111. Etappe: 11. August 2013

Zollbrücke – Kienitz  21,5 km

Schon gegen 4:30 Uhr werde ich von Vogelgeschrei geweckt. Der Hahn stimmte wenig später auch noch ein. Mein Innenzelt ist beschlagen und leicht feucht. Wenig später als ich das Außenzelt öffne, merke ich, dass auch das Außenzelt nass ist. Vielleicht hat es die Nacht geregnet? Jedenfalls werde ich heute ein nasses Zelt einpacken. Vom Nachbarzelt vernehme ich Stimmen. Beim Packen und Zeltabbau komme ich mit einer Mutter und ihrem 12 jährigen Sohn ins Gespräch. Sie sind auch auf dem Oder-Neiße-Radweg unterwegs und wollen bis nach Usedom fahren.

Da der Aufenthaltsraum und der Hofladen noch versperrt sind, verschiebe ich das Frühstück auf den Gasthof am Deich. Dort kehre ich dann ein und schreibe im Anschluss ans Frühstück noch meinen Bericht. Um 10:30 Uhr starte ich dann meine heutige Etappe bei blauem Himmel und Sonnenschein. Einige graue Wolken ziehen über mir hinweg. Die Oder ist etwa 100 Meter vom Deich entfernt. Am Ufer meisten Schilf und noch nichts Spektakuläres. Und trotzdem, das Odertal ist eine schöne Landschaft. Die ruhig dahin fließende Oder wirkt irgendwie beruhigend. Kein Autolärm, nur ganz selten ein Boot oder Schiff, keine Hektik, nur himmlische Ruhe. Gelegentlich wird diese Stille vom Geschnatter der Wildgänse und Enten unterbrochen. Doch das wirkt nicht störend auf mich, sondern ich nehme es gerne wahr. Diese Geräusche passen in diese Landschaft. Alles wirkt so ungemein beruhigend auf mich.

Mit der Zeit entfernt sich die Oder vom Deichweg. Dann eine Menschenansammlung ein Stück vor mir. Als ich näherkomme, sind es Personen mit ihren Hunden. Noch bevor ich sie erreiche, zieht der Pulk auf dem Deich und neben dem Deich in meine Zielrichtung weiter. Die frei laufenden Hunde genießen die Freiheit und jagend bellend beiderseits des Deichs durch die Wiesen und Tümpel. Durch das muntere Treiben der Hunde werden mehrere Kolonien von Wildgänsen aufgeschreckt und fliegen aufgeregt davon. Schließlich erreiche ich den Pulk und muss mich durch Mensch und Hund durchschlängen.

Nachdem ich hindurch bin, lasse ich das muntere Treiben schnell hinter mir. Die Landschaft öffnet sich immer mehr und die Oder verschwindet mehr und mehr in den Hintergrund. Vor mir saftig grüne Wiesen durchzogen mit schmalen Oderarmen und Tümpeln. Mittendrin immer wieder Weiden mit ihren teilweise silbriggrünen Blätter oder Büsche. Bei stehendem Gewässer auch wieder der grüne Algenüberzug. Wenn die Sonnenstrahlen diese Oberfläche treffen, erstrahlt sie in einem leuchtend hellen Grün.

Irgendwann endet der asphaltierte Weg auf dem Deich. Ich folge der Wegführung und laufe hinter dem Deich. Doch hier wird es zunehmend langweiliger und so steige ich wieder auf den Deich. Inzwischen ziehen immer mehr dunkelgraue Wolken auf. Auch der Wind hat zugenommen. Ich ziehe trotzdem nicht den Poncho an. Irgendwie habe ich den Eindruck, heute kommt kein Regen. Durch den grauen Wolkenhintergrund wirken die Grüntöne, vor allem das Silbriggrüne, sehr viel intensiver. Die Wasseroberfläche der Oder dagegen wird in Grau bis fast Schwarz getaucht.

In Groß Neuendorf mache ich in einem Imbiss eine Rast. Der Versuch ins deutsche Mobilfunknetz zu gelangen scheitert. Hier komme ich nur ins polnische Netz. Ich gebe auf und frage nach einer Übernachtungsmöglichkeit im nächsten Ort. Ja, es gibt dort eine Übernachtungsmöglichkeit am Deich. Danach sieht es längere Zeit schlecht aus.

Weiter geht es mit den grauen Wolken und einem schönen Oderpanorama bis nach Kienitz. Wie angekündigt finde ich den Gasthof. Ich trete ein und frage nach einem Zimmer für diese Nacht. Die Frau hinter dem Tresen guckt mich ohne zu antworten an und so ergänze ich etwas verzweifelt: „Sagen sie jetzt bloß nicht Nein.“ Dann die Antwort: „Das ist ja schon fast Erpressung, jetzt kann ich ja nur ja sagen.“ Später erfahre ich, bis gestern war alles ausgebucht gewesen.

Nach dem Duschen breite ich im Zimmer die Zeltplane aus. Alles ist noch total nass und ich habe Zweifel, ob es bis morgen überhaupt trocken wird. Danach geht es zurück in den Schankraum zum Bilderbearbeiten und Schreiben. 

Ein Gedanke zu „111. Etappe: 11. August 2013

  1. Ja Hallo Werner
    Verfolge immer wieder deinen Weg! Hut ab vor deiner Leistung!
    Viel Erfolg und machs gut!!!
    Einen ganz lieben Gruss Dani und Rita

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