Pausentag in Trier

Dienstag, 03. Dezember 2013

Ein Blick in der Frühe aus dem Fenster und die Dächer vor mir sind mit einer dünnen Schicht Raureif überzogen. Nun wird es ordentlich kalt. Für Freitag ist bereits Schnee hier in der Gegend angesagt.

Den Vormittag verbringe ich mit Neuplanung der Routen auf dem Moselcamino. Mit Überraschung stelle ich fest, hier muss ich heftig viele Höhenmeter rauf wie runter bewältigen. Dazu Anrufe für die letzten Treffen in Eltville, Mainz und Nauheim. Genau für diese letzten Etappen buche ich bereits meine Unterkünfte.

Zwischendrin der Anruf der Trierer Tageszeitung zu einem Interview und Fototermin. Natürlich mit Rucksack. Hier schummel ich ein wenig und leere ihn weitgehend. Stopfe ein großes Kissen und obendrauf meinen Schlafsack. Nun schaut er voluminös und schwer aus. Als ich ihn schließlich aufschnalle, nehme ich ihn kaum wahr. Damit könnte ich problemlos 40 km-Touren bewältigen und anschließend noch einigermaßen Frisch sein. Schöner Gedanke, doch leider nicht Realität. Bei der Touristeninformation an der Porta Nigra treffe ich mich mit einer Journalistin und einem Pressefotografen. Zuerst erfolgt das Interview und anschließend gibt es mehrere Fotosessions. Ich bin gespannt, was dabei raus kommt.

Nach diesem Treffen durchstreife ich noch einige Zeit Trier und besuche dabei den Dom, verschiedene Kirchen und nochmals den Weihnachtsmarkt. 

216. Etappe: 02. Dezember 2013

Nittel – Trier  26,5 km

Bereits gestern Abend habe ich mich entschieden, morgen einen Pausentag in Trier einzulegen. Meine Ersatzwanderschuhe hat Noriko direkt zur Postfiliale nach Schweich, mein nächstes Etappenziel nach Trier, geschickt. Trier mit einer zusätzlichen Pause zu genießen ist interessanter als das kleine Moselstädtchen Schweich. Der Riss seitlich im Leder meines Schuhs wird beständig größer. Ich hoffe, dass ich in den Besitz meiner Ersatzschuhe komme, bevor vorne die Lederkappe hochsteht. Das würde mich an Filme mit Charlie Chaplin erinnern, nur wäre das nicht so lustig für mich.

Der Morgen an der Mosel ist noch etwas kühl und beginnt mit leichtem Nebelschleier. Am Himmel sehe ich jedoch schon einige kleine blaue Lücken in der sonst dichten Wolkendecke. Es verspricht, wieder schönes Wanderwetter zu werden.

Schon nach wenigen Kilometern biegt mein Weg ab von der Mosel und ich muss am Straßenrand auf einem separaten Radweg entlang laufen. Es geht vorbei an einer Baustelle mit einer neuen Auffahrt zur Moselbrücke und nach Luxemburg. Dann erreiche ich den „billigsten“ Ort Deutschlands :-), den Ort Oberbillig. Austesten, ob es denn tatsächlich oberbillig hier ist, kann ich nicht. Ich finde kein geöffnetes Café. Nach Oberbillig kann ich meinen Weg direkt an der Mosel fortsetzen.

Heute zeigt sich das Luxemburger Ufer nur selten von seiner schönen Seite. Immer wieder sehe ich Baustellen und Firmengelände. Dann nähere ich mich der Saarmündung vor Konz. Diese erlebe ich auf der überquerenden Brücke auch nur unspektakulär. Doch danach wird die Landschaft beiderseits der Mosel wieder schöner.

Als ich mich Trier nähere, begegnen mir die ersten Spaziergänger. In Trier und weiter am Ufer der Mosel entlang, bekomme ich zunächst nichts von der Stadt zu sehen. Nur der Verkehr oberhalb des Weges ist unüberhörbar. Als ich eine junge Kinderwagen schiebende Mutter frage, ob ich besser oben an der Straße laufen sollte, um nichts von der schönen Stadt zu versäumen, ernte ich nur Unwissen. Also nutze ich den nächsten Aufgang, um auf Straßenniveau zu gelangen. Doch noch bietet sich hier nichts Interessantes. Ich durchquere ein Stadtteil, der überall sein könnte. Dann jedoch erreiche ich die Neustraße und damit eine Fußgängerzone. Hier empfangen mich zum Teil schon beleuchteter, die Straße überspannender, Weihnachtsschmuck und viel Passanten. Vermutlich unterwegs beim Weihnachtseinkauf. Die Straße mündet direkt in den Hauptmarkt und damit in den historischen Stadtkern und ins Herz des Trierer Weihnachtsmarktes. Es ist ein bisschen dämmrig geworden und die vielen Buden erstrahlen bereits im Lichterglanz. Erstmals kommt auch bei mir etwas Weihnachtsstimmung auf. Der einsetzende Weihnachtsrummel allerdings stört mich ein bisschen. Zu viel Gewusel um mich herum. Doch die wunderschönen Gebäude, die diesen Weihnachtsmarkt umschließen, lassen mich das Treiben ertragen.

Ich durchquere den Hauptmarkt, laufe in der Nähe des Doms vorbei und stoße auf das bekannteste Wahrzeichen der Stadt Trier. Die Porta Nigra, ein ehemaliges römisches Stadttor. Direkt am Stadttor vorbei führt mein Weg weiter zu meiner heutigen Bleibe, ein nettes kleines Hotel. 

215. Etappe: 01. Dezember 2013

Perl – Nittel  25,6 km

Vom Hotel bin ich in wenigen Minuten auf dem Fuß- und Radweg an der Mosel. Auf Günters Empfehlung hin, bleibe ich auf deutscher Seite, denn hier kann ich ohne Autoverkehr unterwegs sein. Nebel liegt über der Landschaft und verwehrt mir den Blick zur Mosel. Es ist nichts los an diesem nebligen Morgen. Nur eine Gassigeherin in unmittelbarer Nähe zu Perl und wenig später ein Joggingpaar sind bereits unterwegs.

In Besch bei einem Rastplatz an der Mosel mache ich meine erste Pause. Schon während dieser Pause lichtet sich langsam der Nebelschleier. Und schon einige Kilometer weiter habe ich freien Blick auf die Mosel und ihrer näheren Umgebung. In Höhe von Remich beginnt dann ein Bilderbuchwetter mit blauem Himmel und Sonne. Nur die Wärme fehlt, dazu hat die Sonne nicht mehr genug Kraft.

Ich kann mich nur an der Landschaft auf Luxemburger Seite erfreuen. Von deutscher Seite sehe ich kaum etwas. Der Weg liegt oft unterhalb eines Hangs, vermutlich Weinberge. Bei einer Moselschleife entferne ich mich vom Fluss und durchlaufe eine herrlich hügelige Weinanbaulandschaft. Ein intensiver Farbenmix, dank Sonne, aus Grün, Braun und leuchtend Rotbraun empfängt und umgibt mich. Bei so einem Wanderwetter macht es wieder richtig Spaß unterwegs zu sein.

Zunächst erkenne ich die Situation nicht. Ein langsam fahrendes Auto kommt auf mich zu. Wenig später trottet ein Hund hinterher. Wieder einmal nähert sich mir ein „moderner Gassifahrer“ :-). Es scheint in Mode zu kommen. Leider stehe ich zu ungünstig um ein Foto zu machen, denn als das Fahrzeug an mir vorbei ist, biegt der Weg ab und der Hund ist vor das Fahrzeug gelaufen.

Die Zeit verstreicht und so langsam wird es dunkel. Bis zum Ziel habe ich noch einige Kilometer. Inzwischen bin ich alleine an der Mosel unterwegs. Plötzlich habe ich die in den Bäumen sich niedergelassenen Krähen aufgeschreckt. Hunderte Krähen erheben sich laut schreiend aus den Bäumen und kreisen über mir. Sofort fällt mir der Spielfilm von Alfred Hitchcock „Die Vögel“ ein. Nur bei mir greifen sie nicht an, sie überfliegen mich kreisend und in Wellen mit lautem Gequarre und Gekrächze.

Dann endlich sehe ich die Lichter von Nittel vor mir. Als ich den Weinort erreiche, ist es bereits dunkel. Die Unterführung der Bahngleise macht sich durch helles Neonlicht schon ein Stück vorher bemerkbar. Ein Paar, gerade vom Bahngleis die Treppe runter kommend, erschrecke ich. Mit meinem plötzlichen Auftreten haben sie nicht gerechnet. Unmittelbar nach der Unterführung sehe ich hell erleuchtet meine heutige Unterkunft. Dankbar betrete ich wieder einmal ein beheiztes Zimmer! Das gab es in der letzten Zeit nicht mehr.