88. Etappe: 15. Juli 2013

Pepelow – Rerik  14 km

Die Nacht war unruhig. Ziemlich verschlafen weckt mich mein Smartphone. Erst war es der starke Wind und das heftige Rascheln über mir, dann riss mich irgendein Tier mit seinen lauten Rufen aus dem Schlaf. Alles geht heute Morgen langsam. Erst der Einkauf im Campingladen, dann Frühstücken im Zelt und schließlich Packen. Es dauert und meine Zeltnachbarn fragen mich auch nach dem Tier. Auch sie sind davon wach geworden. Es bisschen verquatsche ich mich und starte erst um 10:30 Uhr. Ein leichter Wind weht noch, aber die Sonne zeigt sich wieder und zwischen den Wolken ist der blaue Himmel sichtbar. Unterwegs ändere ich mein heutiges Etappenziel und entschließe mich für einen kurzen Trip nur bis nach Rerik.

Kaum das ich Pepelow verlassen habe, führt mich meine Route für einige Zeit auf einen Feldweg. Es folgt wieder eine Kreisstraße und in Roggow komme ich bei einer Pause mit einer Frau ins Gespräch. Sie ist mit ihrem Sohn hier in Urlaub. Sie möchte gerne auf dem Jakobsweg pilgern. Wieder kurz vor Rerik komme ich mit einem älteren Mann ins Gespräch, ich schätze ihn auf über 80 Jahre. „Schon zu DDR-Zeiten ist er geradelt“, erklärt er mir und das hat er bis heute beibehalten.

Von dieser Schutzhütte aus biege ich in den Wald ab und sehe zum ersten Mal ein Hinweisschild des Europäischen Fernwanderweg E9. Nach einem kurzen Stück Wald erreiche ich das Ufer der Ostsee wieder. Mich trennt hier nur das Schilf vom Wasser und dieser schöne Weg dauert noch etwa 1 ½ Kilometer so. Dann ist Rerik erreicht und einige Zeit später bin ich am Hafen. Hier tummeln sich viele Badegäste. Es dauert dann noch einige Zeit, bis ich den Zeltplatz erreiche. Heute hat man mir am entferntesten Winkel, nur zwischen Jugendlichen, einen Platz zugewiesen. Bin gespannt, wie die Nacht wird. Neben mir eine Familie, die mit dem Fahrrad unterwegs ist.  

87. Etappe: 14. Juli 2013

Wismar – Pepelow  27,2 km

Um 9:30 Uhr verlasse ich bei bewölktem Himmel die Jugendherberge. Die Sonne ist nicht zu sehen und es ist kühl. Schon nach einigen Hundert Metern ziehe ich mir eine Jacke an.

Die Wolken nehmen Zusehens eine dunklere Farbe an und vor der Brücke über den Mühlenteich bei einer Bushaltestelle wechsel ich meine Jacke und ziehe die Regenhaube über den Rucksack. Auf der Brücke richtet sich mein Blick sofort auf die große Bauruine vor mir. Zwei Häuser sind bereits renoviert. Bei einem weiteren Haus, genau zwischen zwei Häusern im katastrophalen Zustand, sind Renovierungsarbeiten im Gange und ein Schild mit: „Zu vermieten“ steht vor dem Eingang. Rechts daneben eine große Ruine. Ob so ein Objekt vermietbar ist?

Am Stadtausgang passiere ich mehrere Schrebergartenkolonien und verlasse dann auf einer kleinen Kreisstraße Wismar. Der Weg führt mich zwischen Feldern hindurch. Aus einer Hofausfahrt kommt mir ein Museumsstück von Traktor entgegen getuckert. Der Motor müht sich redlich das Gefährt vorwärts zu bringen, es fällt aber ihm sichtlich schwer. Von dem Besitzer erfahre ich, dass der Traktor über 50 Jahre alt ist.

In Hornstorf komme ich an einer Backsteinkirche vorbei, die Kirche ist auf, wie auf einem Schild hingewiesen wird. Im Ort folge ich nicht meiner Route, sondern nehme einen anderen, mir als kürzer erscheinenden Weg. Kaum bin ich aus dem Ort heraus, habe ich eine alte Straße mit Kopfsteinpflaster vor mir. Glücklicherweise gibt es neben der Straße einen ausgetretenen Pfad. Viele vor mir haben auch schon das unebene Kopfsteinpflaster gemieden und sind dorthin ausgewichen. Die gepflasterte Straße mündet schließlich wieder auf meine Route und auf eine kleine einsame Kreisstraße. Ich habe die Straße für mich. Einige Zeit später wechsel ich auf einen Feldweg. Leider nicht von langer Dauer.

Ich durchquere mehrere kleine verschlafene Dörfer, alle sind menschenleer und lande schließlich in Alt Farpen. Selbst in diesem Nest wird eine Ferienwohnung angeboten. Ob hier tatsächlich eine Ferienwohnung vermietbar ist? Die Landschaft, durch die ich wandere, ist reizvoll. Bei den Getreidefeldern überwiegt immer mehr das Gelb. Nach Boiensdorf habe ich wieder freien Blick auf die Ostsee. Ich befinde mich bei der Salzhaff. Hier wird die Bucht fast völlig von den Halbinseln Wustrow und Boiendaorfer Werder von der Ostsee abgetrennt. Leider sind die Lichtverhältnisse nicht so gut um diese herrliche Landschaft entsprechend auf Fotos abzubilden.

Das letzte Stück bis nach Pepelow durchlaufe ich eine Allee und kurz vor Pepelow biege ich schließlich zum Campingplatz ab. Der Wind hat deutlich zugenommen und ich kriege langsam Zweifel ob meine Zeltheringe, dick, wie Stricknadeln, dem Wind gewachsen sind. Der Betreiber gibt mir einen geschützten Platz. Doch auch hier pfeift es ordentlich. Zudem habe ich Schwierigkeiten meine Heringe in den Boden zu drücken. Einen Hammer habe ich aus Gewichtsgründen nicht mit. Mein Nachbar leiht mir sein Beil und ich kann alle Heringe schließlich versenken.

Nach dem Zeltaufbau ist Duschen angesagt. In diesem Campingplatz sind der Zugang und das Duschen nur mit einer Funkkarte möglich. Bei der Eingangstür halte ich die Karte nur in die Nähe des Kontrollgerätes und die Tür öffnet sich. In der Hightech Dusche, supermodern und sauber, reagiert das Gerät im Vorraum immer wieder nur mit der Anzeige: „Hallo Ihre Karte bitte“. Halte ich die Karte dann vor das Kontrollgerät, erscheint: „Bitte Taste drücken“. Nehme ich die Karte weg, beginnt alles von vorne. Schließlich erkenne ich die Leiste unterhalb des Displays und verstehe den Sinn. Als ich die Karte dort ablege, bleibt die Anzeige: „Bitte Taste drücken“ und die Welt ist wieder in Ordnung.

Das Drücken der Taste ist mir erklärt worden. Mit der Taste schalte ich das Wasser ein oder aus. Ich bezahle später den Verbrauch des Wassers und habe nur ein kleines Guthaben auf der Karte. Das Haare waschen klappt noch einwandfrei. Ich drücke nach dem Ausspülen die Taste für den Wasserstopp und seife mich ein und wasche mich. Dann wieder der Druck auf die Taste und nichts geschieht. Ich warte, ich drücke, ich gehe ein Stück zurück, falls noch irgendwo ein Sensor ist. Nichts, aber gar nichts tut sich auch nach mehreren Versuchen. Verfluchte Technik! Ich trockne mich ab und verlasse nicht ganz so entspannt wie zuvor diese Hightechdusche.

Draußen bläst der Wind immer noch kräftig und dicke dunkle Wolken ziehen über mir hinweg. Sie ziehen aber ins Landesinnere. Ich laufe zum Strand und beobachte dort einige Zeit die ihrem Element befindlichen Surfer und Kitesurfer. Danach gehe ich zur alten Rezeption, dort kann ich die Steckdose benutzen und mein Smartphone aufladen. Den Versuch ins Internet zu gelangen gebe ich schnell auf. Es ist unglaublich langsam und ich erhalte immer wieder durch Zeitüberschreitung einen Abbruch. Weder zu meinen Mailpostfach gelange ich, noch komme ich auf meinen Weblog.