Gündelwangen – Titisee (Mit Bus und Bahn unterwegs)
Irgendwann nachts wache ich auf und höre ein tropfendes und fließendes Geräusch. „Mist, warum können die im Gasthaus nicht die Heizkörper gescheit entlüften“, denke ich und schlafe aber wieder ein. Gegen 6 Uhr holt mich mein Wecker endgültig aus dem Schlaf. Wieder diese Geräusche. Doch diesmal gehe ich zum Fenster und öffne es kurz. Was ich schon in der Nacht gehört habe, ist der Regen und es sind die Fließgeräusche des Wassers in der oberhalb des Fensters verlaufenden Regenrinne.
Kurz vor dem Frühstück arbeite ich meine Route neu aus. Ich muss an der Straße entlang, im Gelände erwartet mich nur Matsch und gegen Mittag dann Schnee. Zunächst suche ich wieder einmal im schlechten Mobilfunknetz eine Unterkunft in Titisee. Gar nicht so einfach, einige Gästehäuser sind bereits geschlossen. Als die Zimmerwirtin hört, dass ich Wanderer bin, erklärt sie mir das Zimmer nur bis 16 Uhr zu reservieren. Ich muss, wenn es später wird, nochmals anrufen. Sie hat schlechte Erfahrung mit Wanderer gemacht, die zwar buchen, dann aber nicht auftauchen. Ich versichere ihr, ich komme und werde natürlich, wenn es später wird, anrufen. „Hoffentlich habe ich um diese Zeit ein Mobilfunknetz“ schießt es mir durch den Kopf.
Nach dem Frühstück regnet es immer noch und der Regen hat auch noch deutlich zugenommen. Ich denke erstmals über eine Busfahrt nach Titisee nach. Von der Frühstücksbedienung lasse ich mir den Weg zur Bushaltestelle erklären und erhalte auch ein altes Fahrplanbuch des örtlichen Verkehrsverbundes. Die passende Linie von Gündelwangen nach Neustadt am Titisee ist schnell gefunden und im Internet finde ich auch die aktuelle Abfahrtzeit für Sonntagmorgen. Nur alle zwei Stunden fährt ein Bus. Nochmals ein Blick auf meine Route, es geht größtenteils an der Straße und an einer Bundesstraße entlang, und meine Entscheidung für den Bus ist gefallen. Dann noch ein Anruf bei der Pension und ich darf bereits ab Mittag das Zimmer beziehen.
Seit Tagen habe ich, mal weniger, mal mehr Schmerzen im hinteren Ober- und Unterschenkel, im Bereich der Kniekehle. Als es anfing, versuchte ich mit zusätzlichen Dehnübungen dagegen zu halten. Die Dehnungen kombiniert mit einer wärmenden Salbe brachten keinen Erfolg, waren eher kontraproduktiv. Es wurde schlimmer. Dann begann ich mit Schmerzmittel, die ja auch entzündungshemmend wirken und einem Schmerzgel. Jetzt wurde es deutlich besser. Unterwegs vor Konstanz bekam ich das Wundermittel und setzte das Schmerzmittel und die Salbe zunächst einmal ab. Die lange Etappe mit einigen Steigungen am Freitag zeigt mir jedoch, so Wunderhaft ist das Mittel zumindest für diese Krankheit – wohl eine Sehnenentzündung – nicht. Die heutige Etappe mit Bus und Bahn wird mir, nun wieder mit Schmerzmittel und Schmerzgel, sicher gut tun.
Rechtzeitig laufe ich bei strömenden Regen zur Bushaltestelle und muss kurz, leider ohne Wartehäuschen, warten. Der Bus kommt glücklicherweise pünktlich. Die Fahrt ist mit der Gästekarte kostenlos. Bis kurz vor Neustadt regnete es und fast mit Erreichen der Stadtgrenze fällt nun der erste Schnee. Am Gleis des Bahnhofs, auf den Regionalzug wartend, werden die Schneeflocken dicker, bleiben jedoch noch nicht liegen.
Bei Ankunft in Titisee beginnt der Schnee doch langsam Spuren zu hinterlassen. Auf meinem Weg vom Bahnhof zur Pension erreiche ich den Wanderweg „Westweg“, am Laternenpfahl klebt die mir gut bekannte Wegemarkierung „Rote Route auf weißem Grund“. Ein schmaler Weg führt von der Straße zum See. Genau hier bin ich bereits 2009 zum See gelaufen. Damals hatte es einige Zeit vorher geregnet und ich hatte schon damals den blauen Poncho halb an. Die Badegäste beäugten mich neugierig aber auch kritisch, ich war ein Exot unter ihnen.
Damit schließt sich der Kreis mit meiner jüngeren Vergangenheit, meiner ersten großen Wanderschaft und Pilgerreise 2009 von Darmstadt nach Santiago de Compostela und Kap Finistere. Zuvor die beiden schönen Treffen mit Monika und Roland am Bodensee und am Freitag mit Rita und Dani, meinen Pilgerbekanntschaften aus 2009. Irgendwie kommt ein bisschen Wehmut bei den Gedanken an diese wundervolle Zeit in mir hoch.
Dann geht es weiter zur Pension. In meinem Zimmer ist bereits die Heizung an und es ist mollig warm. Genau richtig, wenn man aus der Kälte kommt.
Jetzt beim Schreiben des Berichtes hat es sich richtig eingeschneit. Auf den Bäumen und Dächern bleibt der Schnee liegen. Die Schneehöhe nimmt langsam zu, momentan sind es etwa 4 – 5 Zentimeter, jedoch weiter steigend. Ich werde meine morgige und vielleicht auch die weitere Route umplanen. Zunächst geht es auf jedem Fall noch über 900 Meter. Schwierig wird es wieder eine Unterkunft zu finden. Dann am Dienstag laufe ich in Freiburg ein, damit endet mit Sicherheit der weiße Zauber. Freiburg liegt unterhalb 300 Metern.