158. Etappe: 30. September 2013

Waldhäuser – Mauth  15,2 km

Bereits um 5 Uhr klingelt mich mein Wecker aus dem Schlaf. Es dauert noch einige Zeit, bis ich schließlich wach bin. Doch dann ist mein erster Blick ins Internet auf die Wettervorhersagen für das Gebiet um den Lusen. Er gehört neben dem Arber und dem Rachel zu den höheren Bergen des Bayerischen Waldes und ist heute Bestandteil meiner Goldsteig-Etappe. Für die Wettervorhersage gehe ich zu einer Webseite des Bayerischen Waldes und werde von dort auf Wetter.info weitergelinkt. Dort springt mir sofort die Unwetterwarnung für Höhen ab 1100 Meter mit starkem Wind und Windböen von 80 km/h und örtlich mehr ins Auge. Mit meinem gestrigen Erlebnis der umstürzenden Baumleichen keine gute Vorstellung. Außerdem habe ich auf meiner Wanderschaft bereits zweimal Bekanntschaft mit Sturm und Sturmböen gemacht. Das war an der Nordsee und auf dem Deich. Ein harmloser Weg und das Hinfallen unproblematisch, lediglich unangenehm in den Hinterlassenschaften der Schafe zu landen. Ich war Spielball des Windes und wurde bestimmt einen Meter hin und her geschoben ohne mich dagegen wehren zu können. Wenn ich mir vorstelle, auf einem schmalen und steinigen Pfad bergauf zu sein, regt sich bei mir die Einsicht, heute nicht zum Lusen aufzusteigen. Stattdessen mit dem Bus nach Mauth zu fahren. Doch zunächst warte ich noch ab und werde nach dem Frühstück nochmals schauen.

Nach einem ausgiebigen Frühstück schaue ich nochmals auf die Wetterprognose für heute, leider keine Änderung und so setze ich eine entsprechende Info in meinem Blog. Später unten im Gasthof bekomme ich einen Plan der Busverbindungen der örtlichen Linien. Nachdem ich die Linien und Zeiten zusammengestellt habe, bitte ich um das Telefon, denn wieder gibt es keine Mobilfunkverbindungen. Zunächst buche ich in Mauth meine heutige Übernachtung und rufe dann Werner an, denn er wollte mir von Mauth entgegen laufen.

Ich freue mich schon sehr auf das Treffen. Er hat mir schon viele Tipps für Wege und Unterkünfte gegeben. Heute kommt er mit seiner Frau extra von Bonn in den Bayerischen Wald gefahren. Früher hat er einmal in Mauth gelebt. Stammt aus Regensburg und daher verbindet ihn viel mit dem Bayerischen Wald. Jetzt reist er an, auch um mich zu treffen. Wir kennen uns nur über das Internet und doch gibt es zu mir eine Verbindung. Er hätte früher einmal mein Chef sein können. Doch als ich in seinem ehemaligen Wirkungsbereich wechsele, ist er bereits Präsident der damaligen Oberpostdirektion Regensburg. Über einen ehemaligen Arbeitskollegen ist er auf mich aufmerksam gemacht worden. Als Blogleser verfolgt er schon lange meinen Weg. Er selbst ist ein leidenschaftlicher Wanderer und hat den Limes komplett erwandert und eine tolle und sehr informative Webseite darüber http://www.limeswanderweg.info erstellt. Den Goldsteig hat er ebenfalls schon erwandert und kennt ihn wie seine Westentasche.

Als ich Werner erreiche, höre ich, dass er bereits in der Nähe von Mauth ist. Ich berichte ihm, dass ich wegen der Sturmwarnung heute nicht zum Lusen wandere, sondern mit dem Bus nach Mauth fahre. Sofort bittet er mich im Gasthof zu warten, er kommt zu mir. Und schon wenig später betritt er den Gastraum. Wir begrüßen uns, als wenn wir uns schon länger kennen. Er ist mir, wie ich schon vermutet habe, sehr sympathisch. Nun reden wir erst einmal über den heutigen Tag und sein Vorschlag ist, meinen Rucksack hier im Gasthof stehen zu lassen und gemeinsam zum Lusen aufzusteigen. Ohne Rucksack ein verlockender Vorschlag und ich stimme zu. Also bleibt der Rucksack im Büro des Gasthofes und seine Frau fährt uns zum nahe gelegenen Einstiegsweg auf den Lusen.

Zunächst geht es völlig entspannt für mich auf einer kleinen Kreisstraße entlang. Eine neue Erfahrung ohne Rucksack unterwegs zu sein. Schließlich sind wir auf einem lang gezogenen Waldpfad, immer mit Blick auf den Gipfel des Lusen unterwegs. Die gesunden Nadelbäume verschwinden zunehmend und die hellgrauen Baumleichen mit ihren nackten Stämmen und kahlen Ästen überwiegen. Viele umgestürzte Bäume liegen beiderseits des Weges und doch sieht man überall bereits nachwachsende Nadelbäume, auch Laubbäume. Wieder als Farbtupfer die Vogelbeerbäume und –büsche. Der Blick seitlich in die Ferne wird immer besser und die großflächigen Bereiche mit den hellgrauen Baumleichen sind beeindruckend. Etwas unscharf betrachtet wirken diese Bereiche, wie mit Schnee bedeckt.

Der Wind ist da und doch nicht so stark, wie ich es nach der Wetterprognose vermutet hatte. Je länger ich laufe, um so froher bin ich, auf Werners Vorschlag eingegangen zu sein. Es ist schon eine beeindruckende Landschaft um mich herum. Immer deutlicher wird der steil aufsteigende Pfad nach oben. Wir sind auf dem Weg zur Himmelsleiter. Der Begriff ist mir bestens bekannt, denn zum Frankenstein, meinem Hausberg (eher Bergchen), gibt es den auch. Es ist eine lange Treppe hoch zum Gipfel. Auch hier geht es über Stein- und Felstreppenstufen aufwärts. Im obersten Bereich schimmert es hellgrün. Ich bin gespannt, was es mit der Farbe auf sich hat.

Bei der Himmelsleiter angekommen, beginnt nun der richtige Aufstieg zum Gipfel. Für mich jetzt ohne Rucksack völlig entspannend. Natürlich merke ich diesen Anstieg und doch bringt er mich nicht wirklich aus der Puste. Ich schwitze nicht mal richtig. Bleibe auch mehrmals stehen, doch eher um zu fotografieren. Vor uns einige Wanderer und kurz vor dem grünlich schimmernden Bereich habe ich Wanderer eingeholt. Das helle Grün entpuppt sich als eine riesige Steinfläche oder Geröllfeld, der Wetterseite zugewandt. Die Steine sind mit einer dünnen Moosschicht bedeckt. Vor mir ein Ehepaar auf den letzten Metern vor dem Ziel. Wie ich später erfahre, ist die Frau über 70 Jahre alt und hat zwei Handicaps, sie hat ein künstliches Kniegelenk und nur noch einen Lungenflügel. Auch bin ich von Werner beeindruckt, er ist 70 Jahre alt und hat vor einem Jahr ein neues Hüftgelenk bekommen. Natürlich machen wir die obligatorischen Fotos am Gipfelkreuz. Der Fernblick in alle Richtungen ist grandios.

Dann geht es wieder abwärts, zunächst wieder über ein Steinfeld und dann vorbei am Lusen Schutzhaus. Wir reden ununterbrochen und so ist schon der Weg aufwärts und auch jetzt abwärts kurzweilig und die Zeit vergeht wie im Fluge. Schließlich erreichen wir den Parkplatz bei Mauth und seine Frau steht bereits zum Abholen dort. Vom Parkplatz geht es zunächst nach Waldhäuser. Dort hole ich meinen Rucksack und im Gasthof befragt mich die Wirtin nach meinem Aufstieg. Ich berichte von einem wunderbaren Aufstieg und vom ertragbaren Wind.

Wir fahren weiter nach Mauth und dort in ein Café. Hier spendiert mir Werner Cappuccino und Kuchen. Eigentlich habe ich mir dies heute nicht verdient. Von dort ist es ein kurzes Stück zu meiner heutigen Bleibe. Dann verabschieden wir uns, doch zuvor vereinbaren wir noch ein Treffen wenn möglich in Hauzenberg.

Die heutige Etappe war wieder eine überaus gelungene Tour und an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Werner und seiner Frau. Ich verstehe sein Hinweis nun sehr gut: „Der Lusen ist ein Muss auf dem Goldsteig.“ 

Ein Gedanke zu „158. Etappe: 30. September 2013

  1. Hallo Werner,

    danke für die schönen Fotos vom Bayerischen Wald. Wir sind schon oft am Dreisessel gewandert, auch einen Teil auf dem Goldsteig, der dort auch schlecht ausgeschildert war und einige Umwege bescherte. Bei den Fotos am Gipfel mit der Steinfläche zittern mir richtig die Knie. So eine Fläche mussten wir damals auch überwandern. War froh, als ich wieder einen richtigen Wanderweg unter den Füßen hatte.
    Ich wünsche dir alles Gute auf deinem weiteren Wanderweg und schönes Herbstwetter!

    LG
    Renate

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