212. Etappe: 28. November 2013

Völklingen – Dillingen  21,8 km

Vom Vorort Heidstock laufe ich Richtung Völklingen Zentrum. Schon bald sehe ich zwischen den Büschen weiter unten liegend das Steinkohlekraftwerk Fenne und auch die ersten rauchenden Industrieschornsteine. Die Saar liegt ebenfalls links unter mir. Es ist wie tagszuvor kalt. Je näher ich Völklingen komme, um so mehr erinnert mich die Stadt an das Ruhrgebiet der 60er und 70er Jahre. Der Putz der alten Mehrfamilienhäuser ist schmutzig grau. Es überdeckt die Ursprungsfarben Beige oder Weiß. Bei einem Ziegelsteingebäude sind nur noch wenige rotbraune Ziegel erkennbar. Die meisten Ziegel sind inzwischen in Schwarz getaucht.

Schon von Weitem sehe ich die Türme des alten Rathauses und einer Kirche. Meine Route führt mich nicht zum Zentrum, sondern mehr zu einem ehemaligen Arbeiterviertel. Vorbei laufe ich an Woolworth und vielen kleinen Läden. Es ist ein normaler Werktag und doch sehe ich nur wenige Berufstätige, es sind mehr älter Menschen unterwegs.

Ich erreiche das imposante alte Rathaus, durchlaufe eine Unterführung und stehe vor dem alten Bahnhof. Schon ab hier ist der Hintergrund geprägt von Industrieschornsteinen und Rohren. Dann wieder eine Unterführung und nun erreiche ich die Völklinger Hütte, heute stillgelegt und inzwischen Weltkulturerbe. Ein europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur. Eine Straße mitten durch Industrieanlagen mit viel Rohren, Schornsteinen und Hallen, das meiste belegt mit rotbraunem Rost und alten Gebäuden führt mich schließlich wieder zur Saar. Die Natur mit Bäumen und Büschen, hier noch mit gelbem Herbstlaub, beginnt sich wieder Stück für Stück Land zurückzuholen.

Dann die Brücke und sofort fällt mir die Moschee auf der linken Saarseite auf. Das ehemalige Arbeiterviertel wird heute wohl auch von ausländischen Mitbewohnern besiedelt. Ich steige an der Brücke runter zum Saar-Radweg und die Industrieanlagen auf der gegenüberliegenden Seite begleiten mich. Eine Holzbank mit Rückenlehne und geschwungenem Abschussholz fällt mir sofort ins Auge. Genau hinter der Bank ein kleines Holzlager mit Holzscheiten für den Kamin. Es ist wohl mehr das Schild: „Holzdieb ich kriege Dich!“ was mich aufmerksam machte. Der Platz ist ausgesprochen interessant und trotz Kälte muss ich hier eine Pause machen. An einem Holzpfosten eine Parkuhr, ich hoffe, ich muss nicht für das Sitzparken 🙂 bezahlen!? Darüber ein Schild mit „Shitverbot“ für Hunde und noch einige rote Rosen komplettieren diesen interessanten Platz. Doch erst jetzt bemerke ich das Ausgefallenste, hinter mir ein ausgewachsener Kiwibaum. In Griffhöhe kleiner Früchte, doch etwas höher noch viele normal große Kiwi. Ich bin versucht zu naschen, doch das Schild mit dem Holzdieb hält mich irgendwie davon ab. Schade, dass niemand zu sehen ist, um zu fragen, ich hätte gerne eine Frucht probiert.

Es geht linksseitig an alten Gebäuden, einem Biergarten, Schrebergärten und viel Natur und rechtsseitig mit viel Industrieanlagen vorbei. Auch den Kontrast alte halb verfallene Gebäude und dahinter moderne blockförmige Industriehallen, noch mit frischen Farben, nehme ich wahr. Dann nimmt die Natur Zusehens Raum ein. Man hat vor einiger Zeit mächtig ausgeholzt, ich kann mir noch gut das Dickicht aus Büschen und Pflanzen vorstellen. Es folgt eine Pipeline und große Strommasten, die mich an der Saar nun begleiten. Dann auf der anderen Seite ein Hallenkomplex fast einem Kilometer lang mit braunen Hallen und blauen Zwischenwänden. Von einer Frau mit Hund erfahre ich, dass hier früher das Walzwerk untergebracht war, heute nur zum Teil von verschiedenen Firmen sehr individuell genutzt wird.

Es folgt eine lange Strecke an der Saar, mal mit Tümpel, zum Teil mit dünnem Eis bedeckt, mal nur reines Feuchtgebiet. Leider erstrahlt die Landschaft nicht mehr mit leuchtenden Herbstfarben. Jetzt herrscht das Braun vor. Öfters sehe ich den Grau- und Silberreiher, zum Fotoschuss komme ich aber nicht. Die Kormorane sehe ich ebenfalls und hier kann ich ein „tête-à-tête“ zweier Kormorane im Baum fotografieren. Kurz vor Saarlouis komme ich an einem weiteren Steinkohlekraftwerk auf der anderen Saarseite vorbei.

Genau zum richtigen Zeitpunkt mache ich eine Pause und gebe die Adresse in mein Smartphone-Navi ein. Es spuckt mir nur ein paar Hundert Meter weiter eine Abkürzung, ohne die weitläufige Saarscheife laufen zu müssen, über Saarlouis aus. Dieser neuen Route folge ich. Mein Bedarf nach Wärme und Kaffee ist groß und so nutze ich ein Wettbüro, nur Kaffee nicht mehr(!), für eine Aufwärmung von innen und außen. Kurz danach erreiche ich den ersten und bereits geöffneten Weihnachtsmarkt auf meiner Wanderung im Herzen von Saarlouis. Doch ich lasse ihn links liegen, komme an einem schönen Park vorbei, überquere die Saar und laufe ziemlich geradlinig in Richtung meiner heutigen Bleibe. Doch bevor ich diese erreiche, komme ich an der Dillinger Hütte vorbei und es folgt ein Krankenhaus und erst dann habe ich die kleine Pension erreicht. Der Sohn des Hoteliers gibt mir zum Aufwärmen einen Kaffee aus. Als ich schließlich mein Zimmer betrete, erstarre ich vor Kälte. Das Fenster ist auf, wohl schon länger, und die Heizung fast aus.

Schnell geduscht, umgezogen und sofort runter in das noch von außen geschlossene Restaurant. Auch da bläst erst gerade ein Heizlüfter. Doch es ist wärmer als in meinem Zimmer.

Die Kälte ist auch am Abend trotz voller Pulle Heizung nicht vertrieben. Ich hole zusätzlich meinen Schlafsack raus und nutze ihn für die Nacht. 

Ein Gedanke zu „212. Etappe: 28. November 2013

  1. hallo Werner,
    jetzt hast du es ja bald geschafft. Ich wünsche Dir noch ein Wetter ohne Regen und Schnee.
    Am 15.12. fliege ich wieder nach Spanien, bis dahin werde ich noch ein paar mal neugugge.
    Bis denne
    Traudl

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