47. Etappe: 21. Mai 2013

Pewsum – Norddeich  28,9 km

Nicht lange nach Verlassen der Pension bin ich schon wieder umgeben von der Natur mit Wiesen und Weiden. Nur diesmal kommen viele Windkrafträder im fast 180-Grad-Blickwinkel hinzu. Die Rapsfelder als schmaler gelber Streifen am Fuße der Krafträder bilden einen interessanten Kontrast. Es bläst ein leichter kalter Wind und der Horizont ist nur schemenhaft erkennbar. Ich komme einem Windkraftrad sehr nahe und höre erstaunlicherweise nur ein leichtes Windgeräusch der drehenden Flügel.

Da ich heute unbedingt bis Norddeich laufen möchte, rufe ich bereits jetzt die Touristeninformation von Norden-Norddeich an. Am Telefon meldet sich ein junger Mann. Ich schildere ihm, dass ich unterwegs als Wanderer mit schwerem Rucksack bin und für heute Abend eine günstige Unterkunft suche. Er antwortet mir, es gebe keine freien Zimmer, ich solle vorbeikommen, vielleicht kommt ja noch etwas rein. Daraufhin erkläre ich ihm, dass ich dazu erst noch ca. 28 Kilometer laufen muss und ungerne ankomme, um dann ohne Zimmer dazustehen. Er hört nicht zu und wiederholt, ich solle vorbeikommen. Nochmals versuche ich ihm zu erklären, dass das nicht geht und ob es denn in Norden freie Zimmer gebe, wieder die gebetsmühlenartige Antwort. Nicht mal ein Hinweis, wo ich eventuell nachfragen könnte. Es ist hoffnungslos mit diesem Mann und ich bedanke mich für die große Unterstützung. Bisher hatte ich bei den vielen Touristeninformationen auf meiner Wanderschaft immer Personen am Telefon, die bemüht waren mir zu helfen. Diesmal jedoch habe ich das Gefühl, ich störe seine Kreise. Wenn ich eine Schulnote vergeben müsste, eine glatte Sechs! Ziemlich angefressen suche ich nun in der Kälte weiter nach einer Unterkunft und ich werde nach einigen Absagen fündig. Es ist ein Hotel, nicht so günstig wie eine Pension, aber mit der Beruhigung ein Zimmer gefunden zu haben.

Auf einem Feld etwa hundert Meter von mir entfernt sprüht ein Bauer seine Jauch aus. Der penetrante süßliche Geruch begleitet mich nun bis zum nächsten Dorf. Trotz des Gestank geht mir das Gespräch mit der Touristeninfo nicht aus dem Sinn. Es dauert noch eine Weile bis ich dieses Gespräch verdaut habe. Meine Gelassenheit habe ich auf der Wanderschaft leider noch nicht gefunden. Nach etwa zehn Kilometer erreiche ich Greetsiel und kehre für meine Mittagspause in einem SB-Restaurant ein.

Kaum bin ich wieder auf dem Weg, beginnt ein leichter Nieselregen. Vielleicht nach einem Kilometer endet der Radweg an der Straße. Es gibt jedoch einen Abzweig zum Deich und ich sehe eine Brücke. Ich folge diesem Wirtschaftsweg und nach der Brücke über einen breiten Entwässerungsgraben verläuft dieser Weg parallel zur Straße. Der Regen wird stärker und ich ziehe meinen Poncho an. Begleitet wird der Regen durch einen kalten Wind. Rechts und links vom Weg Zäune und dahinter Schafe. Dann ein schmaler Pfad mit Treppe hoch auf den Deich. Neugierig steige ich hoch und die Enttäuschung ist groß, von der Nordsee ist durch den Dunstschleier nicht zu sehen.

Von einem Radfahrer erfahre ich, dass ich auf dem Weg nach sechs Kilometer über ein Sperrwerk wieder die Straße erreiche. Diese Kilometer werden sehr lang und auf dem Weg gibt es keine Sitzmöglichkeit. Erst in Sichtweite zum Sperrwerk kommen wieder zwei Bänke auf dem Deich. Natürlich mache ich auch bei dieser Dauerberieselung eine Pause. Vorbeifahrende Radler schauen irritiert zu mir hoch, wie kann da jemand bei Regen gemütlich auf der Bank sitzen.

Ich erreiche schon bald das Sperrwerk und dort gibt es ein Kiosk mit Vorzelt. Zum Aufwärmen verbringe ich mit einem heißen Kaffee dort eine weitere Pause. Beim abschließenden 12-Kilometer-Weg hört es erst kurz vor dem Hotel auf zu regnen.

Leider gibt es kein Restaurant im Hotel. Allerdings erhalte ich den Tipp, dass es etwa zehn Minuten von hier eine Pizzeria gibt. Das ist mir zu weit und ich verzichte auf das Abendessen. Das anschließend heiße Bad lässt den miesen kalten und regnerischen Tag vergessen.

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