen. Schließlich begebe ich mich doch wieder zu spät zur nahe gelegenen Straßenbahnhaltestelle. Es ist bewölkt, windig und etwas kühl. Dann geht es mit der Straßenbahn zum Hauptbahnhof und von dort wieder mit der S-Bahn nach Warnemünde. Gleich am Bahnhof von Warnemünde muss ich eine Unterführung durchqueren und bin bereits am Fährhafen. Doch was ich zunächst sehe, ist ein riesiges Kreuzfahrtschiff, die „AIDA bella“. Völlig unscheinbar nebendran liegt meine Fähre nach Hohe Düne, dem Ort auf der anderen Seite. Ich betrete gerade noch rechtzeitig die Fähre und schon starte sie. Es ist eine kurze Überfahrt und dann stehe ich am Startpunkt meiner heutigen Etappe.

Nach etwa 300 Metern versuche ich vom Radweg neben der Straße wegzukommen und laufe zum Strand. Doch leider gibt es hier keinen Weg längs des Strandes. Also zurück und weiter auf dem Radweg.

Am Ende des Ortes Hohe Düne beginnt ein Marinestützpunkt und der kommt mir riesig vor. Ich laufe endlos an einem Zaun, immer wieder mit etwa diesem Hinweis: „Militärisches Gelände. Betreten verboten. Vorsicht Schusswaffengebrauch“. Das Gelände erstreckt sich über fast zwei Kilometer. Danach beginnen wieder große Parkplätze für Badegäste, doch bei diesem Wetter sind nur wenige Plätze belegt. Bei einer Imbissbude mache ich meine Frühstückspause. Inzwischen hat der Wind heftig zugenommen. Der Müllbehälter neben der Bude wird vom Wind erfasst und einige Meter verschoben. Mir wird es ein bisschen mulmig bei dem Gedanken ans heutige Zelten.

Von der Imbissbude ist es dann nicht mehr weit und ich kann den Radweg endlich bei Markgrafenheide über einen Parkplatz verlassen. Mein Weg führt mich durch den Wald vorbei an einer Feriensiedlung und dann bin ich wieder am Strand. Das Meer ist sehr aufgewühlt vom Wind und Welle um Welle rollt schäumend zum Strand. Die Strandwache mit freiwilligen Helfern des Roten Kreuzes hat bereits die rote Flagge gehisst. Das bedeutet, wie ich später erfahre: „Das Baden ist verboten“.

Von diesem Stützpunkt führt nun ein mit Platten ausgelegter Weg oberhalb des Strandes weiter in Richtung meines heutigen Zieles. Beim nächsten Stützpunkt spreche ich einen jungen Mann dort an.

Bei meiner Frage nach der roten Flagge erhalte ich die Auskunft: Badeverbot. Dann erklärt er mir die Gefährlichkeit und den Sinn des Verbotes. Wenn sich Badegäste nicht daran halten, hat er jedoch keine Handhabe das Baden zu verhindern. Er kennt das Meer seit seiner Kindheit. Durch die starken Wellen entsteht auf dem Meeresboden, auch im flachen Bereich, eine Sogwirkung und kann den Badenden von unten die Beine wegziehen. Ungeübte können ertrinken. Wenn noch bei diesem Sturz die Person gegen die seitlichen Absperrungen, die Buhnen, schlägt, ist es auch für geübte Schwimmer sehr gefährlich.

Er fragt mich nach dem Gerät – meinem GPS-Gerät – am Rucksack. Ich antworte ihm und so kommen wir weiter ins Gespräch. Er findet meine Wanderschaft „cool“. Ein bisschen freut es mich, auch bei jungen Leuten Anerkennung zu bekommen und deren Interesse zu wecken.

Er ist 18 Jahre alt und hat gerade sein Abi hinter sich. In Rostock möchte er Maschinenbau studieren. Hier arbeitet er gerne als Freiwilliger und ist stolz auf seine schöne Heimat. Ich kann das sehr gut verstehen.

Nur noch für kurze Zeit ist der Weg durch die Dünen mit Platten belegt, dann muss ich wieder durch losen Sand laufen. Die Landschaft links mit dem aufgewühlten Meer, mein Sandweg durchs wehende Gras und rechts das Sumpfgebiet, umgeben von Schilf, Gras und Büschen ist einfach wunderschön. Nach und nach wird mein Weg schmaler und umwuchert von kleinen Büschen mit silbergrün schimmernden Blättern oder auch von Sanddornbüschen.

Nur noch vereinzelte Badegäste laufen am Strand entlang. Dann bin ich alleine in dieser fantastischen Landschaft. Überall zwischen den Sträuchern stehen kleine blaue Blumen, häufig darauf auch gelbe oder gelb gemusterte Schmetterlinge. Leider bewegt der Wind immer wieder die Blumen und nur wenige Bilder gelingen mir. Dann plötzlich vor mir auf dem Boden ganz einsam und verloren eine wunderschöne kleine violettfarbige Blume. Sie ist sehr klein und hat sich ein bisschen versteckt zwischen dem Gras. Nur diese eine Blume entdecke ich, weitere haben sich meinem Blick entzogen. Ich bin froh, ein Foto von ihr gemacht zu haben. Dann wieder nur einige Meter weiter mehrere kleine Büschel mit goldgelben Halmen und den sternförmig ausgebildeten, ebenfalls goldgelben Halmköpfen. Ich bin begeistert von diesen Entdeckungen.

Meine Bitte an Euch/an Sie, wenn ihr/sie diese Blumen und Pflanzen kennen, ich würde mich über den Namen dieser Blumen und Pflanzen freuen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, ich habe nur sehr geringe Kenntnisse von all den schönen Pflanzen und Blumen.

Voll von diesen schönen und intensiven Eindrücken mache ich etwas versteckt im Gras und zwischen Büschen eine ausgedehnte Pause. Dieser schöne Platz ist ziemlich windgeschützt und nur das Rauschen des Meeres dringt an mein Ohr.

Nach meiner langen Pause laufe ich mal auf einem schmalen Dünengrad und mal auf einem breiten Streifen entlang des Strandes. Es wäre wundervoll, würde mein weiterer Weg an der Ostsee noch lange durch so eine traumhafte Landschaft verlaufen. Schon von Weitem erkenne ich den abgestorbenen und rindefreien Baum und dahinter einen Wald. Leider endet damit dieser Dünenabschnitt. Ein bisschen enttäuscht bin ich, weg von diesem Weg in den Wald abzubiegen.

Doch schon der Eintritt in den Wald verspricht viel. Zunächst durchlaufe ich einen Mischwald, doch bald überwiegen die Birken am Wege. Fasziniert beobachte ich das Lichterspiel durch Sonnenstrahlen erleuchtete, hellgrün erscheinende Farnblätter. Hier habe ich wieder auf dem federnden Waldboden meine Nordic Walkingstöcke im Einsatz. Ich bin total abgelenkt von diesen Eindrücken, dann plötzlich auf dem Weg ein roter Farbtupfer, so gar nicht hierhin gehörend: „Ein roter BH“ und wenig später der passende Slip dazu. Strandgut, wenn auch ein wenig vom Strand entfernt. Nach und nach wird der Wald wieder lichter und ich wechsele wieder von der Steilküste runter zum Strand.

Die Wellen mit ihren schäumenden Wellenkronen wälzen sich heftig zum Strand. Das Laufen im Sand ist wieder beschwerlich, doch der Blick zum Meer mit den ständig anrollenden Wellen, der Strand und die vor mir liegende Steilküste wiegen die Anstrengung auf. Nach und nach tummeln sich mehr Badegäste am Strand. Öfters muss ich im Bau befindliche Sandburgen umgehen. Dann bin ich auf der Höhe des Campingplatzes.

Direkt nach dem Strand stehen die ersten Zelte und belegt jungen Leute. Hier ist mächtig Stimmung, laute Musik ertönt und ein Stimmengewirr empfängt mich. Hoffentlich lande ich nicht hier mit meinem zugewiesenen Stellplatz. Mehrfach muss ich mich durchfragen, bis ich in der Nähe der Rezeption bin. Dann bei den sanitären Anlagen ertönt plötzlich ein Schrei. Markus, Silke, Malte und Hanne, die Familie aus Hamburg ist ebenfalls hier. Zusätzlich dabei ist Ulrike, auch aus Hamburg. Sie hat mich unterwegs schon gesehen und ist alleine mit dem Rad bis nach Usedom unterwegs. Nach der freudigen Begrüßung und der Hinweis, wo ich mein Zelt aufstellen kann, ziehe ich weiter zur Rezeption.

Zeltaufbau und einräumen flutscht jetzt. Danach kaufe ich kurz ein und dann suche ich nach einem Arbeitsplatz mit Steckdose. Ich werde bei einer Eisdiele in der Nähe schnell fündig. Hier verbringe ich dann einige Zeit mit den Vorbereitungen für meinen Weblog. Was ich jedoch vergesse, ist das Notebook an die Steckdose anzuschließen. Auch die leeren Akkus für das GPS-Gerät liegen ungeladen im Rucksack, und ebenfalls vergesse ich das Smartphone aufzuladen. Kurz bevor es dunkel wird, meldet sich mein Notebook mit Akkualarm. Schluss für heute!

Zurück im Halbdunkeln durch den Zeltplatz, es ist ein Slalom zwischen den Zelten hindurch. Überall Spannschnüre im Weg und diese immer wieder übersteigend, erreiche ich das markant gelbfarbige Zelt von Markus und Silke. Mein winziges Zelt steht dahinter. Von Markus werde ich zu einem Glas, heute ein Becher, Rotwein eingeladen. Wir lassen den schönen Tag erst gegen 0:30 Uhr ausklingen. 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert