Die kurze Etappe des Vortages und auch der längere Schlaf taten mir gut. Mein heutiges Frühstück nehme ich in einer Bäckerei, nur ein paar Meter von der Pension entfernt, ein. Insgesamt bin ich heute früher fertig und starte bereits um 8:30 Uhr. Es ist zwar recht kühl, aber der blaue Himmel verspricht ein schönes Wanderwetter.
Ich durchlaufe die Altstadt und orientiere mich nur an dem Richtungspfeil meines Navis, der mich auch am Freibad aus meiner Jugendzeit – heute ein Erlebnisbad – vorbeiführt. Kurz danach habe ich meine heutige Route erreicht. Es geht abseits der Straßen mit mehr oder weniger Abstand zum Emsbach entlang. Der erste Ort, den ich erreiche, ist Oberselters. Kurz nach dem Ortsausgang mache ich meine erste Pause. Ich genieße den straßenfreien Lauf. Mir gegenüber liegt der Mineralbrunnen Oberselters. Ein kleiner Tümpel neben der Bank ist noch vereist. Weiter geht es nach Niederselters und danach in Richtung Oberbrechen. Jetzt habe ich über 300m Abstand zur Straße. Sehen tute ich sie nicht mehr, nur ein kontinuierliches Geräusch ist vernehmbar. Wieder auf einer Bank genieße ich die schöne Aussicht um mich herum. Ein deutliches Vogelgezwitscher ist vernehmbar und an vielen Ästen der Bäume sehe ich junge Knospen. Der Frühling kommt nun hoffentlich bald.
Endlich sehe ich vor mir Oberbrechen, ein Ort meiner Vergangenheit. Hier war ich als Kind und Jugendlicher in den Sommerferien bei meiner Tante Gertrud und und meinen Cousins Peter und Rainer. Ein direkter Übergang über die Bahngleise und die Landstraße in den Ort hinein gibt es nicht mehr. Heute muss man über eine Brücke. Ich war schon viele Jahre nicht mehr bei meiner Tante. Und doch erkenne ich nach dem Übergang sofort wieder den Weg. Ab jetzt benötige ich kein Navi mehr.
Ich klingel mehrmals, doch Sie öffnet mir nicht. Eine leichte Enttäuschung macht sich bei mir breit. Dann ein letzter Versuch, ich probiere es über einen Telefonanruf. Sie nimmt ab, erkennt mich und einen Moment später sitze ich im Wohnzimmer. Ich freue mich, dass ich sie nun doch erreicht habe und auch sie freut sich über meinen Besuch.
Mit ihren 94 Jahren ist sie wirklich noch sehr rüstig, sie läuft ohne Gehhilfe und ist auch geistig sehr rege. Wir tauchen ein in die Vergangenheit und dann muss ich wieder weiter.
Zurück über die Überführung und dann geht es zum nächsten Ort nach Niederbrechen zu meinem Cousin Reinhold. Hier jedoch habe ich Pech, keiner ist zu Hause. Meine Schuld, ich hätte am Vortag anrufen sollen. Jetzt stelle ich fest, dass ich die Route von Niederbrechen nach Limburg nicht auf meinem Navi gespeichert habe. Eine Pause in einem Dönerladen ist fällig. Nach dem Überspielen der Route und einem Döner geht es weiter nach Limburg.
Meine Route führt mich am Ortsende unter einer Autobahnbrücke hindurch. Unmittelbar danach rechts auf einen Feldweg sehr dicht an der Gegenspur der Autobahn entlang. Was habe ich mir dabei gedacht! Der Weg hat teilweise nur einen Abstand von 10 Meter zur Autobahn. Die Lkws und Autos donnern an mir vorbei, ein Höllenlärm!
Der Feldweg entpuppt sich sehr bald als ein fast nicht mehr erkennbarer Weg. Ich laufe in Spurrillen eines Traktors oder auf einem schmalen Randstreifen neben Äckern und Weiden entlang. Manchmal geht es auch einfach nur über Äcker, immer der Route meines Navis nach. Das Einzige, was mich tröstet, es ist der absolut kürzeste Weg zur Jugendherberge in Limburg.
Die letzten zwei Kilometer sind dann etwas abseits der Autobahn und führen durch ein Waldgebiet. Dann erreiche ich einen Parkplatz und von dort komme ich auf eine Straße nach Limburg rein. Nur wo ist die Jugendherberge? Nachdem ich bereits einige Hundert Meter gelaufen bin, taucht vor mir eine Bank auf. Hier mache ich Pause und rufe die Jugendherberge an. Der Autolärm der Straße macht es schwierig zu kommunizieren, aber auch die Ortsunkenntnis des Mannes am Telefon hilft mir nicht wirklich weiter. Also weiter in Richtung Innenstadt. Endlich kommt mir eine alte Frau entgegen und sie kann mir weiterhelfen. Ich muss wieder zurück und den Berg rauf. Wieder biege ich beim Parkplatz ein und nun sehe ich ein Hinweisschild zur Jugendherberge. Bin vorhin daran vorbei gelaufen. Nehmen meine Umwege kein Ende?
Schnell ist nun die Jugendherberge erreicht. Zunächst rufe ich meinen Cousin Gerhard an, er wohnt nicht weit von Limburg entfernt. Er kommt und wir schwätzen ein bisschen Miteinander. Danach rufe ich Toska an, die Schwiegermutter meiner jüngeren Tochter und werde auch schon bald danach abgeholt. Nun beginnt das Verwöhnen und ich genieße das. Ein opulentes Mahl und auch ein köstliches Bier folgen. Nur danach bin ich einfach müde.