232. Etappe: 21. Dezember 2013

Nauheim – Darmstadt (wieder zu Hause)  27,3 km

Die Nacht habe ich schlecht geschlafen. Ob es das nahe Ende meiner langen Wanderschaft ist oder die weiche Matratze, ich weiß es nicht. Jedenfalls brauche ich keinen Wecker, ich bin bereits um 5:00 Uhr wach. Noch eine Zeit lang bleibe ich im Bett und nun kreisen meine Gedanken um das Ende der unglaublich schönen, manchmal auch anstrengenden Wanderschaft.

Ich fühle mich großartig und habe eigentlich keine Verschleißerscheinungen. Vielleicht brauche ich die eine oder andere Pause mehr. Doch zuletzt habe ich ja bewusst nicht den einfachen, sondern den anstrengenden Weg über die Berge und Täler an der Mosel und am Rhein gewählt. Doch noch immer kann ich auch am Ende einer Etappe zulegen. Das musste ich zuletzt des Öfteren, um im Hellen am Etappenziel anzukommen. Nach einer kurzen Regeneration am Abend bin ich schnell wieder fit. Die lange Wanderung hat seine positiven Spuren hinterlassen.

Was erwartet mich bei der Ankunft? Schaffe ich es pünktlich beim Lauftreff zu sein? Wie fühlt es sich danach wieder an ohne das Tägliche weiter? Fragen über Fragen. Eines weiß ich aber ganz genau, ich freue mich auf die Familie und ganz besonders auf meine Enkel. Gegen 6:30 Uhr stehe ich endlich auf. Kurz nochmals duschen und dann packe ich ein letztes Mal meinen Rucksack. Das ist inzwischen Routine geworden. Alles hat seinen Platz in verschieden farbigen und verschieden großen Plastikbeutel. Selbst diese haben im Rucksack ihren festen Platz.

Um 7:30 Uhr gehe ich zum Frühstück. Ich bin der Einzige im Restaurant. Der zweite Gast, wie ich jetzt erfahre, möchte erst gegen 9 Uhr frühstücken. Später wird mir klar, auch ich hätte zu dieser Zeit frühstücken können. Doch der Gedanke pünktlich beim Lauftreff einzutreffen, hat mich getrieben.

Um 8:30 Uhr verlasse ich den Gasthof. Draußen empfängt mich mit Kälte ein bewölkter Morgen. Glücklicherweise ist es trocken. Ich muss heute nicht hetzen, nur zügig voran schreiten. Durch den nächtlichen Bodenfrost sind die Wege teilweise noch mit Raureif bedeckt und leicht rutschig.

Schnell habe ich Nauheim verlassen und bin auf einem unbefestigten Weg links neben den Bahngleisen unterwegs. Doch dieser endet nach einiger Zeit abrupt bei einem Bach. Zurück kommt nicht infrage und so klettere ich hoch zu den Bahngleisen. Weit und breit keine Bahn in Sicht. Schnell überquere ich die Brücke über den Bach und danach die Gleise. Auf der anderen Seite habe ich nun einen asphaltierten Wirtschaftsweg. Es folgt ein Gewerbegebiet, heute am Samstag wie ausgestorben. Eine viel befahrene Landstraße tangiere ich nur und mache schließlich einen Schlenker weg von dieser Straße. Neben dem Gehweg Unmengen von Müll. Diese geballte Menge an Unrat auf gerade mal 100 – 200 Meter erzeugt Wut in mir. Was geht in den Menschen vor, die die Landschaft als Müllhalde nutzen? In diesem Moment wünsche ich mich zurückversetzt auf die langen Wege in der Natur abseits der Großstädte und ohne Müll. Denn das gibt es glücklicherweise auch noch.

Ich durchlaufe den Randbereich der Kreisstadt Groß Gerau und erreiche schließlich wieder die Landstraße, jedoch auf einem getrennten Fuß- und Radweg. Kaum habe ich die Kreisstadt verlassen bin ich auf Wirtschaft- und Feldwegen durch landwirtschaftliche Nutzflächen unterwegs. Die Bauern waren noch vor Kurzem hier fleißig bei der Arbeit. Neben mir immer wieder frisch gepflügte Felder. Ich bewege mich nur noch auf völlig vermatschten Wegen Richtung Büttelborn. Diesen Ort tangiere ich kurz und bin dann wieder einsam durch die Felder unterwegs. Dann ein ernstes Hindernis. Die einzige Unterführung unter der Bahntrasse steht unter Wasser. Ich lote die Tiefe aus, meine Stöcke sind bis zu 20 cm unter Wasser. Nur ein schmaler matschiger Streifen unmittelbar an einer der Wände ist begehbar. Ich versinke trotzdem ein paar Zentimeter im Matsch. Es folgt das nächste Hindernis, ein frisch gepflügtes Feld. Hier kämpfe ich mich am schmalen unbehandelten Rand neben einer Hecke entlang. Ganz ohne in den umgepflügten weichen Boden zu treten, geht auch das nicht ab. Auch die nun folgenden asphaltierten Wege sind mit einer dünnen schmierigen Lehmschicht bedeckt. Das Laufen abseits der Straßen macht heute nicht wirklich Spaß. Gut, dass ich die Gamaschen anhabe. Sie zeigen im Wadenbereich deutliche Spuren meines heutigen Weges. Dann endlich einmal sorgen 14 Weißstörche vor mir im Feld für eine gelungene Abwechselung. Ich kann mich einige Zeit ungehindert ihnen nähern. Schließlich überschreite ich wohl die akzeptierte Grenze und alle fliegen ein paar Hundert Meter weiter.

Gegen 13 Uhr erreiche ich Griesheim. Viel zu früh und so kehre ich bei einem Italiener ein. Hier genieße ich in Ruhe ein Pastagericht. Meine Gedanken kreisen nun um das bevorstehende Treffen mit meiner Gruppe. Den richtigen Zeitpunkt zu erwischen ist gar nicht so einfach. Schließlich gegen 14:30 Uhr mache ich mich wieder auf dem Weg.

Ohne Uhr und ohne Kenntnis der Wegelänge schreite ich mit raumgreifenden Schritten auf dem schnurgeraden Eberstädter Weg Richtung unseres Lauftreffwaldes. Dabei überquere ich die A67 und erreiche schließlich die Schranke an der Landstraße. Diese Schranke ist immer wieder unser Gruppenziel bei Dunkelheit. Ich bin viel zu früh und so mache ich auf der kurz danach auftauchenden Bank eine längere Pause. Habe aber keine Ruhe, um nur tatenlos dort rumzusitzen und so laufe ich weiter. Unterwegs rufe ich kurz Brigitte an. Der Lauftreffstart steht noch bevor. Ich erreiche die vereinbarte Kreuzung. Dieser Treffpunkt hat für unsere Gruppe eine besondere Bedeutung.

Christl ein lebendes GPS, jeder auch noch so kleine Weg hier im Wald ist ihr vertraut. Sie braucht keine Uhr, sie kommt immer, auch bei unterschiedlichen Wegstrecken, pünktlich zurück. Doch auch das „lebende GPS“ hatte einmal bei Schneegestöber Orientierungsprobleme. Es war abends, alles hoch verschneit. Auch die Wegweiser waren keine Hilfe, sie waren ebenfalls zugeschneit. Jetzt half nur noch, dass Maria von Ludwig auf die Schultern genommen wurde und die Schilder freiräumen musste. Diese Episode ist immer wieder Gesprächsthema bei uns.  😛  😛

Ich schaue auf mein Smartphone und bin immer noch zu früh. Warten ist nicht mein Ding und so nutze ich die Zeit, noch etwas in Richtung Pfungstadt zu laufen. Unterwegs noch eine weitere Wartepause. Dann geht es wieder zurück zur vereinbarten Kreuzung. Doch noch immer sehe ich keine Gruppe und so laufe ich ihr entgegen. Zunächst bewegt sich ein dunkles schwankendes Etwas in der Ferne auf mich zu. Schon vom Weitem höre ich das fröhliche Hallo der Teilnehmer. Dann die für mich sehr bewegende Begrüßung nach so langer Zeit. Die ersten Fotos werden gemacht und weiter geht es zum zweiten Treffpunkt.

Jetzt geht Schlag auf Schlag. Unterwegs übernimmt Jens meinen Rucksack und wenig später gibt es die nächste Begrüßung mit Irmgards Jogginggruppe. Am „Hüttchen“ empfängt uns Jochem, unser Vorsitzender des Lauftreffs. Die Begrüßung mit Jochem fällt zusammen mit der gerade eintreffenden Nordic-Walking-Gruppe von Sigrid. 

Plötzlich meint Christl, es ist zu früh und wir müssen noch eine Ehrenrunde laufen. Da ich natürlich zusammen mit ihnen eintreffen möchte, bleibt mir nichts anders übrig der nun „Gas“ gebenden Gruppe zu folgen. Schnell vergessen sie, dass sie einen Wanderer dabei haben. Zwar trägt gerade Jens meinen Rucksack. Doch nach kurzer Zeit schwächelt er  😆 und der Abstand zur Gruppe wird größer. Ich übernehme wieder meinen gewohnten Rucksack. Er ist wie eine zweite Haut für mich geworden. Horst, Jens und ich kämpfen uns langsam wieder heran. Dann beginnt meine Überholaktion, denn schließlich bin ich heute die Hauptperson und sollte auch ganz vorne einlaufen. Ich war lange weg und die Gruppe muss sich wieder daran gewöhnen, dass ich in die erste Reihe gehöre und wieder das Tempo mitbestimme 😛 .

Schon von Weitem erkenne ich ein großes über den Weg gespanntes Spruchband. Die Ankunft ist überwältigend. Mit uns treffen weitere Gruppen ein. Kaum habe ich das Spruchband erreicht, kommen meine beiden Enkel Joelle und Jim angerannt. Das ist die schönste Begrüßung, die ich bekommen konnte. Nun folgen Noriko, Akane und Matthias. Dann gibt es noch viele herzliche Begrüßungen mit Teilnehmer(innen) des Lauftreffs. Diese schöne Begrüßung wieder in der Heimat werde ich nicht vergessen.

Nachdem die letzten Gruppen eingetroffen sind, hält Jochem, unser Vorsitzender, eine kleine Ansprache. Dabei weist er auf einen wichtigen Termin für mich hin. Am Montag, den 23.12.2013, muss ich zum TÜV. Es findet eine Untersuchung statt, ob ich irgendwelche Karosserieschäden oder Verschleißerscheinungen davon getragen habe 😆 .

Ein Büfett hat man auch vorbereitet und nun beginnt der lockere Ausklang meiner Wanderschaft. Viel Zeit dazu habe ich nicht. Es folgt das Interview mit Steffen Huss vom Darmstädter Echo über meine Wanderung. Verspätet erscheint auch der Pressefotograf und macht mehrere Fotos von mir. In dieser Zeit wird mein Rucksack des Öfteren Probe getragen. 

Ein herzliches Dankeschön an alle, die diesen Empfang vorbereitet haben und natürlich auch an alle, die mich wieder so herzlich in der Heimat begrüßt haben.

Schließlich kommen auch noch meine Tochter Michiko und Alex, sie waren wegen einer Hochzeit verhindert. Meine kleine Mina schläft im Auto, aber mein jüngster Enkel Kai begutachtet seinen unbekannten Opa. Ich habe ihn nur nach der Geburt und kurz vor dem Start einmal gesehen und dann noch einmal bei unserem Treffen in Passau. Das wird sich nun ändern.

Meine Wanderschaft ist erst zu Hause zu Ende und so schultere ich nochmals den Rucksack. Ziehe meine Stirnlampe an und gehe gemeinsam mit Noriko durch den mir vertrauten Wald die letzten zwei Kilometer bis nach Hause. Eine lange erlebnisreiche Wanderung mit unglaublich vielen und schönen Eindrücken endet ziemlich genau um 18 Uhr dort, wo sie vor 9 Monaten begonnen hat.

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230. Etappe: 19. Dezember 2013

Walluf – Mainz  14 km

Heute Morgen lasse ich mir Zeit. Bis nach Mainz ist es nur kurz, auch wenn ich um 14 Uhr einen Termin mit Lea Feldmann von der Allgemeinen Zeitung in Mainz habe. Als ich das Hotel verlasse, nieselt es und ich ziehe zur Vorsicht meinen Poncho wieder halb an.

Vom Hotel geht es auf der Werftstraße an der ev. Kirche vorbei und danach bewege ich mich bereits in einem Naturschutzgebiet in den Rheinauen. Mein Weg führt mich zwischen mehreren Teichen und Rhein entlang. Dann erreiche ich den Schiersteiner Hafen. Hier muss ich außen herum und lande schließlich vor einer großen Baustelle. Aus dem kleinen Schild mit Karte werde ich nicht schlau. Also laufe ich erst einmal in die Baustelle. Unterquere die Autobahn und stehe schließlich vor einem Bauzaun. Durchkommen unmöglich. Einen gerade ankommenden Spaziergänger auf der anderen Zaunseite spreche ich an. Er ist überhaupt nicht gut auf diese Baustelle zu sprechen. Am Anfang gab es keine Hinweise, dann nach Protesten der Anwohner das unübersichtliche Schild und eine Öffnung im Zaun. Und diese will er mir zeigen. Wir gehen also zusammen zu dieser Öffnung im Zaun. Doch leider ist diese Öffnung inzwischen mit einer Kette und einem Schloss wieder für den Durchgang versperrt. Ich muss zurück. Zuvor erklärt mir der freundliche Spaziergänger noch den Weg. Als ich schließlich wieder die Baustelle verlasse, kommt mir der Spaziergänger entgegen. Fast gleichzeitig hält ein kleiner Transporter mit zwei Personen der Baufirma an und die wollen mir helfen. Der Spaziergänger und ich erfahren, dass nicht die Baufirma für das Schild, sondern die Stadt zuständig ist. Sie dürfen nichts daran verändern. Ich bedanke mich für die Hilfsbereitschaft und gehe nun weiträumig um die Baustelle herum. Schließlich bin ich wieder am Rheinufer unterwegs.

Bei Wiesbaden-Biebrich muss ich das Rheinufer verlassen. Verschiedene Chemische und Betonwerke wie  Kalle, Albert und Dykerhoff versperren hier mir den Weg. Es folgt ein Gewerbegebiet und dann endlich wieder der Rhein. Bei einer Eisenbahnbrücke besteht erstmalig die Möglichkeit zur Überquerung des Rheins. Doch auf der anderen Seite erwarten mich wieder Gewerbe- und Industriegebiet. Dort zu laufen macht keinen Spaß und so bleibe ich auf der rechtsrheinischen Seite.

Wieder einmal begegne ich einem faulen Hundebesitzer. Er sitzt im Auto, hat das Beifahrerfenster geöffnet und lässt seinen Hund auf der Wiese neben dem Parkplatz sein Geschäft erledigen.

Dann endlich nähere ich mich der Theodor-Heuss-Brücke und der Altstadt von Mainz. Direkt an der Brücke gibt es einen Treppenaufgang und so überquere ich den Rhein und bin bereits am Rande der Altstadt. Es ist noch etwas Zeit bis zum vereinbarten Interviewtermin. Daher checke ich erst einmal im Hotel ein. Hier wird schnell umgezogen und den Rucksack ausgeräumt. Stattdessen stopfe ich nun die beiden Kissen in den Rucksack und obendrauf meinen Schlafsack. Für den Pressetermin muss ich nicht mit schwerem Rucksack erscheinen. Rein optisch sieht der Rucksack genau so aus, wie auf meiner Wanderschaft.

Pünktlich um 14 Uhr bin ich am Dom und an dem Treffpunkt vor der Redaktion der Allgemeinen Zeitung. Lea Feldmann macht mich sofort ausfindig und gehe mit ihr unterhalb der Fenster der Lokalredaktion. Kolleginnen von ihr möchten den Wanderer einmal persönlich in Augenschein nehmen. Wenig später stößt der Pressefotograf hinzu und wir suchen am Rande des Weihnachtsmarktes einen freien Platz für ein Foto. Es werden mehrere Bildserien aufgenommen, bis eine Reihe mit Bewegungsunschärfe passend im Kasten ist. Danach geht es zum nahe gelegenen Café Alex. Hier finden wir gerade noch einen freien Tisch. Viele Fragen prasseln auf mich ein und ich erzähle ausführlich von meiner Wanderschaft. Unser Gespräch zieht sich hin und so informiere ich Katrin, mit der ich mich auf dem Weihnachtsmarkt um 16 Uhr verabredet habe, über meinen jetzigen Standort.

Kaum habe ich mich von der Journalistin verabschiedet, meldet sich Katrin. Sie steht bereits vor dem Café. Katrin und ich bleiben noch einige Zeit im Café. Hier bekomme ich meine ersten, selbst von ihr gebackenen, Weihnachtsplätzen geschenkt. Wir haben viel zu erzählen. Sie ist erst vor Kurzem von einer Urlaubsreise mit ihrer Freundin aus Mexiko zurück und ich stehe kurz vor dem Ziel.

Kennengelernt haben wir uns auf dem Ostseedeich bei der Halbinsel Fischland-Darß (92. Etappe). Dabei haben wir uns vielleicht 20 – 30 Minuten gesehen. Von ihr habe ich den Tipp in den Dünen nach Ahrenshoop zu übernachten. Durch SMS und WhatsApp-Nachrichten sind wir in losem Kontakt geblieben. Sie arbeitet im Landeskriminalamt in Wiesbaden und ist von dort hierher mit der Bahn gekommen.

Wir schlendern einige Zeit über den Weihnachtsmarkt, essen eine Kleinigkeit und trinken Glühwein, geben ein Interview für einen Fanklub  😛 und haben viel Spaß dabei. Schließlich bringe ich sie gegen 21 Uhr zum Hauptbahnhof. Dann geht es zurück ins Hotel. Morgen Vormittag habe ich einen strammen Marsch bis mittags 12 Uhr mit ca. 25 Kilometern vor mir. Mein letztes Treffen auf dieser Wanderschaft. 

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228. Etappe: 16. Dezember 2013

Rüdesheim – Kloster Eberbach
Distanz: 23,9 km; Aufstiege: 849 m; Abstiege: 665 m

Als ich das Hotel verlasse, empfängt mich eine mit Raureif überzogene Landschaft. Die Buden des Weihnachtsmarkts sind verschlossen, nur wenige Menschen sind heute Morgen hier unterwegs. Jetzt wirken die leeren Straßen irgendwie größer. Gestern war es ein einziges Geschiebe und alles wirkte so eng und beklemmend für mich. Wenig später erreiche ich wieder den Parkplatz und sehe ein paar Autofahrer kräftig beim Kratzen der Autoscheiben. Ich steige wieder hoch in die Weinberge und damit wird es zunehmend kälter. Unterwegs sehe ich nichts von dem Bodennebel, doch als ich mich dem Kloster Eibingen / Abtei St. Hildegard nähere, ist Rüdesheim im Nebel versunken. Oberhalb des Bodennebels ein schöner blauer Himmel und eine strahlende Sonne.

Es ist wie im Flieger, unter mir herrlich dicke Nebelwolken und in der Ferne steht eine Kirche auf einem Berg erhaben über dem Wolkenmeer. Sofort vergesse ich alles um mich herum. Ich genieße diese traumhafte Kulisse und vergesse dabei weiterzulaufen. Die Nebelwolken verändern die Landschaft ständig. Mal tauchen die kleine Wallfahrtskirche und einige qualmende Schonsteine und Dächer von Rüdesheim leicht aus dem Nebel auf, dann wieder ist alles verhüllt. Bei einem Rastplatz harre ich aus und fotografiere, was das Zeug hält. Ich bin fast eine Stunde hier oben, bevor ich dann endlich wieder weiterlaufe. Doch auch jetzt ist diese Landschaft unglaublich reizvoll. Fast im Gegenlicht fotografiere ich Menschen in den Weinbergen bei ihrer Arbeit.

Einige Zeit durchlaufe ich noch die Weinberge, dann bin ich für längere Zeit in Waldgebieten. Die Rheinebene sehe ich dabei nicht mehr. Als ich endlich den Wald verlasse, ist es bereits Nachmittag. Jetzt empfängt mich eine strahlende Landschaft auf einem leicht ansteigenden Pfad zwischen goldgelben Gräsern und einem herrlich blauen Himmel als Hintergrund. Dann erreiche ich wieder die Weinberge und hier bleibe ich einige Zeit. Jetzt sind die Anbauflächen nicht mehr an Steilhängen, sondern nur an sanft aufsteigenden Hügeln. In der Nachmittagssonne habe ich wieder eine herrliche Rheinebene unter mir. Doch die Zeit ist fortgeschritten und noch habe ich einige Kilometer vor mir. Daher gebe ich nun „Gas“ um noch bei Licht das Kloster zu erreichen.

Es wird immer später und noch ist das Kloster Eberbach nicht in Sicht. Ich erlebe einen wunderschönen Sonnenuntergang und nun wird es Zeit die Stirnlampe herauszuholen. Nach einem kleinen Ort stehe ich vor einem schmalen Hohlweg, den ich nun in Richtung Kloster laufen muss. Viel kann ich vom Weg nicht mehr erkennen und so lande ich in einen total vermatschen Weg. Ausweichen geht hier nicht, ich muss mittendurch! Zuvor hatte ich eine Frau nach dem kürzesten Weg gefragt. Doch nur dieser Weg bringt mich zum Ziel. Tief versinke ich im Schlamm und das geht für etwa einen Kilometer so weiter. Dann endlich Asphalt. Doch der ist nur für kurze Dauer und weiter bin ich auf weichem unbefestigten Boden unterwegs. Jetzt präsentiert sich die Rheinebene mit vielen Leuchtpunkten und noch den Resten des traumhaften Sonnenuntergangs.

Ich muss weiter abwärts und das durch einen sehr schmalen Pfad. Immer wieder das nasse Laub auf dem Boden und einige kurze Schlitterpartien. Dann sehe ich Lichter unter mir, doch jetzt geht es nochmals durch ein Wäldchen. Der Weg ist kaum erkennbar und ich suche immer wieder mit der Stirnlampe nach dem Rheinsteigzeichen. Es geht ordentlich steil abwärts. Bei Licht und Trockenheit problemlos, nur jetzt durch das nasse Laub ist es kein Vergnügen mehr. Immer wieder Steine und Wurzeln unter dem Laub. Stellenweise laufe ich im Tippelschritt abwärts, um nicht noch auf dem Hintern hinunterzurutschen. Schließlich habe ich das Kloster erreicht. Überall dezente Wegebeleuchtung und Bestrahlung der Gebäude. Im Gästehaus ist mein Zimmer und das macht einen tollen Eindruck auf mich. Später gehe ich noch in die Klosterschenke. Danach fotografiere ich die herrlich beleuchteten Gebäude und den durch ein Meer von Wattebäuschen hervorlukenden Vollmond. Diese Wolken und der Vollmond sind die passende Kulisse für das Kloster.

Das Kloster war mehrfach Drehort von Filmen. Auch der Kino-Bestseller: „Der Name der Rose“ wurde hier gedreht.

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227. Etappe: 15. Dezember 2013

Lorch – Rüdesheim
Distanz: 23,2 km; Aufstiege: 844 m; Abstiege: 762 m

Wie vereinbart kann ich um 7:15 Uhr frühstücken. Man ist sehr bemüht, mir ein reichhaltiges Frühstück zu bieten. Auch meine Spiegeleier erhalte ich. Wir unterhalten uns über den Start dieses Gästehauses, was witterungsbedingt deutlich später erst eröffnet. Neben dem Gästehaus und dem Restaurant gibt es noch das Weingut. Ich verquatsche mich und komme doch nicht so früh los, wie ich eigentlich wollte.

Erst einmal muss ich zurück Richtung Rhein und dann beginnt auch gleich der Aufstieg wieder. Schon beim Aufstieg in die Weinberge habe ich erstmals freien Blick in die Ferne. Endlich kein Nebel mehr. Lange Zeit führt der Rheinsteig entlang über Hangwege durch Weinberge oder stillgelegte Flächen. Inzwischen überwuchert mit Sträuchern und Büschen. Nur die Trockenmauern erinnern noch an den ehemals vorhandenen Weinberg.

Am Vormittag zeigt sich die Sonne hin und wieder nur durch einen strahlenden Lichtklecks hinter den Wolken. Doch gegen Mittag hat sie es geschafft und Mütze und Handschuhe verschwinden in den Jackentaschen. Nun präsentiert sich das Rheintal von seiner schönsten Seite.

Ein Schlenker tief in ein Tal und dann ein schmaler Hangpfad. Etwas schwierig zu gehen, da das Laub nur auf dem Pfad noch nass ist und nicht erkennbar ist, ob sich darunter Wurzeln oder Steine befinden. Ein paar Stellen mit Drahtseil, dann geht es schließlich über eine Treppe runter nach Assmanshausen. Aber wie das so ist, kaum habe ich den Weinort erreicht und schon beginnt wieder der steile Aufstieg. Der Weg, vorbei an einer Sesselliftanlage, führt zum Niederwald. Und der zieht sich. Schließlich ist aber das geschafft und ich erreiche die künstliche Ruine Rossel im ehemaligen Landschaftspark des Jagdschlosses Niederwald. Ein herrlicher Blick ins Rheintal bietet sich mir nun.

Von hier laufe ich weiter zum Niederwalddenkmal. Einmal zeigen Beschilderung und mein Track unterschiedliche Wege an. Ein kurzes Stück folge ich der Beschilderung, doch dann entschließe ich mich, den Weg meines Navitracks zu nehmen. Es dauert und zwischendrin kommen Zweifel, ob das noch der richtige Weg ist. Doch dann taucht auch wieder die Rheinsteigbeschilderung auf. Wenig später erreiche ich das imposante Denkmal. Viele Touristen und Ausflügler nutzen das schöne Wetter am Sonntag wohl zu einem Abstecher hier zum Denkmal. Ich kann das gut nachvollziehen. Hier bietet sich ein grandioser Blick ins Rheintal. Gegenüber der Zufluss der Nahe, unter dem Denkmal der Weinort Rüdesheim. Davor die Weinberge und auch der freie Blick bis nach Wiesbaden und Mainz. Die Sonne lässt die blattlosen rotbraunen Weinstöcke erstrahlen. Eine traumhafte Landschaft bietet sich mir hier oben. Nur das Gewusel der Touris und Ausflügler stört mich ein wenig.

Nicht weit vom Denkmal eine Beschilderung nach Rüdesheim und genau die nehme ich. Unterwegs erreiche ich eine Spaziergängerin. Mein klack, klack … stört sie offensichtlich. Dies zum Ausdruck zu bringen wendet sie ihren Blick auf die Stöcke, um dann mich vorwurfsvoll anzuschauen. Fast hätte ich gesagt: „Stopfen sie sich was in die Ohren, dann hören sie nichts mehr.“ Doch ich verkneife es mir. Ja das klack, klack kann schon stören, doch da muss sie halt durch. Außerdem bin ich mit einem viel größeren Tempo unterwegs und damit ist die Störung auch schnell vorbei.

Ich unterquere eine Brücke und begegne einem jungen Paar. Sie frage ich, ob es hier weiter nach Rüdesheim geht. So kommt es, das wir uns noch eine Weile unterhalten. Ich bleibe auf dem Weg, erreiche bald einen schmalen kopfsteingepflasterten Pfad begrenzt beiderseits durch Mauern. Dieser Weg endet schließlich bei einem voll besetzten Parkplatz in Rüdesheim.

Nun wird es für mich ungemütlich, ich muss mich in das Getümmel der Weihnachtsmarktbesucher stürzen. Mein Tempo wird nun durch die Masse Mensch bestimmt. Glücklicherweise ist es nicht mehr weit zum Hotel. Dieses liegt mitten im Weihnachtsmarktbereich.

Nach dem Duschen wage ich es nochmals auf den Weihnachtsmarkt. Für zwei Bratwürste, mein Abendessen, stehe ich einige Zeit in der Schlange. Danach schlendere ich, mehr geschoben von der Masse, durch den Markt. Als ich wieder das Hotel erreiche, flüchte ich in das leere Restaurant. Hier kann ich auch einen Apfelglühwein trinken. Nur wenn die automatische Tür sich öffnet, schallt mit voller Wucht die Musik hinein. An das muntere Treiben muss ich mich erst wieder gewöhnen. 

226. Etappe: 14. Dezember 2013

Kaub – Lorch
Distanz: 15,1 km; Aufstiege: 542 m; Abstiege: 550 m

Das Frühstück gibt es ab 8 Uhr. Als ich kurz nach 8 Uhr zum Frühstück gehe, stehe ich vor einer verschlossenen Restauranttür. Also nochmals ins Zimmer und von dort ein Anruf zum Hotel. Der Wirt ist auch gleich am Apparat und entschuldigt sich. Doch wenig später wieder finde ich die Tür immer noch verschlossen vor. Nochmals ein Anruf, jetzt vor der Tür. Der Wirt eilt mit dem Telefon am Ohr herbei und öffnet. Er hat wohl verschlafen und bereitet nun alles etwas hektisch zu. Einen Moment später betritt eine Frau mit einer großen Tüte Brötchen das Restaurant. Bei ihrem Eintritt nehme ich den Regen wahr.

Gleich mit Poncho starte ich auf meiner heutigen Etappe. Der Regen hält sich in Grenzen. Doch wenn er länger anhält, kann ich mich unterwegs auf Rutschpartien gefast machen. Gleich neben dem Eingang hängt das Schild: „Freistaat Flaschenhals.“

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges riefen die Gemeinden Kaub und Lorch kurzerhand ihren Freistaat Flaschenhals aus. Die selbstbestimmte Freiheit endete 1923 jäh mit dem Einmarsch der Franzosen. Heute halten Winzer die Erinnerung an diese turbulente Periode wach.

Zunächst geht es auf einer kleinen Straße hinter den Bahngleisen entlang. Dann beginnt bereits im Ort der Aufstieg in die Weinberge. Auf meinem Weg laufe ich direkt auf die Burg Gutenfels zu und habe einen guten Blick unten auf die mitten im Rhein liegende Burg Pfalzgrafenstein. Je höher ich komme, um so mehr tauche ich in Nebelschwaden ein. Bei einem kleinen Pavillon mit eigentlich gutem Ausblick auf das zurückliegende Kaub sehe ich jedoch nichts mehr. Dicke Nebelwolken liegen über dem Rhein und umschließen auch den unteren Teil der Berge. Nur für Momente blitzen manchmal ein kleiner Ort und ein Stück Rhein auf, um dann ebenso schnell wieder zu verschwinden.

Der Weg führt an den am Rhein liegenden Bergen entlang und quert dabei die dazwischen liegenden Täler. Ein Blick in das Rheintal ist immer wieder möglich, doch der Nebel bleibt mir die ganze Zeit erhalten. Bei einem Halt, ich hatte kurz zuvor fotografiert, höre ich plötzlich einen Gruß. Erschreckt drehe ich mich um und ein Wanderer steht hinter mir. „Ich wollte sie nicht erschrecken“, entschuldigt er sich.

Es stellt sich heraus, dass er mich gestern Abend im Gasthof gesehen hat. Jetzt mit Rucksack erinnert er sich auch an mein Bild in der Zeitung. Und so fragt er mich: „Sind sie der Wanderer, von dem gestern in der Rhein-Lahn-Zeitung berichtet wurde?“ Ich bejahe seine Frage. Wir unterhalten uns eine Weile. Dabei erklärt er mir, dass der Rheinsteig in diesem Abschnitt schon seit seiner Jugend seine Trainingsstätte ist. Damals allerdings noch nicht als Rheinsteig ausgewiesen.

In einem Tal überschreite ich die Grenze zu Hessen. Ich bin jetzt im Rheingau angelangt. Nur noch auf einer Etappe werde ich mit Mainz kurz Hessen verlassen. Vorbei geht es an einem Rastplatz mit einer verschlossenen Bude. Letztes Jahr habe ich hier noch Rast gemacht. Jetzt ist alles im Winterschlaf.

Hoch oben auf einem Berg habe ich einen schönen Überblick ins Rheintal. Auf der gegenüberliegenden Seite des Rheins bis in das dahinterliegende Tal erstreckt sich Bacharach. Teilweise in leichtem Nebel gehüllt. Über dem Weinort erhebt sich die Burg Stahleck. Heute beherbergt die Burg eine Jugendherberge.

Als ich mich Lorch nähere, bin ich wieder in den Weinbergen. Vor mir dann die Burgruine Waldeck. Wenig später führt der Weg mit einem Abstieg in den Ort. Ein Schild weist daraufhin, das bei schlechtem Wetter Rutschgefahr auf diesem Weg besteht, und empfiehlt eine Alternativroute. Ich riskiere es jedoch und muss mich immer wieder an dem gespannten Stahlseil festhalten. Ja, es ist rutschig auf den nassen Blättern und doch komme ich unbeschadet schließlich in Lorch an.

Zur heutigen Bleibe muss ich ein Stück weiter ins Tal hinein und schließlich endet meine Naviroute. Das Hotel finde ich jedoch nicht. Ich gehe ein Stück die Straße zurück, als mir ein Mann entgegen kommt. Kurzerhand frage ich ihn nach dem Hotel. Er antwortet: „Sie wollen zu mir.“ Es ist der Hotelier und Winzer und ist gerade auf dem Weg zu seinem Weinberg. Doch nun begleitet er mich bis zum Hotel. Das Hotel ist erst vor zwei Monaten eröffnet worden. Für das Frühstück darf ich Wünsche äußern und so bestelle ich nach langer Zeit wieder einmal Spiegeleier.  

 

224. Etappe: 12. Dezember 2013

Kamp-Bornhofen – Sankt Goarshausen
Distanz: 20,1 km; Aufstiege: 733 m; Abstiege: 664 m

Heute Morgen bin ich bereits um 8 Uhr auf dem Weg zum Rheinsteig. Wie kam es dazu? Erstmals seit Langem konnte ich um 7 Uhr frühstücken und somit sehr zeitig starten. Auf den letzten Tagen wachse ich noch über mich hinaus :-).

Zunächst geht es durch Kamp, dann folgt der Ortsteil Bornhofen und schließlich bin ich auf einer Kreisstraße über Serpentinen in Richtung Rheinsteig unterwegs. Dann der Einstieg und wie erwartet, geht es auf einem schmalen Pfad weiter steil nach oben. Schon bald erreiche ich die Burgruine Liebenstein. Das Hotel Restaurant bei der Burg scheint bereits im Winterschlaf zu liegen. Alles wirkt wie ausgestorben. Ich habe einen guten Blick ins Rheintal. Nur liegen die Landschaft und der Rhein in einem leichten Nebelschleier gehüllt. Ich halte mich nicht sehr lange hier auf.

Am Wegesrand ein altes Gedenkkreuz aus Stein. Was in den Stein gemeißelt ist, kann ich kaum erkennen. Eine Tafel gibt Auskunft über die Inschrift: „Hier wurde im Jahre 1754 der Landarbeiter Bartholomäus Sauerborn erschlagen und beraubt.“ Erstaunlich, dass so ein Gedenkstein die Jahrhunderte überdauert hat.

Wieder erreiche ich einen herrlichen Aussichtspunkt. Die Ferne ist weiterhin in leichtem Nebel gehüllt. Ein Güterzug mit überwiegend orangefarbenen Waggons schlängelt sich am Rhein entlang. Als ich bewusst diesen Zug wahrnehme, entsteht sofort das Bild einer sich am Fluss schlängelnden Schlange in mir. Meine Kamera ist noch schussbereit und so halte ich diese Güterschlange im Bild fest. Nur wenig später stehe ich vor einem Hangstück mit Blick auf den Rhein und davor mit Büschen, Sträuchern und Totholz überwuchernden Pflanzen. Die vielfältigen Farben und Formen lassen in mir ein Gemälde entstehen und natürlich halte ich auch das im Bild fest. Der Morgen fängt gut an und der Rheinsteig bietet mir sofort viel Abwechslung.

Schnell stelle ich fest, der Rheinsteig auf dieser Etappe ist der bestmarkierte Wanderweg, den ich auf meiner Wanderschaft bisher angetroffen habe. Auch auf Wegen ohne Abzweigungen sehe ich immer wieder eine Markierung. Gerade bei Steigungs- und Gefällestrecken bietet so eine exzellente Markierungshäufigkeit viel Sicherheit. Nicht immer achtet man auf Markierungen, und wenn man dann den Blick nach vorne richtet, taucht garantiert wenig später wieder eine Markierung auf. Und so entsteht nie Unsicherheit. Selbstverständlich sind auch Abzweigungen entsprechen markiert. Mein Navi mit dem Track des Rheinsteigs brauche ich eigentlich nicht. Ich bin total begeistert von dieser perfekten Wegeauszeichnung.

Mein Weg verläuft durch Waldgebiet, führt am Hang mit Blick auf den Rhein und über Wiesen entlang. Immer wieder sehe ich den Rhein und die sich dicht daran schmiegenden Weinorte. Unterwegs durchlaufe ich zwei Orte. An einer mehrfach ausgeschilderten „Oase“ laufe ich vorbei. Nur zu trinken bekomme ich hier nichts mehr. Ich bin zur falschen Zeit hier unterwegs. Heute begegnen mir nicht einmal Gassigeher. Ich bin völlig alleine unterwegs. Doch bei einer Pause auf einer Bank, ich telefoniere gerade, läuft doch tatsächlich ein Wanderer an mir vorbei.

Was man hochläuft, das muss man meist auch wieder runter und so steuere ich den Weinort Ehrenthal abwärts an. Kaum habe ich das Tal fast erreicht, geht es ohne den Ort zu berühren wieder steil nach oben. Vor Wellmich habe ich auf dem gegenüberliegenden Berg die Burg Maus im Blick. Über Serpentinen führt nun der Weg abwärts nach Wellmich. Diesmal erreiche ich auch den Ort. Nun will mich der Rheinsteig doch tatsächlich wieder hoch zur Burg Maus und weiter oberhalb des Rheins bis zuh meinem Zielort St. Goarshausen über eine Distanz von 5,3 Kilometer schicken. Diesmal streike ich und nehme den etwa 2,5 Kilometer langen Weg an der Straße. 

Ein Lebenszeichen von unterwegs

Bin weiter auf Landeanflug nach Darmstadt. Die letzten Tage waren anstrengend und jedes Mal kam ich erst in der Dunkelheit mit Stirnlampe bei meiner Unterkunft an.

Inzwischen muss ich mich abends und morgens mit vielen Telefonaten um eine Unterkunft bemühen. Keine leichte Aufgabe! Mosel und Rhein befinden sich im Winterschlaf.

Etappe 219: 07. Dezember 2013
Klausen – Traben-Trarbach:

Distanz: 26,3 km; Aufstiege: 741 m; Abstiege: 821 m

Etappe 220: 08. Dezember 2013
Traben-Trarbach – Bullay:

Distanz: 28,9 km; Aufstiege: 895 m; Abstiege: 851 m

Etappe 221: 09. Dezember 2013
Bullay – Treis-Karden:

Distanz: 26,3 km; Aufstiege: 905 m; Abstiege: 849 m

Etappe 222: 10. Dezember 2013
Treis-Karden – Alken:

Distanz: 21 km; Aufstiege: 446 m; Abstiege: 485 m

Etappe 223: 11. Dezember 2013
Alken
– Boppard – Kamp-Bornhofen
Distanz: 13,8 km; Aufstiege: 448 m; Abstiege: 401 m

218. Etappe: 06. Dezember 2013

Schweich – Klausen
Distanz: 23,7 km; Aufstiege: 887 m; Abstiege: 745 m

Schon vor dem Frühstück starte ich die Sendungsverfolgung der Schneckenpost DHL. Es hat Bewegung gegeben! Jetzt ist das Paket auf der Reise zum Startpaketzentrum. Was dann noch fehlt, ist der Transport zum Zielpaketzentrum und zum Empfänger. Parallel dazu schaue ich mir die Sendungsverfolgung bei UPS für mein zweites Ersatzpaar an. Erst gestern Abend eingeliefert und jetzt schon im Zielpaketzentrum in Wittlich. Wittlich liegt ganz in meiner Nähe!

Der Wetterbericht für meine Wanderregion sagt ab Mittag leichten Schneefall voraus. Orkan “Xaver” trifft die Region offensichtlich nicht. Etwas Wind ist angesagt, doch das ist im Vergleich zu Xaver nur ein laues Lüftchen. Und so starte ich mit guter Hoffnung, endlich Ersatzschuhe zu bekommen und einigermaßen glimpflich mit dem kaputten Schuh heute noch durchzukommen.

Es ist ziemlich kalt, aber wenigstens trocken. Schnell habe ich das Moselstädtchen Schweich verlassen und steige bereits in die Weinberge auf. Mit voller Wucht schallt mir der Lärm der Autobahn entgegen. Doch mit beständigem Steigen nimmt gleichzeitig der Geräuschpegel wieder ab.

Inzwischen bin ich ziemlich hoch über dem Fluss und in den Hängen der Weinberge. Unter mir eine herrliche Flusslandschaft. Dann bieten mir Sonne und Wolken zusätzlich ein tolles Schauspiel. Einzelne Sonnenstrahlen durchdringen durch die ansonsten geschlossene Wolkendecke und bescheinen das Moseltal, die Mosel und die vor mir liegende Brücke. Ich genieße wieder einmal eine beeindruckende Landschaft. Eine Walkerin erreicht mich und genießt wie ich diesen Augen- und Ausblick. Mit erregter Stimme meint sie: „Man brauche überhaupt nicht woanders seinen Urlaub verbringen, wenn man in dieser schönen Landschaft lebt.“

Ich dachte, ich kenne ein wenig die Mosel. Doch Fahrten mit dem Rad oder dem Auto an der Mosel entlang ist zwar reizvoll, doch von hier oben der Blick in die Weite des Moseltals mit seinen Weinanbauflächen, kleinen Weinorten und die sich durch die Landschaft schlängelnde Mosel ist schlichtweg atemberaubend. Das nimmt man unten überhaupt nicht wahr. Ich kann jedem nur raten, einmal von Schweich bis Klüsserath auf dem Moselcamino eine Tageswanderung zu unternehmen. Wie fantastisch muss diese Landschaft erst im goldenen Oktober mit der vielfältigen Farbenpracht sein.

Ich verlasse für einige Zeit die Mosel und bewege mich durch ein Waldgebiet. Dabei geht es weiter bergauf. Dann erreiche ich wieder die Weinberge und vor mir schlängelt sich die Mosel mit einem großen Bogen durch das riesige Tal. Auf der einen Seite die Hänge der Weinberge und hinter der Mosel kleine Weinorte und ebenfalls in der Fläche viele Weinfelder, begrenzt wieder im Hintergrund durch Berge. Ich genieße in vollen Zügen diesen grandiosen Blick. Dabei vergeht wie im Fluge das Wandern, ich bin völlig abgelenkt. Es ist ein beständiger Wechsel der Bilder, die sich mir hier bieten und meine Sinne beanspruchen. Dann an einigen Rebstöcken noch rote Weintrauben. Leider nicht erreichbar für mich. Die hätte ich jetzt gerne mal probiert.

Mehrfach meinen es Sonne und Wolken gut mit mir und veranstalten wundervolle Lichterspiele. Nur für Sekunden werden kleine Abschnitte an den Hängen oder im Tal hell erleuchtet. Bis ich die Kamera herausgeholt und angeschaltet habe, ist der schöne Moment wieder vorbei. Ich laufe schließlich mit schussbereiter Kamera weiter, um so einen Moment im Bild festzuhalten. Doch später beim Betrachten muss ich feststellen, zwischen Bild und Wirklichkeit klaffen Welten.

Bei einer Pause schaue ich nach dem Stand des Transports meines zweiten Paars Schuhe. Sie sind bereits um 10:30 Uhr beim Hotel eingetroffen. Am Nachmittag dann erreicht mich ein Anruf der Postfiliale aus Schweich. Auch meine erste Paar Wanderschuhe sind inzwischen dort eingetroffen. Ich bedanke mich für den Rückruf und bitte das Paket zum Absender zurückzuschicken. Es ist wie die Weihnachtsmänner zu Ostern. Ich bin inzwischen weitergezogen und das Paket ist nicht mehr erreichbar für mich.

Am späten Nachmittag verlasse ich die Mosellandschaft und laufe wieder verstärkt durch Waldgebiete. Als ich schließlich den Wald verlasse und über eine Wiese laufe, bietet sich mir wieder ein herrliches Lichterspiel. Über mir die dicken fetten Regenwolken und nur durch eine Lücke lässt die Sonne eine rotbraune Buschgruppe hell erstrahlen. Wenig später stehe ich am Rande eines weitläufigen Tales und vor mir eine Traumlandschaft.

Nun geht es abwärts nach Klausen zu meiner heutigen Bleibe. Am Ortsrand treffe ich auf ein belgisches Paar. Sie suchen nach einer Tageswanderung ihr Auto. Es stellt sich heraus, dass sie es bei meiner Unterkunft geparkt haben. Beide folgen mir nun erleichtert.

Als ich das Restaurant betrete, sehe ich schon das Paket neben dem Tresen liegen. Mein Bangen in Regen oder Schnee mit dem kaputten Schuh zu geraten, hat nun ein gutes Ende genommen. 

Zwangspause in Schweich

Donnerstag, 05. Dezember 2013

Noch besteht Hoffnung, dass meine Ersatzschuhe heute eintreffen. Bereits am Morgen stimme ich meiner Tochter Michiko zu, ein weiteres Paar Wanderschuhe mit einem Kurierdienst zu verschicken, wenn bis zum Nachmittag meine Schuhe nicht eingetroffen sind. Michiko und Alex haben bereits gute Erfahrung bei Abgabe von Wettbewerbsunterlagen und Versendung von Architekturmodellen damit gemacht.

Zum Warten verdonnert, kann ich zumindest nun die noch fehlenden Berichte schreiben und wieder mit einem lahmen Mobilfunknetz die Bilder der letzten Etappen hochladen. Ein wahres Geduldsspiel, doch jetzt habe ich ja Zeit.

Mehrfach nutze ich die auf der DHL-Webseite angebotene Sendungsverfolgung. Und immer wieder das gleiche Ergebnis: „Die Sendung wurde vom Absender in der Filiale eingeliefert.Damit endet die DHL Aktivität. Nach mehreren Telefonaten gestern Nachmittag und Abend erreichte ich endlich die richtige Stelle des Kundenservice. Dort gebe ich eine Laufzeitbeschwerde ab und mir wurden für morgen Vormittag Aktivitäten zugesagt. Vom DHL-Kundenservice bis jetzt keine Reaktion!

Ich rufe im Geschäft, in dem die Postfiliale hier in Schweich untergebracht ist, an. Der Rückruf der Postfiliale dauert, doch wenigstens hier habe ich eine Reaktion. Vom Paket jedoch keine Spur. Auf das Weihnachtsgeschäft kann man sich nicht berufen, denn bereits im Sommer hatte ich ähnliche Probleme. Auch in Lübeck musste ich einen zusätzlichen Pausentag einlegen. Das wird langsam teuer.

Am Nachmittag nutze ich die Zeit, nochmals meinen Rucksack durchzuforsten. Ich finde nochmals inzwischen entbehrliche Dinge und damit geht es zur Postfiliale. Meine Wanderschuhe sind immer noch nicht eingetroffen.

Das zweite Paar Ersatzwanderschuhe sind bereits auf Reisen und ich hoffe inständig, dass es diesmal mit einem Kurierdienst klappt. Gegen 20 Uhr ein letzter Versuch bei DHL und wieder das gleiche Ergebnis: „Die Sendung wurde vom Absender in der Filiale eingeliefert.

Pausentag in Trier

Dienstag, 03. Dezember 2013

Ein Blick in der Frühe aus dem Fenster und die Dächer vor mir sind mit einer dünnen Schicht Raureif überzogen. Nun wird es ordentlich kalt. Für Freitag ist bereits Schnee hier in der Gegend angesagt.

Den Vormittag verbringe ich mit Neuplanung der Routen auf dem Moselcamino. Mit Überraschung stelle ich fest, hier muss ich heftig viele Höhenmeter rauf wie runter bewältigen. Dazu Anrufe für die letzten Treffen in Eltville, Mainz und Nauheim. Genau für diese letzten Etappen buche ich bereits meine Unterkünfte.

Zwischendrin der Anruf der Trierer Tageszeitung zu einem Interview und Fototermin. Natürlich mit Rucksack. Hier schummel ich ein wenig und leere ihn weitgehend. Stopfe ein großes Kissen und obendrauf meinen Schlafsack. Nun schaut er voluminös und schwer aus. Als ich ihn schließlich aufschnalle, nehme ich ihn kaum wahr. Damit könnte ich problemlos 40 km-Touren bewältigen und anschließend noch einigermaßen Frisch sein. Schöner Gedanke, doch leider nicht Realität. Bei der Touristeninformation an der Porta Nigra treffe ich mich mit einer Journalistin und einem Pressefotografen. Zuerst erfolgt das Interview und anschließend gibt es mehrere Fotosessions. Ich bin gespannt, was dabei raus kommt.

Nach diesem Treffen durchstreife ich noch einige Zeit Trier und besuche dabei den Dom, verschiedene Kirchen und nochmals den Weihnachtsmarkt.