149. Etappe: 21. September 2013

Tännesberg – Oberviechtach
Distanz: 22,2 km; Aufstiege: 603 m; Abstiege: 602 m

Wie so oft, inzwischen schon fast die Regel, schaffe ich es nicht vor 10 Uhr die Unterkunft zu verlassen. Meine heutige Etappe ist gleichzeitig die 7. Goldsteigetappe. Endlich ist es wieder trocken und mein Poncho bleibt im Rucksack verstaut.

Um den Goldsteig zu erreichen, muss ich gleich zu Beginn wieder ordentlich hinauf. Beim Einstieg finde ich eine Bank und mache eine Verschnaufpause und nutze die Zeit zum Telefonieren. Dabei kommt mir ein Wanderer entgegen. An seinem Schritt erkenne ich sofort, der hat auch einiges an Gewicht auf seinem Rücken. Wir grüßen uns kurz durch Nicken und dann ist er auch schon weitergezogen. Als ich dann endlich wieder starte, ist er nicht mehr zu sehen. Vielleicht erreiche ich ihn später bei einer seiner Pausen, denn ich bin neugierig und möchte mehr von ihm erfahren.

Hier ab Tännesberg führt der Goldsteig auf einem sehr interessanten geologischen Lehrpfad entlang. Ich komme dabei vorbei an den verschiedensten Felsböcken und Steinen beiderseits des Weges.

Hinweistafeln benennen das Material und geben Auskunft über die Entstehungszeit. Viele dieser Blöcke wurden aus der Umgebung der Oberpfalz hierher gebracht. Besonders interessant finde ich die Granitfelsblöcke. Hier steht nicht nur der Name des Granits dran, sondern eine kleine Stelle wurde geschliffen und poliert. Ich kenne Granit vor allem bei Treppen und Fensterbänken. Im Rohzustand des Felsblocks hätte ich nicht einmal an Granit gedacht. Erst die geschliffenen und polierten Stellen kommen mir durch Farbe und Struktur bekannt vor.

Noch am Morgen ist mein Schritt ausladen, doch mein Wanderer vor mir ist noch nicht in Sichtweite. Er muss auch einen strammen Schritt haben. Dann als ich mich einem Brunnen nähere, sehe ich ihn sofort. Er macht hier wohl eine Wasch- und Umziehpause. Als ich ihn erreiche, sind wir sofort im Gespräch. Ich nutze die Gelegenheit und trinke das kühle und frische Wasser am Einlauf des Brunnens. Ich freue mich, zumindest für einige Zeit, einen Mitwanderer zu haben. Unsere Geschwindigkeit ist ähnlich.

Werner ist sein Name und der Name scheint ein Synonym  🙂 für Weitwanderer zu sein. Über meinen Blog bin ich auch noch mit einem Weitwanderer Werner in Kontakt und vielleicht treffen wir uns auf dem Goldsteig.

Werner ist Berufsfeuerwehrmann und wie ich erfahre 51 Jahre alt. Er lebt in Ingolstadt. Er ist für mich der ausgesprochene Naturbursche und total durchtrainiert. Seine außergewöhnliche Fitness hat er nur durch die vielen Weitwanderungen, Kanufahrten auf vielen deutschen Flüssen und Fahrradtouren antrainiert. Er macht das schon sein halbes Leben, wie er mir erzählt. Nur um im Globetrotter in Köln sich Kleidung und Material anzuschauen, radelt er von Ingolstadt mal eben nach Köln und zurück. Er ist jetzt mit einem englischen Militärrucksack mit 20 kg unterwegs. Seine jetzige Tour ist der komplette Goldsteig von Marktredwitz bis nach Passau. Dabei übernachtet er nur in seinem Zelt. Hat Wasserfilter und Kochausrüstung dabei. Ich bin zutiefst beeindruckt und bewundere seine Einstellung zum Wandern und zur Natur. Wir haben uns viel zu erzählen und wie ich feststelle auch viele Gemeinsamkeiten in der Einstellung.

Die Wanderzeit mit ihm ist kurzweilig. Nur bei einem steilen kurzen Anstieg ist Sendepause in unserer Unterhaltung. Auch müssen wir höllisch aufpassen, nicht den Weg zu verlieren. So im Gespräch übersieht man schnell ein Wegezeichen. Unterwegs mit ihm mir die Landschaft nicht so wichtig. Ich bin froh mit so einem interessanten Wanderer unterwegs zu sein. Bei einer gemeinsamen Pause lasse ich durch eine gerade vorbei kommende Hundebesitzerin ein Foto von uns machen. In Oberviechtach trennen sich leider unsere Wege.

Die Unterkunft ist im Zentrum des Ortes und schnell erreicht. Zum Abendessen suche ich ein Restaurant am Markt. Die Gasthöfe sind nur dürftig besucht, nur eine Pizzeria ist ziemlich voll. Daher gehe ich in die Pizzeria und finde auch noch einen freien Tisch. Später wartet im Eingangsbereich eine Familie auf einen freien Platz. Ich informiere die Bedienung, dass man sich ruhig zu mir an den Tisch setzten kann.

Mit der Familie bin ich schnell in der Unterhaltung und später kommt auch noch die Wirtin dazu. Wir haben viel Spaß und zum Schluss sind wir natürlich beim bayrischen Dialekt. Hier kommt Stimmung auf und man ordnet mich aufgrund meiner Aussprache zu den Fischköppen ein. Dieser Ausdruck kommt nicht von mir (!), sondern ist die Bezeichnung der Oberpfälzer für die Menschen aus dem Norden. Aus dem eigentlich geplanten kurzen Essen wird doch ein längerer Aufenthalt. Meine Berichte müssen heute warten.  

148. Etappe: 20. September 2013

Leuchtenberg – Tännesberg
Distanz: 23,9 km; Aufstiege: 636 m; Abstiege: 618

Als ich um 9:45 Uhr zu meiner heutigen Etappe, der 6. Goldsteigetappe, starte, nieselt es schon. Eingehüllt in meinen Poncho, führt mich meine Route zunächst abwärts über eine Treppe und dann ein kurzes Stück auf der Straße entlang. Danach bin ich gleich im Wald. Es geht weiter abwärts und ich muss höllisch aufpassen, nicht auf eine der glitschig nassen Wurzeln auszurutschen. Immer wieder der traumhaft weiche Waldboden. Dann eine kleine Lichtung und hier geht es über die nasse Wiese.

Vorbei danach an einigen Teichen auf einem sehr steinigen Weg, der jedoch schnell wieder endet. Und schon bin ich wieder im Wald aufwärts unterwegs. Im Wald führt mich mein Weg am Hang entlang und unter mir plätschert munter ein kleiner Bach. Wenn ich ihn nicht sehe, ich höre ihn immer deutlich in meiner Nähe. Leider ist dieser schöne Waldpfad schnell zu Ende, weiter geht es danach an landwirtschaftlichen Nutzflächen vorbei. Die meisten Felder sind schon umgepflügt. Auf den Wiesen steht nun der Klee und der Mais wartet auf die Ernte.

Den Ort Wittschau durchquere ich und an dessen Ende unterschreite ich auch die Autobahn. Es folgt ein Kreisverkehr und dann laufe ich parallel zur Autobahn auf einem Wirtschaftsweg. Auf einer Anhöhe habe ich einen herrlichen Blick in die Ferne. Auf der einen Seite liegt mein Startort majestätisch auf dem Berg am Fuße der gleichnamigen Burg. In der anderen Richtung steigen in der Ebene noch die Nebelschwaden hoch. Ab hier biege ich ab in den Wald und der Lärm der Autobahn ist noch lange zu hören. Wieder laufe ich am Hang neben einen unter mir fließenden Bach entlang. Einmal muss ich ihn an einer schmalen Stelle überqueren und lande im Morast. Die zweite Überquerung geht trocken über eine Betonplatte.

Dem Ort Dölnitz nähere ich mich dann auf einer kleinen Kreisstraße, mache am Ende des Ortes eine Pause und tauche danach sofort wieder in den Wald ein. Zunächst ist der Weg völlig unspektakulär, doch dann befinde ich mich auf einem schmalen Hangpfad und einige Meter unter mir fließt der Fluss Pfreimd. Ich bin im Pfreimdtal angekommen. Nach einigem aufwärts, geht es wieder runter ins Tal und in die Flussaue über eine Wiese. Es hat sich deutlich eingeregnet und der Wiesenweg ist nass und matschig. Schnell sind auch meine Schuhe und Strümpfe nass.

Am Ufer, aber auch zum Hangwald hin, steht überall das Springkraut. Es ist schön anzusehen mit seinen purpurroten, rosa oder weißen Blüten. Manchmal muss ich mich regelrecht durch die Pflanzen mühen, so dicht stehen sie am Pfad.

Ein Dankeschön an Binia, eine Leserin meines Blogs, denn durch sie weiß ich den Namen dieser Pflanze.

Hier beginnt das Flusstal wildromantisch zu werden. Der Fluss schlängelt sich dahin und ist mit Steinen durchzogen. Mein Weg geht glücklicherweise wieder im Wald am Hang entlang. Kurzzeitig entferne ich mich vom Fluss und durchschreite einen dichten Fichtenwald. Die hellbraunen dünnen Bäume wirken auf mich wie lange Streichhölzer. An einigen Stellen sind die ansonsten gesund aussehenden Bäume umgeknickt und liegen kreuz und quer auf dem Wanderpfad. Ob das ein Sturm verursacht hat? Schon Wanderer vor mir haben bereits einen neuen Pfad drum herum ausgetreten.

Dann hat mich das Flusstal wieder. Jetzt beginnt es, sehr steinig zu werden. Um mich herum überall Felsblöcke und Steine. Die Meisten überzogen mit Moos. Ich muss immer wieder Klettereinlagen einlegen. Die nassen Steine sind sehr glitschig und ich mit meinem Talent fürs Umknicken und für Bänderrisse schreite daher langsam und vorsichtig beim Auf und Ab über diese Hindernisse. Ohne Rucksack wäre es wenige schwierig. Doch nicht nur mein Weg ist mit Steinen übersät, auch der Fluss. Das Rauschen des schnell dahin fließenden Wassers passt so richtig zu dieser Landschaft. Jetzt möchte ich gerne eine Pause machen und diese wunderschöne, wildromantische Flusslandschaft genießen. Doch schon lange gibt es keine Bank mehr!

Der Goldsteig ist bisher ein landschaftlich schöner Wanderweg und ich genieße ihn auch. Seine Beschilderung ist vorbildlich, nur Bänke und Schutzhütten sind Mangelware. Lediglich in Ortsnähe für Spaziergänger gibt es sie. Das ist der einzige Negativposten. Doch er wiegt für mich als Wanderer schwer.

Erst nach einer längeren Phase erreiche ich dann doch noch eine Bank. Der Blick von hier zum Fluss ist auch schön, doch längst nicht mehr so einmalig wie zuvor. Diese Bank steht wieder in der Nähe eines Ortes und eines Hotels, unweit von Ödmühle. Ich entschließe mich ab hier nicht mehr dem Goldsteig zu folgen, sondern über Straßen mein Ziel anzusteuern. Mein Bedarf an nassen Wiesen und an Matsch mit meinen nassen Schuhen und Strümpfen ist gedeckt.

Ich laufe auf der anderen Seite des Stausees entlang. Um mir einen großen Bogen der Lauferei zu ersparen, verlasse ich mich mal wieder auf mein Navi. Es gibt eine Straße weg vom Stausee und von dort einen kleinen Querweg von nur wenigen Hundert Meter wieder zum Goldsteig. Schon während des strammen Marsches aufwärts höre ich überdeutlich einen Bach abwärtsfließen. Mir kommen die ersten Zweifel, denn eine Brücke ist nicht im Navi eingezeichnet. Prompt laufe ich an der Abzweigung vorbei und nach einigen Metern Suche kehre ich wieder um. Erst jetzt nehme ich zwischen Gestrüpp einen Betonplattenübergang über den wild dahin fließenden Bach, völlig verwuchert, wahr. Viele sind hier noch nicht gelaufen. Ich überschreite diese kleine Brücke und stehen in der tiefsten Wildnis. Ein Pfad ist nicht mehr erkennbar, nur sehr hohes Gras und viele Büsche. Einen Abenteuerweg und zudem wieder nass, mag ich jetzt nicht mehr. Ich kehre um und registriere diesen Umweg als Erfahrung.

Der weitere Weg, etwa fünf Kilometer auf einer wenig befahrenen Straße, hat es mal wieder in sich. Ich muss keuchend und heftig schwitzend einen Berg hoch. Nicht umsonst heißt der Ort Tännesberg.

In meiner Unterkunft erhalte ich ausreichend Zeitungspapier um meine Schuhe auszustopfen. Die Heizung funktioniert und so kann ich alles trocknen. Ich bin nach dieser schönen, aber auch anstrengenden, Tour einfach nur müde.