Großschönau – Ebersbach 22,4 km
Der Tag beginnt wieder mit blauem Himmel und Sonnenschein. Mein Gasthof liegt etwas abseits der Route in einem Gewerbegebiet. Schon wenige Meter später komme ich an einer Frottierweberei und danach an einer Damastweberei vorbei. Diese beiden Webereien sind die einzig übrig gebliebenen Webereien nach der Wende, wie ich später erfahre.
Um noch etwas mehr vom Ort zu sehen, steuere ich die Kirche an. Und habe auch wenig später das erste Ensemble von Umgebindehäusern. Das setzt sich im Ortskern weiter fort und wie schon gestern, stehen weiter schöne Umgebindehäuser direkt an der Mandau. Mit einem Mann, er beseitigt gerade die Spuren des Heckeschneidens, komme ich ins Gespräch.
Er erzählt mir, dass es vor der Wende hier viele Arbeitsplätze in den Webereien und in der Maschinenfabrik gab. Bei der Maschinenfabrik waren es etwa 300 Arbeitskräfte und jetzt gerade mal noch etwa 30. Ähnlich bei den Webereien, ehemals über 3000 Arbeitskräfte und heute etwa 300. Die meisten Fabriken sind inzwischen abgerissen, ich habe die beiden übrig gebliebenen bereits gesehen. Früher hat man hier billig für den Westen Frottierhandtücher hergestellt. Mit der Wende wurden die Webereien von der westlichen Konkurrenz aufgekauft. Für zwei Jahre war Bestandsschutz der Mitarbeiter. Danach kam dann das Ende. Das Personal wurde entlassen, die Maschinen verkauft und die Fabriken abgerissen.
Das Damastmuseum und das Technikmuseum kann ich nicht besuchen, es ist bereits zu spät, ich muss weiter. Nach dem Ort wird es zunehmend hügeliger und das Auf und Ab beginnt. Um mich herum Berge des Zittauer Gebirges. Für längere Zeit tauche ich in ein Waldgebiet ein, laufe unterhalb des Gipfels an einen Berg mit 475 Meter Höhe entlang, durchwandere Felder. Schließlich erreiche ich Spitzkunnersdorf. Auf der Ortsstraße laufe ich direkt auf einen weithin sichtbaren Gasthof zu. Es ist ein Wirtshaus mit Brennerei und dem selbst ernannten Namen: „Schwarzbrennerei Wilder Hirsch.“ Hier kehre ich ein und kann dem „Wilden-Hirsch-Bier“ nicht widerstehen. Daher genehmige ich mir, gegen alle Vernunft, eine ½-Liter-Flasche Starkbier. Nach Verlassen des Wirtshauses geht es bergan an der Straße entlang und ich merke deutlich das Bier. Wenig später biege ich in einen Feldweg ab, der wiederum gut ansteigend verläuft. Schwer atmend nehme ich diese Hürde. Ich bin Alkohol unterwegs nicht gewöhnt, jetzt muss ich dafür büßen.
Weiter laufe ich durch Felder und nehme ein paar Hügel mit. Inzwischen habe ich den Alkohol ausgeschwitzt. Dann erreiche ich Leutersdorf und ab hier geht es nur noch an der Straße entlang. Bis Neueibau habe ich einen Fuß- und Radweg. Der hört aber nach Neueibau auf und so bin ich wieder am Straßenrand unterwegs. Inzwischen hat der Berufsverkehr eingesetzt. Jetzt heißt es wieder starke Nerven und Gottvertauen haben, denn wieder rasen einige Verrückte an mir vorbei.
Erst vor Ebersbach hat mich ein Radweg wieder. An der Hauptstraße und an einem Bach entlang erreiche ich schließlich meine heutige Pension. Später erfahre ich, dass dieser Bach ein Arm der Spree ist.